Fußball: Wenn Arroganz die Selbstkritik besiegt

(c) Gepa (Martin Hörmandinger)
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Problemkinder, Selbstdarsteller, Manageropfer: Immer mehr österreichische Legionäre geben Rätsel auf. Selbstkritik ist den meisten Österreichern fremd, sie hinterfragen ihre Leistungen nicht.

WIEN. Österreichs Fußballteamchef Didi Constantini musste in den vergangenen Wochen viel Kritik einstecken. Das hat er sich zum Teil selbst eingebrockt, aber letztlich muss der Tiroler für seine Personalentscheidungen auch den Kopf hinhalten.

Der heimische Cheftrainer ist ein ewig Getriebener, der immer auf der Suche ist. Seine Arbeit wird er nie als abgeschlossen betrachten, das Werk wird stets eine Unvollendete bleiben. Das weiß Constantini und vielleicht steckt gerade deshalb hinter der zur Schau gestellten Lockerheit diese innere Unruhe. Auch der Didi mit dem Skilehrerschmäh spürt den Druck, je näher die EM-Qualifikation kommt.

Der österreichische Fußball meint es mit den Teamchefs nicht allzu gut. Die Meisterschaftsspiele sind nur ein Spiegel der Möglichkeiten, da bleibt kein Platz für Illusionen. Das Niveau ist als durchschnittlich zu betrachten, die Europacup-Auftritte sind mit jenen des Nationalteams zu vergleichen. Überraschungen sind nie auszuschließen, aber nach oben hin sind den Österreichern offenbar Grenzen gesetzt.

Sprachbarrieren

Auf Klubebene lassen sich Defizite leichter ausmerzen, ist eine Position schlecht besetzt, besteht immer noch die Möglichkeit, auf dem Transfermarkt nach einer besseren Lösung zu suchen. Didi Constantini hingegen muss die „Korrekturen“ im eigenen Lager suchen.

Einige Spieler hat der Teamchef zuletzt selbst ausgemustert und damit sein eigenes Betätigungsfeld eingeengt. Auf Andreas Ivanschitz, der gern für Rot-Weiß-Rot spielt, legt Didi Constantini keinen Wert. Ebenso auf den Italien-Legionär Garics, der ihm zu vorlaut ist. Alexander Manninger wiederum fühlt sich zu wenig bewundert und beachtet, er hat von sich aus das Thema Nationalteam beendet. Gleiches gilt für Martin Stranzl, der in Moskau schmollt. Selbstkritik ist den meisten Österreichern fremd, sie hinterfragen ihre Leistungen nicht, sie sind mit dem Erreichten zu schnell zufrieden.

Andere sind einfach schlecht beraten. Wie Erwin „Jimmy“ Hoffer. Der Ex-Rapidler versauert in Italien, kommt zu keinen Einsätzen mehr und hat dadurch auch sein Leiberl im Nationalteam verloren. An dieser Situation wird sich auch bis Sommer nichts mehr ändern, erst dann besteht die Möglichkeit für einen Wechsel. Hoffer ist beim SSC Napoli isoliert, er tut sich mit dem Erlernen der Fremdsprache schwer, wurde bis jetzt nicht heimisch.

Bei Stefan Maierhofer, der sich den Traum von der Insel erfüllt hat, liegen die Dinge etwas anders. Der Sturmtank bereut seinen Wechsel zu Wolverhampton nicht, das Abenteuer hat sich jetzt schon für ihn gelohnt. „Ich möchte keine Erfahrung missen“, meint er. Wenn Maierhofer fit ist, dann steht er wenigstens im Kader, darf auf Kurzeinsätze hoffen.

Das größte Problemkind des österreichischen Fußballs aber heißt nicht Ivanschitz, sondern Marco Arnautovic. Der 20-Jährige, der im Sommer von Twente Enschede zu Inter Mailand gewechselt ist, verfügt über so manch einzigartige Fähigkeit, er treibt aber dennoch fast alle Betreuer in den Wahnsinn. Er ist eingebildet, arrogant, überheblich, undiszipliniert, unhöflich, unverlässlich. Aber nicht untrainierbar.

An Arnautovic scheiden sich die Geister, weil er eine Herausforderung darstellt. Andreas Herzog, Österreichs Unter-21-Teamchef, nimmt sie an. Auch ohne Matchpraxis durfte der Inter-Legionär gegen Dänemark sein Können zeigen, der Hang zur Selbstdarstellung war nicht zu übersehen. Aber einen Spieler wie Arnautovic darf man für Genieblitze nicht loben. Herzog hat den Exzentriker nach dem Spiel in den Himmel gehoben, der 20-Jährige aber kann damit nicht umgehen.

Eben außergewöhnlich

Der vielleicht teuerste Fußballer Österreichs – die Ablöse würde neun Millionen Euro betragen – tut sich in jeder Mannschaft schwer. Weil er viel zu sehr Einzelkämpfer ist und nicht an das Team denkt. In ein Korsett lässt sich Arnautovic nicht zwängen, er braucht seine Freiheiten, sonst ist er nicht er selbst. „Er ist eben ein außergewöhnlicher Spieler“, so Herzog. „Er hat sein eigenes Naturell, da kann er sich vielleicht auch einiges zusammenhauen. Aber so ist er eben.“

Marko Arnautovic ist der Meinung, dass Inter Mailand genau die richtige Adresse für ihn sei. Der Klub sei keineswegs eine Nummer zu groß, eher seine Kragenweite. Wer sein Talent nicht erkenne, der sei eben ahnungslos.

AUF EINEN BLICK

tipp3-Bundesliga-Programm Samstag (alle 18 Uhr, Konferenzschaltung Sky Sport Austria): Austria – Lask, Austria Kärnten – Mattersburg, Salzburg – Wr. Neustadt, Sturm Graz – Ried. Sonntag (15.30, ORF1): Kapfenberg – Rapid. Adeg Liga: Samstag (15.15): Admira – Innsbruck.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2010)

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