0:1 gegen Deutschland: Österreich ist nur noch Gastgeber

(c) GEPA pictures/ Josef Bollwein
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Die Entscheidung in Gruppe B ist gefallen: Österreichs Team war nicht stark genug, um gegen Deutschland die erhoffte Sensation zu liefern. Beide Teams agierten „führungslos“, aber DFB-Kapitän Ballack gelang der entscheidende Freistoß-Treffer zum 1:0.

WIEN. „Das wird das größte Spiel meines Lebens!", hatte Österreichs Teamchef Josef Hickersberger vor dem dritten und letzten Euro-Gruppenspiel gemeint. Seine Mannschaft war nach der Niederlage gegen Kroatien (0:1) und dem 1:1 gegen Polen in der Marschtabelle ins Hintertreffen geraten. Somit musste es zum Wiener „Endspiel" gegen Deutschland kommen. Die Rollen waren klar verteilt: Deutschland, dreimaliger Weltmeister und Rekord-Europameister war mit dem Anpfiff weiter. Ein 0:0 hätte schon zum Einzug ins Viertelfinale genügt. Der EM-Neuling strebte hingegen den ersten Euro-Sieg für Österreich überhaupt an. David gegen Goliath, das geht selten gut. Oder nur alle heiligen Zeiten, wenn es gegen Deutschland geht, wie Österreichs Cheftrainer es bezeichnet hat. Das „Wunder von Wien" blieb aus, nach der Schweiz ist auch Österreich ausgeschieden. Der Nimmersatt hieß Michael Ballack, er traf aus einem Freistoß zum entscheidenden 1:0 (49.).Der „Baby-Sturm"

Hickersberger, der passionierte Schachspieler, hatte sich auch diesmal etwas einfallen lassen, schließlich sind „Spiele gegen Deutschland etwas Besonderes." Diesmal versuchte er Joachim Löw, den ehemaligen Tirol- und Austria-Trainer, zu bluffen. Er schickte im Angriff den „Baby-Sturm" ins Rennen, erstmals in seiner noch so jungen Karriere durfte Erwin Hoffer von Beginn an das Nationaltrikot tragen. Sein Partner auf der rechten Flanke hieß Martin Harnik, ebenfalls erst 21 Jahre alt. Das ist jener Deutschland-Legionär, der vor wenigen Tagen mutmaßte, der Gegner würde sich eventuell vor Angst in die Hose machen. Roland Linz, der bei dieser Euro unter den Erwartungen (keine einzige echte Torchance in zwei Spielen) geblieben ist, war nur zweite Wahl.

Beim Aufwärmen hagelte es für die Deutschen noch Pfiffe, bei der Hymne allerdings ließen die rotweißroten Fans Fair Play walten. Der Gegner aber war bei diesem Spielstand immer noch weiter. Hätte man die Fan-Inszenierung bewerten müssen, so wäre der WM-Gastgeber 2006 in Führung gegangen. Aber diese Uefa-Regel gibt es noch nicht. Schon schlimm genug, wenn der offizielle Ausrichter, die Uefa, Schiedsrichter Spiele einer solchen Dimension mit einem Selbstdarsteller betraut. Der Spanier Manuel Mejuto Gonzalez schickte jedenfalls in der 40. Minute beide Cheftrainer, Hickersberger und Löw, auf die Tribüne. Mit Kritik übenden Teamchefs kennt Gonzales kein Pardon, der vierte Offizielle hatte interveniert. Eine in dieser Form noch nie da gewesene Kuriosität bei einem großen Turnier.

Als wenn beide Mannschaften nicht schon genug nervös gewesen wären, so waren sie fortan auch führungslos. Zumindest von der Bank aus. Und vor allem die Österreicher hätten hin und wieder taktische Anweisungen dringend nötig gehabt, um der deutschen Abwehr noch mehr zusetzen zu können. Ümit Korkmaz kurbelte zwar engagiert über die linke Seite und Erwin Hoffer beschäftigte Deutschlands Verteidigung nach Kräften, aber Mertesacker und Metzelder überwindet man nicht so leicht.

Die ÖFB-Auswahl hatte von Anfang an Probleme mit den deutschen Spitzen Gomez und Klose, da passte die Zuordnung nicht, man schwankte in der Abwehr zwischen Dreier- und Fünferkette. Einmal rettete Garics in höchster Not vor Gomez vor der Linie (5. Minute), zweimal verhinderte Macho einen frühen Rückstand. Einmal zeigte er einen tollen Reflex bei einer Gomez-Chance, dann entschärfte er einen knallharten Schuss von Lukas Podolski (23.). Aber, wie gesagt, ein 0:0 hätte der Löw-Truppe schon gereicht.

Diesmal kein Vastic

Mit einem torlosen Remis aber wollte sich vor allem Michael Ballack nicht anfreunden. Der Chelsea-Legionär und deutsche Team-Kapitän fasste sich in der 49. Minute ein Herz - und donnerte einen Freistoß aus gut 22 Meter unhaltbar für Macho in die Maschen. Diesmal kamen Leitgeb, Säumel und Kienast ins Spiel, aber kein Ivica Vastic. Vielleicht ereignete sich diesmal auch darum im Happel-Stadion kein Last-Minute-Treffer. Aufgegeben haben sich die wackeren Gastgeber (Hoffer-Chance, 83.) dennoch bis zur letzten Sekunde nicht. Wem immer das ein Trost sein mag.

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