Magath: „Schalke wird in dieser Saison nicht Meister“

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Star-Trainer Felix Magath kritisiert Wahnsinnstransfers auf Pump und die Illoyalität hoch bezahlter Spieler wie Ribery zu ihren Vereinen. Mit Schalke gastiert er am Samstag bei Rapid in Hütteldorf.

Die Presse: Sie haben Anfang Juli bei Schalke04 das Kommando übernommen, sollen den Traditionsklub wieder in Schwung bringen. Wie sind Ihre ersten Eindrücke, wo setzt ein Erfolgstrainer den Hebel an?

Felix Magath: Die ersten Eindrücke waren gut. Wir haben sofort viele Einheiten gemacht mit den Spielern, ich habe meinen Trainerstab installiert und gehe meinen Weg. So allgemein kann ich nicht sagen, wo man den Hebel ansetzt. Es kommt auf die Situation, die Spieler an. Es ist auch eine Frage der Zielsetzung, dafür müssen wir einige Maßnahmen anpassen.

Wenn Sie von Zielen sprechen – kann Schalke schon in dieser Saison wieder um den Titel spielen?

Magath: Nein! In dieser Saison sicher nicht. Jetzt geht's erst mal darum, Strukturen und Systeme zu schaffen und der Mannschaft eine Grundlage zu geben, dass sie wieder in die Spitze der Bundesliga hineinkommt.


Sie gewannen 1983 mit dem HSV und Ernst Happel den Europacup der Landesmeister. Wie viel von Happel steckt in Ihnen? Welche Erinnerungen haben Sie an ihn?

Magath: Er war ein großartiger Trainer. An Erfolge erinnert man sich ja immer gerne, einiges seiner Arbeitsweise habe ich sicher übernommen. Dennoch, der Beruf verlangt, dass man seine eigene Persönlichkeit erarbeiten und den Spielern den Weg vorgeben muss. Das, glaube ich, habe ich getan.


So wurden Sie also zum „Quälix“, dieser Kosename eilt Ihnen ja voraus. Sie sollen auf Härte und Disziplin setzen – wie Happel?

Magath: Also das Medizinballwerfen habe ich mir von ihm nicht abgeguckt. Er hat immer gerne gespielt, auch ich war ein leidenschaftlicher Spieler. Es geht immer um Spielen und Spielenlassen. Er wollte nach vorne spielen, auch ich will Partien aktiv bestreiten. Das funktioniert in der Regel bei Klubs, die ich trainiere, ganz gut.

Wolfsburg sorgte vergangene Saison mit dieser Spielweise für Aufsehen. War das Ihr größter Erfolg?

Magath: Ja, keine Frage. Eine Meisterschaft zu gewinnen, ist ohnehin etwas Seltenes. Und das binnen kürzester Zeit (zwei Jahre; Anm.)mit einem Klub zu schaffen, der schon 13 Jahre in der Bundesliga ist und es zuvor nicht geschafft hat, ist schon ein Traum.

Viele Trainer würden alles dafür geben, in der Champions League zu spielen, Sie wären mit Wolfsburg direkt qualifiziert gewesen, haben aber im Ruhrpott unterschrieben...

Magath: ...der FC Schalke gehört zu den traditionsreichsten Vereinen Deutschlands. Er hat die größte Fangemeinde, und die wartet jetzt seit über 50 Jahren auf den Meistertitel. Und das möchte ich hier erreichen.


Dafür braucht ein Klub gutes Personal. Was sagen Sie aber zu dem aktuellen Transferwahn? Ist es nicht verrückt, wenn Real Madrid für vier Spieler 200 Millionen Euro ausgibt?

Magath: Fußball ist ein Profigeschäft, es geht um viel Geld. Wenn ein Verein sein Geld einspielt und gut wirtschaftet, ist das in Ordnung. Wenn sich aber Klubs verschulden dürfen, beginnt für mich die Wettbewerbsverzerrung. Da wäre es Aufgabe der Verbände, eine Gleichstellung zu sichern.

Haben Sie das Theater rund um Franck Ribery bei den Bayern beobachtet. Wie reagiert da ein Trainer?

Magath (lacht): In den letzten Jahren hat sich im Fußball die Mentalität entwickelt, dass man trotz bestehender Verträge Abwanderungsabsichten hat. Als Trainer muss man das akzeptieren.

Es fielen die Stichwörter Tradition und größte Fangemeinde – in Österreich trifft das auf Rapid zu. Am Samstag kommt es zum Duell in Wien (19.15 Uhr, ORF1). Ist das ein Test wie jeder andere, oder erleben wir echte Rivalität?

Magath: Natürlich wird das ein tolles Spiel, Rapid ist ja ein großer Verein. Beide Klubs sind auch in der Vergangenheit (deutsche Meisterschaft 1941; Anm.) schon aufeinandergetroffen. Daher ist es mehr als nur ein Freundschaftsspiel! Wir freuen uns darauf, in Wien anzutreten. Und, glauben Sie mir, wir wollen auch gewinnen.

Welcher österreichische Fußballer ist Ihnen sofort ein Begriff?

Magath: Äh... Am besten kenne ich natürlich (Stefan) Maierhofer von meiner Zeit bei Bayern München.

Wäre er ein Kandidat für Schalke?

Magath (lacht laut): Also, er hat sich sehr gut entwickelt, ich freue mich für ihn. Ich glaube auch, dass er noch eine große Zukunft vor sich hat. Er wird eurem Fußball noch einiges geben!

Warum wird in Deutschland besser Fußball gespielt als in Österreich?

Magath: Fußball hat sich zum Geschäft entwickelt, der Unterschied zwischen beiden Nationen zeigt sich anhand der stärkeren Wirtschaftskraft – wir haben da mehr Größe entwickelt. Und in Österreich habt ihr das Problem, dass die Liga nicht stark und insgesamt nicht attraktiv genug ist. Und gute Talente, die es noch immer bei euch gibt, entwickeln sich nicht so wie in Deutschland. Auch weil sie weniger Spielzeit bekommen.


Wie hoch ist die Chance, dass Sie irgendwann einen österreichischen Klub betreuen werden?

Magath (lacht unheimlich laut): Man soll niemals nie sagen!

ZUR PERSON

Felix Magath, 55, ist Fußball-Trainer. Seit Anfang Juli arbeitet er für Schalke04. Es ist nach HSV, Nürnberg, Bremen, Frankfurt, Stuttgart, Bayern und Wolfsburg seine achte Trainerstation.
Als Spieler wurde er mit HSV (Trainer Ernst Happel) dreimal Meister und zweimal Europacupsieger. Als Trainer führte er Bayern und Wolfsburg zum Liga-Triumph.
Er ist zum zweiten Mal verheiratet und hat sechs Kinder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2009)

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