»Hier wurden viele zum Bauernopfer«

Rapid-Klubservice-Leiter Andreas Marek kritisiert die Klageflut gegen Fans.

Rapid spielte zweimal in der Europa League gegen Tel Aviv. Hatten Sie Angst vor antisemitischen Parolen der Fans?

Andreas Marek: In meiner 17-jährigen Tätigkeit bei Rapid habe ich alles erlebt. Anfang der Neunziger war dieses Thema ein massives Problem. Wir haben in eineinhalb Jahrzehnten alles unternommen, dass es bei Rapidspielen keine politischen Störaktionen mehr geben darf. Wir kooperieren intensiv mit Antirassismus-Organisationen.

Zurück zu den Spielen gegen die Israeli. Hat da der Klub vorher auf die Fans eingewirkt?

Wir haben uns mit den entscheidenden Fanklubs vor der Reise nach Tel Aviv getroffen. Es waren 700 Fans mit in Tel Aviv. Das Spiel ging ja sportlich leider sehr schlecht aus (1:5, Anm.). Fantechnisch war es ein sehr guter Auftritt. Einige unserer Anhänger waren kulturell unterwegs, andere verbrachten den Tag am Strand. Im Stadion ist auch alles gut gelaufen. Lediglich bei der Ausreise am Flughafen wurden wir ziemlich schikaniert. Doch es hat leider einen Burschen gegeben . . .

. . . der die rechte Hand zum Hitler-Gruß erhoben hat.

Als ich diese Bilder am nächsten Morgen in diversen Foren gesehen habe, haben wir sofort reagiert und ein dreijähriges Stadionverbot veranlasst. Der Bursche ist seit diesem Spiel nicht mehr bei uns im Stadion.

Wenn 170 Rapidfans außerhalb des Stadions die Polizei attackieren, gibt es dann auch Stadionverbote?

Nein, nein, nein. Nicht 170 Fans gegen die Polizei. 170 Fans fuhren Richtung Westbahnhof . . .

. . . und wollten dort die Austria-Fans in einem Akt der Höflichkeit vom Auswärtsspiel gegen den Lask abholen?

Nein, sicher kein Akt der Höflichkeit, aber es ist leider geschehen und nicht in Ordnung. Aber jetzt frage ich schon: Gab es dort die großen Probleme? Oder wurde der Vorfall aufgebauscht?

Wie schwer hätten die Wega-Beamten verletzt werden müssen, damit Sie sich diese Fragen nicht mehr stellen?

Der Ordnung halber: Den Verletzungsgrad wissen wir nicht. Es ist natürlich nicht in Ordnung und mir tut es sehr leid, wenn ein Polizist von einem Rapidfan verletzt wird. Es ist zweifellos schlecht, dass es zu diesem Vorfall gekommen ist. Nur, dass man nun diese ganz große Geschichte daraus macht, das verstehe ich nicht.

Sie meinen, die Verhaftungen und Anzeigen sind eine Überreaktion der Exekutive?

Wenn einer etwas angestellt hat, soll er die Konsequenzen tragen. Aber das Motto „Mitgehangen, mitgefangen“, das mag ich überhaupt nicht. Und für die vielen Fans, die hier zum Bauernopfer wurden, für die setze ich mich ein. Denen vermittle ich zum Beispiel juristische Beratung. Wir predigen immer dass wir eine Rapidfamilie sind.

Eines dieser „Bauernopfer“ ist der Chef der Ultras, der . . .

. . . der sehr wichtig ist für Rapid. Wichtig ist für vieles, das entstanden ist in den letzten Jahren. Und wir werden intensiv mithelfen, diese Sache ins richtige Licht zu rücken. Laut Polizeibestätigung war er in keinen Raufhandel involviert. Ich bin nicht am Bahnhof dabei gewesen. Aber alle unsere Informationen belegen, dass auch hier das Motto „Mitgehangen, mitgefangen“ zur Anwendung kommen soll. Und ich wiederhole: Man muss auch wissen, wie viel Gutes, Wichtiges er für den Verein macht. Wir wissen das. Auch wenn es Dinge gegeben hat, mit denen wir nicht einverstanden waren.

Was sind diese guten und wichtigen Dinge?

Man müsste nur ein Tonband dorthin stellen, wenn er sich von der ersten bis zur letzten Minute die Stimmbänder ruiniert und sich für die Stimmung, die Mannschaft, den Verein aufopfert.

Das Parlament beschloss das Pyrotechnik-Gesetz. Bengalische Feuer sind verboten. Wurde damit ein Stück Fankultur zerstört?

Es entscheiden Leute über ein Gesetz, die noch nie auf einer Fantribüne gestanden sind. Natürlich ist die Pyrotechnik gefährlich, wenn man nicht weiß, wie man damit umgeht. Wir sind sehr streng und sprechen sofort ein Stadionverbot aus, wenn einer einen Böller schießt. Aber es gibt Fans bei uns, die sich mit Pyrotechnik sehr gut auskennen. Choreografien mit Bengalischem Feuer gibt es seit 20 Jahren bei Rapid und es ist bisher nichts passiert.

Beim Antikorruptionsgesetz hat sich die Sportlobby ins Zeug gelegt, um eine Aufweichung zu erwirken. Die Fans sind der Sportlobby offensichtlich nicht so wichtig.

Wer will schon riskieren, dass vielleicht einmal doch etwas passiert? Wir von Rapid wollten allerdings, dass abgesprochene und vernünftig organisierte Choreografien, die zur Fankultur gehören, erlaubt bleiben. Das ist leider nicht gelungen.

Wenn einer einen Böller zündet, fliegt er aus dem Stadion. Wie viele Rapid-Fans haben Stadionverbot?

Vier. Diese niedrige Zahl ist das Produkt unserer Fan-Arbeit. Durch intensiven Dialog ist uns viel Positives gelungen. Wir haben 10.600 Abonnenten. Wir mussten den Abo-Verkauf einstellen, sonst gäbe es keinen freien Verkauf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2009)

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