Kalter Fußballkrieg zwischen Ägypten und Algerien

(c) Reuters (Asmaa Waguih)
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Die Lage zwischen den beiden afrikanischen Ländern spitzt sich nach der WM-Qualifikation weiter zu. In der Nacht zum Freitag belagerten tausende ägyptische Fans Algeriens Botschaft

KAIRO. Die Lage war schon angespannt, als Ägyptens Fußballnationalmannschaft vergangenen Mittwoch auf neutralem Boden im Sudan gegen die algerische Auswahl das WM-Qualifikationsspiel verlor. Nun aber hat sich die Lage zugespitzt: diplomatisch und auf den Straßen Kairos. In der Nacht zum Freitag belagerten tausende ägyptische Fans Algeriens Botschaft, verbrannten algerische Fahnen und versuchten, zur Botschaft vorzudringen. Dabei sollen nach Angaben aus ägyptischen Sicherheitskreisen 24 Demonstranten und elf Polizisten verletzten worden sein. In der Nachbarschaft wurden Schaufenster eingeworfen und Autos beschädigt.

Zuvor war der ägyptische Botschafter aus Algier zu „Beratungen“ nach Kairo zurückgerufen worden, um, wie das Außenministerium formulierte, „Ägyptens extreme Verärgerung“ zum Ausdruck zu bringen, dass Algerier vor und nach den Qualifikationsspielen Ägypter angegriffen hätten. Ein Schritt, der von Ägyptens Präsidenten Hosni Mubarak persönlich angeordnet worden sein soll.

Die Atmosphäre zwischen den Fangemeinden der beiden nordafrikanischen Erzrivalen hatte sich in den letzten Tagen zunehmend erhitzt. Zunächst war der Mannschaftsbus des algerischen Teams bei der Ankunft in Kairo vergangenes Wochenende von ägyptischen Fans mit Steinen beworfen und vier algerische Spieler waren dabei verletzt worden. Nachdem Algerien das zweite Qualifikationsgruppenspiel verloren und ein Play-off-Spiel auf neutralem Boden notwendig gemacht hatte, prügelten sich die Fans. Nachdem 32 Algerier verletzt worden waren, kam es in Algier zu Jagdszenen auf dort arbeitende Ägypter. Mehrere ägyptische Geschäfte wurden verwüstet.

Beim Play-off-Spiel am Mittwoch in der sudanesischen Hauptstadt Khartoum sicherte sich Algerien mit einem 1:0 das Ticket für Südafrika. Laut ägyptischen Medien sollen danach algerische Fans erneut ägyptische Fans auf dem Weg zum Flughafen angegriffen haben.

Das ägyptische Innenministerium war hin- und hergerissen zwischen Fußballpatriotismus und der Aufgabe, für Sicherheit zu sorgen. Man verstehe den Ärger der Ägypter aufgrund des unzivilisierten algerischen Verhaltens, würde aber gegen jede Zerstörung privaten und öffentlichen Eigentums einschreiten, hieß es nach der Belagerung der algerischen Botschaft.

Auch im Sudan schlagen die diplomatischen Wellen hoch. Der ägyptische Botschafter wurde ins Außenministerium in Khartoum einberufen, um gegen ägyptische Medienberichte zu protestieren, die der sudanesischen Polizei vorwarfen, bei den Angriffen algerischer Fans gegen Ägypter nicht eingeschritten zu sein.

Öl ins Feuer gegossen

Ägyptische Zeitungen betreiben unterdessen Kollektivtrauer über die verpasste WM-Qualifikation. Viele, auch staatliche Medien hatten zuletzt aufgebracht von Ausschreitungen algerischer Fans berichtet, die der eigenen aber gern unterschlagen. Allerdings gibt es auch warnende Stimmen. „Unreife Medien haben Öl ins Feuer gegossen: Wohin soll diese unselige Vermischung zwischen Fußball und Politik noch führen?“, fragt die unabhängige ägyptische Tageszeitung „Al-Masri Al-Youm“ und fügt hinzu: „Wir danken Gott, dass Algerien und Ägypten keine gemeinsame Grenze haben, sonst würden beide Länder jetzt ihre Armeen mobilisieren.“

AUF EINEN BLICK

Randale in Kairo, Tote in Algier.
Ägyptens Niederlage im Play-off der Fußball-WM-Qualifikation gegen Algerien löste Randale vor Algeriens Botschaft in Kairo aus. Bei Freuden- feiern in Algier starben 14 Fans.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2009)

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