Geplatzte Meisterfeier: Salzburgs letzter Matchball

Huub Stevens
Huub Stevens(c) GEPA pictures (Gepa Pictures/ Hans Simonlehner)
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Salzburg hat immer noch die besten Chancen auf den Fußball-Meistertitel. In Graz geht es vielleicht nur gegen eine "B-Elf" von Sturm. Der Schiedsrichter-Ausschuss verteidigte indes die Entscheidung vom Sonntag.

Huub Stevens durchlebte wohl noch einmal den schlimmsten Alptraum seiner Trainerkarriere: 2001 war er mit Schalke 04 für vier Minuten deutscher Meister, ehe der FC Bayern mit einem Tor in der Nachspielzeit der Stevens-Elf noch den Titel aus den Händen riss. Am gestrigen Sonntag war Salzburg bis in die Nachspielzeit auf Titelkurs, ehe Zlatko Junuzovic die "Bullen" in der 91. Minute mit seinem Freistoßtor schockte. Zwei Minuten später landete der Ball doch noch im Austria-Tor, doch ein Pfiff von Schiedsrichter Dietmar Drabek entriss dem Meister erneut die schon sicher geglaubte Schale.

Als Stevens nach dem Match von einem TV-Reporter nach Parallelen zwischen den beiden Spielen gefragt wurde, ging der Niederländer wort- und grußlos davon.

Doch im Gegensatz zu 2001 hat Huub Stevens dieses Mal noch eine zweite Chance: Gewinnt seine Elf in Graz, kann ihr egal sein, wie die Austria und Rapid spielen. "Das muss schnell aus den Köpfen raus", forderte der Coach daher nach der kalten Dusche.

Zuerst musste man in Salzburg aber noch Frust abbauen. Der entlud sich in voller Stärke auf den Schiedsrichter und dessen Assistent Andreas Feichtinger ein. Das Referee-Gespann konnte das Spielfeld in Salzburg nur mit Ordner-Schutz verlassen. Zuvor wurden beide mit Gegenständen beworfen, Feichtinger gar von einem Red Bull-Angestellten bespuckt.

Unterstützung für Drabek und Feichtinger

Schützenhilfe bekamen die beiden Unparteiischen am Montag von Ex-Fifa-Schiedsrichter Fritz Stuchlik und auch vom Schiedsrichter-Ausschuss. In beiden Stellungnahmen hieß es, Tchoyi, der bei der Freistoßausführung klar im Abseits stand, habe dadurch, dass er ebenfalls zum Kopfball hochgestiegen war, aktiv an der Spielsituation teilgenommen. Daher sei kein passives Abseits vorgelegen, der Treffer war irregulär.

Stevens selbst hatte jedenfalls seine Emotionen besser im Griff, beließ es bei nebulösen Andeutungen. Deutlicher wurde Stevens in Richtung seiner Mannschaft, die die Entscheidung vor allem aufgrund vieler verhauter Torchancen in Kapfenberg und nun gegen die Austria vergab.

Mit der Leistung seiner Solo-Spitze Marc Janko war Stevens alles andere als zufrieden, "Janko war einfach nicht gut". Auch das Foul von Ibrahim Sekagya an Matthias Hattenberger vor dem Freistoßtor lag dem 56-Jährigen im Magen. "Das war ein dummes Foul."

Wartet in Graz eine "B-Elf"?

Dann richtete Stevens aber sein Augenmerk auf die Zukunft: "Ich hoffe am Donnerstag auf die richtige Antwort, wir müssen diese Chance am Schopf packen." Helfen könnte seinem Team beim Verwandeln des letzten Matchballs, dass Sturm Graz drei Tage später zum Cup-Finale antritt. Franco Foda, der Coach der "Blckies" deutete am Montag schon an, dass er einige Leistungsträger für das Endspiel schonen könnte. "Ob ich Spieler schonen werde, kann ich jetzt noch nicht sagen, da muss man das Training abwarten. Aber es wird sicher nicht die gleiche Mannschaft spielen wie am Sonntag gegen Rapid", verriet der 44-Jährige.

