Bundesliga: Zu viel Ehrgeiz, zu wenig Geld

Bundesliga viel Ehrgeiz wenig
Bundesliga viel Ehrgeiz wenig(c) APA (Robert Jaeger)
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Österreichs Bundesligavereine leiden an der Diskrepanz zwischen den Flausen ihrer Funktionäre und der Flaute in der Kassa. Eine kritische Abrechnung anlässlich der am Samstag beginnenden Fußballmeisterschaft.

Wien. Im Herbst 2009 veröffentlichte der SK Kelag Kärnten den Bestimmungen der Bundesliga folgend einen Haushalt, der Erträge von mehr als zehn Millionen Euro auswies. Das negative Eigenkapital betrug mit 1,4 Millionen Euro rund ein Drittel der Miesen Rapids (vier Millionen), der Personalaufwand für das Spieljahr 2008/2009 war mit rund 5,6 Millionen zwar hoch, aber im Verhältnis zu den Umsätzen nicht exorbitant. Ein dreiviertel Jahr später beantragte der Verein ein Konkursverfahren und strebt derzeit einen Zwangsausgleich an, um den Spielbetrieb (in der Regionalliga) aufrechterhalten zu können.

Der SK Kärnten ist ein symptomatischer Fall für Österreichs Vereinsfußball. Was war passiert? Erst hatte die Bundesliga dem Verein zweimal die Lizenz verweigert, anschließend auch das Ständige Neutrale Schiedsgericht. Weder Bundesliga noch Schiedsgericht hatten darauf vertraut, dass der SK Kärnten die angeblich versprochenen Subventionen von insgesamt rund 1,5 Millionen Euro auch tatsächlich von der Stadt Klagenfurt erhalten werde. Der Tod Jörg Haiders hatte den Verein seines einzigen verlässlichen Unterstützers beraubt, die Wickel der Hypo Alpe Adria ließen auch für die dortige Kreditlinie nichts Gutes erahnen.

Der Absteiger darf also nicht einmal mehr in der „heute für morgen“ Erste Liga mitspielen, sondern musste in den Landesverband absteigen. Das bedeutet in der Regel durch den Verlust der Sponsor-, Marketing- und TV-Einnahmen den endgültigen wirtschaftlichen Zusammenbruch.

Schlechte Planung

Die Pleite des Klagenfurter Retortenvereins ist der letzte traurige Höhepunkt in einer an Pleiten reichen Fußballgeschichte. Kärnten ist aber vor allem ein Musterbeispiel für schlechte politische und wirtschaftliche Planung im heimischen Profifußball. Schon der Ausfall eines kleinen Budgetpostens führte im Falle Kärntens fast zwangsläufig in die Insolvenz. Die Überschuldung war gar nicht so dramatisch, aber die Sponsor-, Ticket- und TV-Einnahmen waren zu gering zum Überleben.

Ein Gegenbeispiel zum SK Kärnten ist der SK Rapid: Hohen Schulden stehen hier nämlich hohe, stabile Einnahmen gegenüber. Der Klub wies im Herbst 2008 ein negatives Eigenkapital von 4,3 Millionen Euro aus, ein Jahr später war es um rund 300.000 Euro niedriger. Und es dürfte auch weiter kontinuierlich sinken. Dank stabiler TV-Gelder (rund eine Million Euro), großzügiger Sponsoren (rund sechs Millionen Euro) und nicht zuletzt einer festen Vernetzung im wirtschaftlich-politischen Netzwerk von Wien und Österreich gerät der Klub trotz der Schulden nicht in Schieflage. Die Erträge von 18 Millionen Euro waren doppelt so hoch wie jene der Klagenfurter, der Personalaufwand ebenfalls (2008: 8,3 Millionen, 2009: 10,2 Millionen Euro).

Mit Rapid kann nur noch die Austria halbwegs mithalten, die ihre Personalkosten von 7,3 (2008) auf 12,4 Millionen Euro (2009) drastisch erhöht hat. Der Vizemeistertitel kostet eben.

Mehr Klubs, weniger TV-Geld

Bis zum Ende der Saison 2009/2010 erhielt jeder Erstligaklub eine Million Euro aus den TV-Lizenzen, jeder Zweitligist rund 300.000 Euro. Diese Summe erhöht sich mit dem Eintritt in den neuen, ab der Saison 2010/2011 wirksamen TV-Vertrag auf 1,1 und 400.000 Euro. Würde die „heute für Morgen“ Erste Liga von zehn auf 16 Vereine aufgestockt werden, wie manche Funktionäre es wünschen, müssten sich eben 16 Klubs die rund vier Millionen Euro teilen. Das ist ein Hauptgrund, warum die Mehrzahl der Mitglieder der Erste Liga sich vehement gegen neue Mitbewerber wehrt.

Das Problem ist uralt und harrt einer fundamentalen Erörterung: Auch die (in Wahrheit mickrigen) TV-Gelder retten die chronisch über ihre Verhältnisse lebenden Klubs nicht. Der Profibetrieb in der zweiten Leistungsstufe ist schlichtweg zu teuer. Kein Klub kann sich die Kosten erwirtschaften. Jeder ist auf Mäzene angewiesen, und seien es lokale bis regionale Politiker, die dem Klub ihres Herzens Förderungen zukommen lassen. Doch bevor die Bundesliga, also die Versammlung aller Klubs, sich selbst strenge Regeln und realistisches Budgetieren verordnet, wird Österreich Europameister.

Doch manchmal passieren merkwürdige Dinge, die niemand vorhersehen kann. Als vor einigen Jahren Salzburgs Austria vor dem Zusammenbruch stand, kaufte der Energy-Drink-Marketender Dietrich Mateschitz den Verein. Er stattet ihn Jahr für Jahr mit einem Budget von mehr als 50 Millionen Euro aus. Der Personalaufwand lag 2009 bei 31,8 Millionen Euro, die restliche Liga (ohne Rapid und Austria) wendet für Personal insgesamt 35 Millionen auf. Die meisten dieser Klubs wissen heute nicht, wie sie einen Großteil des Budgets 2011/2012 bestreiten werden. Allerdings dürfen sie beruhigt nicht Meister werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2010)

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