Peter Pacult im Interview: "Rapid ist ein Teil von mir"

Peter Pacult:
Peter Pacult: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen."(c) GEPA pictures (Gepa Pictures/ M. Hoermandinger)
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Der gefeuerte Rapid-Trainer spricht im Interview mit der »Presse am Sonntag« über seine Hütteldorfer Trainer-Ära, sein Naturell, seine Fehler und die sportlich ungewisse Zukunft.

Die Presse: Sie wurden von Rapid fristlos gekündigt. Haben Sie sich etwas vorzuwerfen? Was haben Sie als Trainer falsch gemacht?

Peter Pacult: Also Moment einmal: So eine Frage stelle ich mir gar nicht. Jetzt auf einmal werden alte Geschichten ausgepackt, jetzt auf einmal werden meine Methoden infrage gestellt. Wer sich nichts hat zuschulden kommen lassen, der möge den ersten Stein werfen. Man kann sagen, ich bin nicht diplomatisch. Na und? So bin ich eben, das ist mein Naturell. Warum soll ich mich denn verstellen? Man ist so, wie man ist. Ich verbiege mich nicht, sonst wäre ich nicht der Mensch Peter Pacult. Auch ein Rudolf Edlinger ist so, wie er eben ist. Ich habe mir nichts vorzuwerfen.

Das heißt, Sie haben alles richtig gemacht?

Ich zerbreche mir nicht den Kopf darüber. Ich habe junge Spieler in die Mannschaft eingebaut, unter meiner Ära wurden Millionentransfers gemacht - und Rapid war einmal Meister. Zweimal haben wir Aston Villa ausgeschaltet, wir waren in der Europa League - und zwar mit meiner Art. Vielleicht kommt jemand auf die Idee, dass wir genau deshalb so erfolgreich waren? Warum werden jetzt meine Methoden hinterfragt? Zuerst muss einmal jemand kommen, der mir das Gegenteil beweist. Und zwar, indem er über so lange Zeit bei Rapid erfolgreicher ist als ich. Wer gibt mir die Garantie, dass es anders auch gegangen wäre? Niemand.

Sie hätten sich das Leben bei Rapid allerdings etwas einfacher machen können, wären Sie nicht so kompromisslos bzw. angriffslustig gewesen.

Ich war oft genug diplomatisch, das können Sie mir glauben.

Die Mannschaft wirkt nach ihrem Abgang jedenfalls wie befreit.

Das ist doch normal, dass Spieler so reagieren. Du kannst es nicht allen recht machen. Und es wird immer wieder Profis geben, die jubeln, weil du gehen musst. Es waren vor mir nur zwei Trainer bei Rapid, die noch länger beim Verein gearbeitet haben. Und jetzt kommt das Gejammere. Das ist doch alles Alibi, weil die Spieler angeblich nicht gewusst haben, wann am nächsten Tag Training ist. Und ihren Tag nicht planen konnten. Die Spieler sollen jetzt im Nachhinein nicht unfair werden - auch durch diese Methode waren sie erfolgreich.
Für die Teamspieler hatte ich immer großes Verständnis. Aber sie müssen auch bedenken, dass sie Angestellte vom Verein sind und in der Regel auch Leistungsträger in der Mannschaft sind. Und sie müssen auch Verständnis für einen Trainer entwickeln, der gegenüber seinem Klub eine Verantwortung trägt. Dadurch gibt es auch diesen Sommer diese Problematik, dass der Urlaub der Teamspieler eventuell verkürzt ist. Aber damit muss ein Teamspieler umgehen können. Man kann sich nicht immer nur die Rosinen herauspicken, man muss auch an den Verein denken.

Zurück zur Kritik am Menschen Pacult. Haben Sie sich tatsächlich nichts vorzuwerfen?

Natürlich habe ich auch den einen oder anderen Blödsinn gemacht. Aber ich habe für alles bezahlt. Im wahrsten Sinne des Wortes. (Pacult wurde von Rapid wiederholt mit Geldstrafen belegt, Anm.)

Waren Sie vielleicht nicht doch zu lange bei Rapid?

Nein, überhaupt nicht. Aber es hat natürlich immer wieder Strömungen gegen mich gegeben. Das habe ich gespürt.

Was meinen Sie damit konkret? Hat Rapid darauf gewartet, sich von Ihnen trennen zu können?

Manchmal konnte ich diesen Eindruck gewinnen. Aber es ist ja klar, dass in einem Verein nicht alle hinter dir stehen können.

Man hat Ihnen oft ein äußerst gespanntes Verhältnis zu Sportdirektor Alfred Hörtnagl vorgeworfen. Zu Recht?

Ich diskutiere darüber aber wirklich nicht mehr. Ich als Trainer stehe auf dem Platz - und sonst niemand. Alle wollen bei einem Verein immer mitreden, jedoch keine Verantwortung übernehmen. Als Trainer musst du immer den Kopf hinhalten, die Verantwortung tragen. Ich muss einen Kader beschäftigen, 18 Spieler zu einem Match mitnehmen, elf davon aufstellen. Man kann nicht 25 Menschen gleich behandeln - das funktioniert nicht. Auch die Tormannfrage, die sich im Sommer gestellt hat, würde ich auch heute nicht anders lösen. Dazu stehe ich. Aber jetzt wird alles zerpflückt. Ich hätte kein Taktiktraining gemacht? Das ist doch lächerlich. Dann waren die über hundert Siege nur purer Zufall? Absurd.
Andere reden gescheit daher, müssen aber keine unpopulären Entscheidungen treffen. Aber ein Trainer muss das tun. Warum soll ich mich andauernd für irgendwelche Dinge entschuldigen oder rechtfertigen?