Gegen den möglichen Vorwurf einer Wettbewerbs-Verzerrung wehrte sich Foda schon im voraus: "Es hat keiner das Recht, sich über irgendetwas zu beschweren. Jeder hätte die Chance gehabt, schon vorher alles zu entscheiden. Die Mannschaft, die am Schluss vorne steht, ist verdient Meister", sagte der Sturm-Coach.

Daxbacher: "Uns gelingt derzeit alles"

Bei der Wiener Austria kann man die unvermittelt wieder aufgetauchte Titelchancen gar nicht richtig fassen: "Bei uns gelingt derzeit scheinbar alles", brachte es Trainer Karl Daxbacher nach dem Triumph in Salzburg auf den Punkt.

Die Wiener sind seit elf Spielen ungeschlagen. Doch Daxbacher weiß auch, dass Glücksgöttin Fortuna derzeit regelmäßig Violett trägt. "Wir waren in Salzburg der glückliche Sieger, keine Frage", gestand Daxbacher. Der Austria-Coach ist aber auch felsenfest davon überzeugt, dass sich die Mannschaft dieses Glück sehr hart erarbeitet hat.

Denn mittlerweile hat sich im Kreise der Austrianer eine ganz spezielle Stimmung und Atmosphäre gebildet. "Wir werden derzeit von Teamgeist und Euphorie getragen, das Ganze ist mit den Erfolgen gewachsen. Und dann steht einem auch das Glück zur Seite."

Im Titelkampf sieht Daxbacher die Austria "nur psychologisch im Vorteil". "Weil Salzburg ist mit einem Sieg nicht einholbar", weiß der Niederösterreicher, dass nur Salzburg den Titel aus eigener Kraft holen kann. Zudem glaubt Daxbacher nicht vollends an Grazer Schützenhilfe: "Natürlich ist zu befürchten, dass Sturm nicht mit dem letzten Einsatz spielt. Ich hoffe es aber nicht", meinte Daxbacher.

Austria ist neuer "1:0-Meister"

Viel wichtiger sei ohnehin, dass sein Team, die eigene Aufgabe gegen Ried nicht auf die leichte Schulter nehme. "Wir dürfen auf keinen Fall glauben, dass wir gegen Ried schon sicher gewonnen haben." Ein inoffizieller Titel ist den Austrianern längst sicher. In Salzburg gelang nämlich der zwölfte 1:0-Sieg in der laufenden Bundesliga-Saison, diese Bestmarke wird wohl auf Jahre unantastbar bleiben. Zuletzt hatte Wacker Innsbruck 1976/77 elfmal mit 1:0 gewonnen - und wurde am Ende auch Meister.

Auch deshalb hob Daxbacher warnend den Zeigefinger: "Wer zwölfmal nur 1:0 gewinnt, der kann nicht von einem Sieg ausgehen." Sollte es dennoch mit dem Titel klappen, wäre es für Daxbacher "eine Riesensensation und völlig unerwartet".

Das Original des "Meistertellers" der Bundesliga wird am Donnerstag jedenfalls in der Grazer UPC-Arena sein. "Die Trophäe ist immer dort, wo der aktuelle Tabellenführer spielt", sagte Liga-Sprecher Christian Kricher am Montag. In Wien-Favoriten und im Pappelstadion werden für den Fall der Fälle Duplikate der Trophäe stehen.

Die Wege zum Titel

RED BULL SALZBURG ist Meister:

- mit einem Sieg in Graz gegen Sturm

- mit einem Remis, wenn Austria daheim gegen Ried nicht gewinnt

- mit einer Niederlage, wenn die Austria nicht gewinnt und Rapid nicht siegt

AUSTRIA WIEN ist Meister:

- mit einem Sieg, wenn Salzburg in Graz gegen Sturm nicht gewinnt

RAPID WIEN ist Meister:

- mit einem Sieg, wenn Salzburg verliert und die Austria nicht gewinnt.

(APA/Red.)

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