Fußball: "Gesucht: Erfahrene Managerin der Viererkette"

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WM-Favorit Deutschland startete mit einem 2:1-Sieg gegen Kanadas Team ins Turnier. Viele Strukturen in Deutschlands Frauenfußball sind längst hoch professionell. Trotzdem ist noch häufig Kreativität gefragt.

Jena. „Die Arbeit mit dem Team und der Wille zu gewinnen sind dein Antrieb? Du behältst in jeder Situation die Übersicht?“ Wäre die Anrede nicht in der zweiten Person formuliert, könnte es sich um ein Stellengesuch für das mittlere Management eines Unternehmens handeln. Aber was auf deutschen Online-Jobbörsen zwischen Ausschreibungen für Ausbildungen bei Aldi und Bedienungsjobs bei McDonald's zu finden ist, sucht nach Fußballerinnen. „Im Zweikampf bist Du souverän? Technisch bist Du sehr stark und mit hoher Lauf- und Handlungsschnelligkeit setzt Du Deine Stärke um?“

Als der damalige Aufsteiger FF USV Jena im November 2008 auf dem vorletzten Tabellenplatz stand und einige Stammspielerinnen verletzungsbedingt fehlten, schien das Abenteuer Bundesliga vorbei. Der Kader, darunter die Österreicherinnen Nike Winter und Melanie Schurgast, genügte den Ansprüchen der Ersten Liga nicht. Neue Spielerinnen mussten her. „Wir mussten handeln“, erinnert sich Andrea Altmann, die im Vorstand des Klubs sitzt, heute, in ihrem Büro, und blickt vom Bildschirm ihres Computers auf. Ein flächendeckendes Scoutingnetzwerk, wie es bei den Männern jeder Drittligist unterhält, bestand nicht. „Das haben höchstens die großen Vereine der Liga. 1. FFC Frankfurt und Turbine Potsdam, vielleicht auch die weiblichen Teams vom FC Bayern, Hamburger SV und VfL Wolfsburg. Wir können so etwas nicht finanzieren.“

14 Millionen vor den TV-Geräten

Altmann wandte sich an einen Sponsor des Vereins, der auf Personalmanagement spezialisiert war. Kurz darauf ging der Klub mit Jobinseraten online. „Wir hatten nichts zu verlieren. Junge Frauen sind internetaffin, unsere Kosten bei der Aktion würden gen Null gehen.“ Zudem gab es einen guten Marketing-Gag. Vor allem dieser Effekt half, den Bekanntheitsgrad des Vereins zu erhöhen.

Mit der WM in Deutschland erhält der Frauenfußball nun einen ganz anderen Stellenwert. Das Auftaktspiel des Gastgebers gegen Kanada sahen 14 Millionen Menschen im TV. Das ist Zuschauerrekord in Sachen Damenfußball. Dass das Team 2:1 gewann, steigert die Euphorie. Ob sie auch nachhaltig in Jena ankommen wird?

Mit 400.000 Euro Jahresetat gehörte der FF USV Jena in dieser Saison zu den Kleineren der Liga, größere Vereine geben mehr als doppelt so viel aus. Viele Unternehmen beginnen gerade im Rahmen der WM, im Frauenfußball einen Wirtschaftsfaktor zu vermuten. „Die Sponsoren werden uns sicher nicht zufliegen“, wiegelt Altmann ab. „Aber wenn sich die deutsche Mannschaft gut verkauft, könnten wir schon ein paar gute Deals abschließen.“

150 Euro Monatsgage

Ohne erhöhte Einnahmen dürften die Vereine es künftig ohnehin schwer haben. Die Marktwerte der Spielerinnen werden steigen, Deutschlands Nationalspielerinnen treten regelmäßig in den Medien auf, nicht wenige von ihnen haben Werbeverträge. Die Zahl der Profis in der deutschen Bundesliga ist in den letzten Jahren gestiegen. Der Trend dürfte sich fortsetzen: Die deutsche Nationalspielerin Lira Bajramaj soll in der nächsten Saison rund 7000 Euro monatlich verdienen.

Solche Gehälter werden in Jena nicht gezahlt werden. Immerhin wirbt der Verein nach dem dritten Klassenerhalt in Folge nach wie vor auf Online-Jobbörsen. Für die erste Mannschaft hat sich aufgrund der Stellenanzeigen noch keine Spielerin gefunden. Wohl aber für die Nachwuchsarbeit, wo Jena mit einer Sportschule landesweit zu den führenden Zentren zählt.

Aktuell werden eine „Offensive Mittelfeld Managerin“, eine „Erfahrene Managerin der Viererkette“ und eine „Junior Spielerin“ gesucht. In Jena bietet man seinem Personal „ein stabiles professionelles Umfeld mit vielen Chancen, nicht nur auf dem Rasen.“ Häufig bekommen Spielerinnen auch Ausbildungsplätze vermittelt. Ein Gehaltsangebot wird nicht erwähnt. Laut Statuten des Deutschen Fußball-Bundes muss eine Spielerin der Bundesliga mindestens 150 Euro im Monat verdienen. Für die Österreicherinnen Winter und Schurgast, die den Verein aus sportlichen Gründen verlassen haben, war das dennoch ungewohnt viel Geld fürs Fußballspielen.

Ergebnisse Gruppe A: Nigeria – Frankreich 0:1, Deutschland – Kanada 2:1.
Gruppe B:
Japan – Neuseeland 2:1.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28. Juni 2011)

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