Champions League. Seitdem Jupp Heynckes wieder den FC Bayern trainiert, herrscht breite Eintracht. Sein Erfolgsrezept? Weder lascher Calcio noch hipper Guardiola-Style, sondern „Jupp unplugged“ im 4-2-3-1-Modus. VIDEO
München. Er war vier Jahre lang in „Pension“, kam aber erneut nach München zurück um den Retter in einer verkorksten Situation, zumindest für diese Saison zu sein. Was sich denn in dieser Zeit abseits des Fußballs für den 72-jährigen Jupp Heynckes nicht alles geändert habe? Wie sehr hat sich sein liebstes Spiel verändert? Er habe einen Hund (Cando), zwei Katzen und eine kranke Frau, diktierte er trocken in die Mikrofone, und das Spiel sei noch immer das gleiche. „Neu erfunden ist gar nichts“, setzte er nach. 90 Minuten und einen 5:0-Auftaktsieg gegen Freiburg später war in München von Krise, internen Zwists und Carlo Ancelotti keine Rede mehr.
Drei Wochen ist das 0:3-Debakel von Paris her, es kostete Ancelotti den Job. Damals saßen Ribéry, Robben und Hummels auf der Bank, Boateng nur auf der Tribüne gelassen. Heynckes verzichtet auf Experimente, das nominell beste Team spielt. Gestärkt durch Führungsspieler wie Müller und abgehärtet durch intensiveres, längerer Training (90 statt 60 Minuten). Zudem, an der Säbener Straße wird wieder aufgewärmt, es gibt wieder Stabilisationsübungen. Der „Feldherr“ hat es binnen weniger Tage geschafft, das Klima im Team zu verbessern, die Spieler zeigen wieder Selbstvertrauen. Und: nach der Freiburg-Partie gab es in der Kabine noch Pizza.
Das Profil des „kleinen Alaba“
Was er aber den Seinen gesagt hat? „Der Trainer will, dass wir auf Kleinigkeiten fokussiert sind. Im Training ist jeder Pass, jeder Torschuss wichtig. Und wir müssen als Mannschaft in eine Richtung gehen. Heynckes sagt, wir sollen dabei Spaß haben“, gab Stürmer Robert Lewandowski zumindest etwas Einblick. Er verlange von Jerome Boateng, dass dieser „sich einfach wieder zeigt“. Auch dessen Mitspieler seien in der Abwehr im Kollektiv gefordert, besonders: einer: „Der kleine Alaba muss auch Profil gewinnen, er ist ein Riesenjunge.“ Die Abwehr sei das A und O des Fußballs, vorne genüge ein Torschuss samt gehöriger Portion Fantasie.
Heynckes nahm tatsächlich keinerlei Veränderungen vor in seiner Taktik, die 2013 das Triple gesichert hatte. 4-2-3-1, Alaba hinten links, Martínez defensiv zentral – Lewandowski und Müller vorne, also alle sind wieder dort, wo sie für ihn hingehören. Es ist weder Calcio noch hipper Guardiola-Style, Bayern spielt „Heynckes unplugged“.
Sieg gegen Celtic Glasgow nötig
Es gibt keinen Schlendrian, keine Ausflüchte, keine Ausreden, wer nicht spurt oder ausschert wird sanktioniert. Und siehe da, es herrscht breite Eintracht im Nobelklub. Wenn es ein 72-Jähriger derart unbekümmert Altbewährtes als Erfolgsrezept vorexerziert, müsste manch „Wunderwuzzi“ seine neuen Thesen und Methoden nicht hinterfragen?
Mit dieser Vorgabe werden die Bayern heute in der Champions League antreten, Celtic Glasgow ist zu Gast (20.45 Uhr, live Sky, ZDF, ORF1). Bis auf die Ausfälle von Martínez, Neuer, Ribery und Bernat sind alle an Bord, sogar Vidal wurde schneller fit als erwartet. Die Ausgangslage ist klar: nach dem 0:3 gegen Paris ist nicht nur Rehabilitation gefragt, sondern ein zwingend deutlicher Sieg nötig, um in Gruppe B nicht auch noch gegen die punktgleichen Schotten ins Hintertreffen zu geraten.
Die Pension kann warten
Heynckes unterscheidet sich aber auch menschlich von vielen Trainerkollegen. Denn es gibt Augenblicke, in denen er nicht an den FC Bayern. denkt. Am Montag wurde seine Ehefrau Iris, seit 1967 ist er mit ihr verheiratet, am Knie operiert. Knorpelschaden, „eine typische Fußballer-Verletzung“, sagte Heynckes bei seiner Vorstellung. Dass er das überhaupt tun konnte, verdanken die Bayern ihr. Sie riet ihm zum vierten Anlauf, seitdem werkt er täglich zwölf Stunden an der Säbener Straße. Die Pension kann immer noch warten.
Mittwoch
Gruppe A: ZSKA Moskau – FC Basel, Lissabon – Manchester United.
Gruppe B: Anderlecht – Paris SG, Bayern München – Celtic Glasgow.
Gruppe C: Qarabag Agdam – Atletico Madrid, Chelsea – AS Roma.
Gruppe D: Barcelona – Piräus, Juventus – Sporting Lissabon.