Kogler: Jogi Löw als Lehrmeister des Aufsteigers

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Wacker Innsbruck steht in der heimischen Bundesliga an der Tabellenspitze und sorgt für ordentliches Staunen. Für Trainer Walter Kogler keine gar so große Überraschung, wie er der "Presse am Sonntag" erzählt.

Wacker Innsbruck ist bisher in der Bundesliga die Überraschung, liegt immer noch an der Tabellenspitze. Wie gibt es so etwas, was ist das Erfolgsgeheimnis der Innsbrucker?

Walter Kogler: Es gibt im Fußball schon lange keine Erfolgsgeheimnisse mehr. Im Sommer haben wir uns vorgestellt, was für uns so möglich sein könnte. Und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass wir durchaus im oberen Drittel landen könnten. Natürlich nur, wenn wir gewisse Bedingungen erfüllen, dass wir keine Ausfälle haben, dass sich die neuen Spieler schnell zurechtfinden und perfekt integriert werden. Bisher ist alles aufgegangen, was wir uns von der Mannschaft erwartet bzw. erhofft haben. Bisher ist bei jedem Spieler die positivste aller Möglichkeiten eingetreten.

Der Aufsteiger wird zum Favoritenschreck. Ist Tirol so stark, oder sind Salzburg, Austria und Rapid so schwach?

Ich denke, dass es nicht so leicht sein wird, uns zu schlagen. Wenn wir unsere Leistung bringen, dann werden wir auch nicht so viele Partien verlieren. Aber mir ist natürlich klar, dass das alles so nicht ewig weitergehen wird. Natürlich bin ich Realist genug, um zu wissen, dass unsere Tabellenführung auch etwas mit den Gegnern zu tun hat. Salzburg, Austria und Rapid haben gewisse Probleme – sonst wären sie nicht hinter uns. So offen muss man sein. Wir hingegen haben einen idealen Start erwischt, das war wie eine Initialzündung.

Wie wirkt sich das auf das Niveau der Liga aus?

Ich möchte bei diesen Fragen eines klarstellen: Nur, weil Wacker Innsbruck Tabellenführer ist, heißt das noch lange nicht, dass das Niveau der Liga schlecht ist. Unsere Bundesliga ist besser als in Ungarn, in Slowenien, der Slowakei oder Tschechien. Mit Deutschland brauchen wir uns halt nicht messen. Wir stehen wahrscheinlich auf einer Stufe mit der Schweiz. Und das ist in Ordnung so.

Welche längerfristigen Ziele haben Sie sich mit Innsbruck als Trainer gesteckt?

Ich habe keinen Tabellenrang als Ziel ausgegeben. Heute beantworte ich die Frage so: Ziel ist es, unser Niveau zu halten. Wir wollen eine gute Figur abgeben, eine Bereicherung für die Liga sein.

Erstes Ziel war natürlich der Aufstieg. Das war schwer genug, Admira auf Distanz zu halten. Aber wir haben es geschafft. Jetzt sind wir in der obersten Spielklasse angekommen, aber es sind 36 Runden zu bestreiten. Erst dann werden wir sehen, wozu der Aufsteiger fähig war. Alles andere sind Momentaufnahmen. Nächstes Jahr aber hoffe ich schon, dass sich Wacker Innsbruck im vorderen Drittel etablieren kann.

Tirol soll also eine Art Renaissance erleben?

Tirol ist für einen Provinzklub in den vergangenen 20 Jahren recht erfolgreich gewesen. In den kommenden Jahren muss man sich ansehen, welche Möglichkeiten in diesem Land bestehen.
Die Rahmenbedingungen müssen dann klar abgesteckt werden, um den Entwicklungsprozess genauer bestimmen zu können. Sowohl im sportlichen, als auch im wirtschaftlichen Bereich. Auf Sicht wollen wir uns jedenfalls relativ weit vorn etablieren.

Wie kommt Wacker Innsbruck mit den doch eher bescheidenen Finanzen aus? Seid ihr das Armenhaus der Liga?

Das Armenhaus sicher nicht, aber wir müssen haushalten. Der Verein verfügt über rund sechs Millionen Euro, für den sportlichen Bereich stehen dann etwa drei Millionen zur Verfügung. Da muss man mit dem Geld schon sehr verantwortungsbewusst umgehen. Ich hoffe, dass mit den Erfolgen auch die finanziellen Möglichkeiten wachsen.

Die neuen Spieler, die Innsbruck im Sommer verpflichtet hat, wissen zu gefallen. Haben Sie als Trainer einfach nur eine glückliche Hand, oder steckt da mehr dahinter?

Wir haben vor der Verpflichtung jedes einzelnen Spielers genau analysiert. Als Klubmanager werden dir heutzutage hunderte Spieler angeboten, da ist es schwer, die Ruhe und den Überblick zu bewahren. Wir in Innsbruck haben uns die Spieler genau angesehen – nicht nur die Qualität auf dem Rasen. Es geht um den Menschen, um den Typ. Ich will bis zur Psyche des Spielers sehen. Und dann beantwortet man die Fragen: Was will der ausgerechnet in Innsbruck? Was will der da erreichen? Ist der noch hungrig genug?

Vor allem der Spanier Inaki Bea Jauregi erweist sich als Glücksgriff...

Ja, das stimmt. Wir sind damals nach Spanien geflogen, haben uns mit dem Spieler getroffen, haben uns wirklich Zeit genommen. Dann waren wir gemeinsam am Abend essen, haben über Gott und die Welt geplaudert.

Warum er ausgerechnet in Tirol spielen will? Weil er jahrelang bei 40 Grad spielen musste. Er genießt jetzt unser Tiroler Wetter so richtig.

Sie waren als Spieler mit drei verschiedenen Klubs – mit Austria, Salzburg und Tirol – Meister. Wie sehr hilft es Ihnen als Trainer, 495 Bundesligaspiele in den Beinen zu haben?

Es ist hilfreich, gar keine Frage. Entscheidend ist immer, wie ein Klub oder eine Mannschaft aufgestellt sind. Ich hatte das Glück, Trainer wie Otto Baric, Heribert Weber, Kurt Jara oder Jogi Löw genießen zu dürfen. Da kann man sich einiges abschauen. Und einen gewissen Erfahrungsschatz für später ansammeln. Es geht nicht darum, etwas nachmachen zu wollen, oft genügt es ja schon, Fehler zu vermeiden. Die Trainingsmethoden haben sich längst verändert, wer sich heute nicht weiterbildet, der ist nicht konkurrenzfähig.

Ich war über eineinhalb Jahre nicht Vereinstrainer, habe damals die Zeit genützt, um Mannschaften zu studieren. Wie etwa Lazio Rom und viele andere. Jogi Löw hat mich dann einmal zur deutschen Nationalmannschaft eingeladen – auch sehr interessant. Man muss als österreichischer Trainer schon auch über den rot-weiß-roten Tellerrand schauen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2010)

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