Hätten Sie einen Andreas Herzog als Sportdirektor begrüßt?

Warum wird mir diese Frage gestellt?! Ein Präsident trifft eine Personalentscheidung - und ein Präsident braucht einen Angestellten nicht zu fragen, wen er engagieren will. Also, warum sollte ich mich zu Personalentscheidungen äußern? Und alle, die mir etwas unterstellen wollen, die liegen falsch.

Kann es sein, dass Sie im Sommer Trainer von RB Leipzig sind?

Es wäre traurig, wenn ich nach meiner Arbeit bei Rapid nicht da oder dort im Gespräch wäre. Ich habe dem Präsidenten vor Zeugen (Manager Werner Kuhn, Anm.) erklärt, dass an den Gerüchten nichts dran sei, ich habe mit Red Bull zu diesem Zeitpunkt nicht verhandelt.
Man sollte in diesen Zusammenhang auch die andere Seite sehen. Rapid hat auch schon mit Spielern verhandelt, die irgendwo anders unter Vertrag stehen. Hätte es ein Angebot aus dem Ausland gegeben, hätte ich Präsident Edlinger sofort darüber informiert. Wir hatten mündlich vereinbart, dass ich in so einem Fall ablösefrei gehen kann. Als mich Präsident Edlinger auf die Gerüchte angesprochen hat, habe ich vor Zeugen geantwortet: Präse, war ich aus so einem Anlass bis jetzt bei Ihnen? Er hat es ganz klar verneint.

Das Buch ist allerdings nicht geschlossen, es gibt ein rechtliches Nachspiel. Weil Sie um Ihren Ruf fürchten?

Um meinen Ruf? Ich habe mir sportlich nichts vorzuwerfen! Die Mannschaft ist in einem topfitten Zustand. Ich kann als Trainer erhobenen Hauptes gehen. Die Art und Weise, wie es dazu gekommen ist, die muss man allerdings hinterfragen.

Warum sind Sie an diesem besagten Montag nicht zum Training erschienen?

Ich hatte einen Termin. Meine Assistenten wussten Bescheid. Anders gefragt: Warum muss ich mich als Trainer rechtfertigen, wenn ich ausnahmsweise auch einmal unabkömmlich bin? Termine, die ich Spielern auch zugestanden habe.
Ich habe bei Rapid gute Arbeit gemacht. Und darauf bin ich stolz. Wenn ich einmal verhindert bin, dann ist das ein Problem. Die Spieler hingegen haben ununterbrochen Termine. Auch witzig.
Ich wasche keine Schmutzwäsche in der Öffentlichkeit, aber mir wurden viele Chancen genommen. Ich konnte mich nicht einmal von den großartigen Fans verabschieden - und bedanken. Für mich war Rapid eine wunderschöne Zeit.

Wird man Peter Pacult im Sommer wieder als Trainer erleben?

Es gibt Angebote.

Von wem?

Aus dem In- und Ausland. Ich verfolge den nationalen und den internationalen Fußball. Es gibt kein Land, das nicht interessant wäre. Wir Österreicher neigen doch nur zur Überheblichkeit. Josef Hickersberger und Alfred Riedl zeigen eindrucksvoll, dass man auch in Fußball-Entwicklungsländern erfolgreich und populär sein kann.

Ein Wort noch zur Bundesliga. Ist die Meisterschaft tatsächlich schwach?

Sie ist extrem ausgeglichen. Man hat das schon im Sommer gesehen. Aber mir hat niemand zugehört. Im Vorjahr hatten wir vier Teams in den Gruppenspielen der Europa League, heuer nur zwei. Wir sind im Vorjahr mit 71 Punkten Dritter geworden, heuer werden sicher weniger Punkte reichen.
Was Rapid betrifft, so wurden in den vergangenen Jahren Topspieler abgegeben. Heuer sind Verletzungen dazugekommen. Ein Jelavić beispielsweise war und ist ein europäischer Topspieler. Für diese Vorzeichen haben wir uns trotzdem passabel geschlagen. Wir konnten die Lücke zur Spitze immer wieder schließen, man denke nur an den Derbysieg.

Wer wird Meister?

Die besten Chancen haben Sturm Graz - und Rapid. Der Vorteil von Rapid ist, dass die Mannschaft in einem körperlich guten Zustand ist. Weil ich eine andere Vorstellung von Fitness habe. Mich würde freuen, wenn Rapid das Saisonziel erreicht - weil Rapid sportlich ein Teil von mir ist. Aber ganz egal, wer Meister wird, man darf nie von einem unwürdigen Meister sprechen.

Ist Zoran Barisic der ideale Mann für den Interimstrainer?

Ich habe mich damals von ihm als Assistent getrennt. Und der Präsident weiß warum, da er selbst einmal live dabei war. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. Ich wünsche Zocki Barisic nur eines: dass ihm als Cheftrainer nicht das passiert, was mir mit ihm mehrmals passiert ist.

Wann sehen Sie Dietrich Mateschitz wieder?

Ich habe ihn bei besagten Heurigenbesuch das erste Mal gesehen - und das war rein privat.

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