Austria Wien: Gemischte Gefühle am Verteilerkreis

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Im Winter noch Titelanwärter, kämpft man auf der Zielgeraden der Meisterschaft um einen Europacupplatz. Trainer Ivica Vastić scheidet die Geister. Auch die Stimmung leidet.

Wien. Es sind seltsam anmutende Szenen, die sich auf dem Trainingsgelände der Wiener Austria zutragen. Während die gescholtene Mannschaft in der Kraftkammer schwitzt, steht Ivica Vastić bereits auf dem Rasen einer der Trainingsplätze. Vastić ist nicht allein. Ko-Trainer Damir Ozegovic leistet ihm Gesellschaft. Man unterhält sich. Worüber, das ist unklar. Es wird nicht Deutsch gesprochen. Nach einigen Minuten stehen die Herren, beide 42, auf. Passübungen stehen auf dem Programm. Nicht für die Spieler, sondern für Vastić und Ozegovic. Aus etwa sieben Metern schiebt man sich das Leder hin und her. Immer und immer wieder. Zwischendurch wird gelacht. Roland Linz und der Rest der violetten Prügelknaben sind einstweilen nur durch die reflektierenden Fensterscheiben zu erspähen. 30 Minuten verstreichen, ehe ein Spieler nach dem anderen Richtung Trainingsplatz trabt.

Nicht nur das Wetter ist unterkühlt. Auch die Stimmung leidet. Vastić lässt eine gewisse Distanz zur Mannschaft auch für Außenstehende sofort spürbar werden. „Man merkt, dass nicht alles rund läuft“, sagt Peter Hlinka nach dem Training im Gespräch mit der „Presse“. Die Spieler werden auf die Runde geschickt, absolvieren Intervallläufe. Untereinander wird nicht gescherzt, wie es sonst vielleicht üblich ist, wenn es die sportliche Situation erlaubt. Vastić verfolgt das Geschehen bestenfalls aus dem Augenwinkel. Er fischt die Bälle, die seine Spieler mitgebracht haben, aus dem Tornetz. Seelenruhig legt er sich diese zurecht. Freistöße und Elfmeter wollen schließlich geübt sein.

Als die Herde an Spielern seinen Schussbereich kreuzt, geht Vastić ein paar Schritte zur Seite und wartet ab. Sekunden später wackeln die Maschen wieder. Er wäre noch immer ein passabler Elfmeterschütze bei einer Europameisterschaft. Es wirkt, als würde sich Vastić gern den Frust der letzten Wochen von der Seele schießen. Als würde er am liebsten am Donnerstag im Heimspiel gegen Wiener Neustadt selbst nochmals die Schuhe binden und mit seinen Toren den Karren eigenhändig aus dem sportlichen Dreck ziehen. Erst als ein Betreuer die Laufeinheit für beendet erklärt, wendet sich Vastić seiner Mannschaft zu. In zwei Teams wird Raumgewinn trainiert, auch schnelles Abspielen wird forciert.

Fremdkörper Vastić

Vastić verfolgt die Ereignisse an der Seitenoutlinie. Zeitweise erhebt er seine Stimme. Etwa, als Innenverteidiger Georg Margreitter beim Trainingsspiel samt Ball in die gegnerische Endzone eindringt. „Genau so!“, ruft Vastić. Ein einzelner Lichtblick. In jeder Hinsicht präsenter ist Ko-Trainer Manfred Schmid. Er steht nicht neben, sondern auf dem Platz, gibt permanent Kommandos. Die Mannschaft hat sich trotz der jüngsten Tiefschläge nicht aufgegeben. Das Training wird intensiv geführt. Den dritten Platz hat Violett nicht aus den Augen verloren. „Wenn wir unsere letzten drei Spiele gewinnen, bekommen wir vielleicht noch unser Reifezeugnis“, sagt Manuel Ortlechner. Nach zweieinhalb Stunden ist Schluss. Nochmals wird das gestörte Verhältnis zwischen Trainer und Spielern zur Schau gestellt. Kein Wortwechsel, kein Abklatschen. Roland Linz würdigt Vastić, obwohl nur wenige Meter entfernt stehend, bei seinem Abgang Richtung Kabine keines Blickes. Zumindest die „Vastić raus“-Rufe bleiben ihm erspart. Die könnte es schon am Donnerstag wieder hageln. Öffentlich stellen sich die Spieler mit Ausnahme von Linz trotz Differenzen vor ihren Trainer. „Es kann nicht nur er Schuld an der Krise tragen“, sagt Hlinka, der den eigenen Anhang kritisiert: „Selbst nach dem 3:0 gegen Wacker hat man den Rauswurf des Trainers gefordert.“ Unabhängig davon, wie das Verhältnis zwischen Trainer und Spielern ist: Neun Tage vor Saisonende gibt es ohnehin keine sinnvolle Alternativlösung. Das sieht ein aufmerksamer Zaungast genauso. „Oder glauben Sie, ein anderer könnte in drei Spielen etwas ändern?“

Auf einen Blick

Für die Wiener Austria geht es in den nächsten beiden Heimspielen darum, gegen Wr. Neustadt und Mattersburg zwei Pflichtsiege zu landen. Gelingt es Trainer Ivica Vastić nicht, die Mannschaft noch auf einen Europa-League-Platz zu führen, dann endet der Vertrag.

Gewinnt Salzburg am Donnerstag und Rapid verliert gleichzeitig Punkte, dann steht der Tabellenführer vorzeitig als Meister fest.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2012)

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