Fußball-WM 2014: Der lange Marsch ins Maracanã

BRAZIL SOCCER WORLD CUP
BRAZIL SOCCER WORLD CUP(c) APA/EPA/MARCUS BRANDT (MARCUS BRANDT)
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Fifa-Chef Blatter bestätigt weitere Verzögerungen, er hat aber „volles Vertrauen in Brasilien“. Die Gastgeber glauben an einen Titelgewinn.

Costa do Sauipe. Schon vor der Auslosung zur Fußball-WM 2014 in Brasilien war wieder einmal Joseph Blatter in die Offensive gegangen. Erst Mitte April werde das Stadion in São Paulo fertig sein, verkündete der Präsident des Fußballweltverbandes Freitagabend. Generalsekretär Jerome Valcke versuchte wenig später zwar noch eifrigst, ein paar relativierende Sätze nachzuschieben – doch es war zu spät, die Schlagzeilen waren längst in der Welt. Und die Probleme im Countdown zum Fußballfest um ein weiteres Kapitel reicher.

Ehe die WM 2014 ausgelost wurde, wurden Erinnerungen an die Endrunde 2010 in Südafrika wach. Der Tod von Nelson Mandela, den Blatter als „größten Humanisten unserer Zeit“ bezeichnete, überschattete das Event. Ohne Mandela, dessen mit einer Schweigeminute gedacht wurde, wäre die WM nie nach Südafrika gekommen. „Er wird für immer in unseren Herzen bleiben.“

Fülle von Problemen

Wieder einmal offenbarte sich das riesige Dilemma, in dem sich die stolze Gastgebernation seit Wochen und Monaten befindet. Auf der einen Seite ist in vielen Städten die WM längst präsent. Das WM-Maskottchen „Fuleco“ steht nicht nur in überdimensionaler Ausführung in der Hotel-Lobby. Es schaut neugierig aus Schaufenstern, die mit WM-Devotionalien gespickt sind. Es lacht von Cola-Dosen, prangt auf Trikots in Gelb-Grün, den Farben der Nationalelf, die weiter Hochkonjunktur hat.

Auf der anderen Seite sind gleich mehrere Stadien im Verzug, auch bei Straßen oder Flughäfen gibt es Verzögerungen. Große Teile der Bevölkerung stehen dem Premiumprodukt der Fußball-WM skeptisch gegenüber. Proteste wie beim Confederations Cup werden auch 2014 erwartet.

Selbst der Ort der Auslosung symbolisiert, wie umstritten die Festspiele im Land des fünffachen Weltmeisters sind. Der künstliche Urlaubsort im Bundesstaat Bahia liegt fernab der Millionenmetropolen, er repräsentiert nicht im Entferntesten das wahre Brasilien. Acht Millionen Euro Kosten für die pompöse Los-Show feuerten die Debatten um den Gigantismus von Großereignissen weiter an.

Blatter versuchte, die vergangenen Tage für PR in eigener Sache zu nutzen. Die weltweite Skepsis soll unbedingt der Vorfreude weichen. „Wir haben Vertrauen in Brasilien“, sagte Blatter. „Die Begeisterung steigt, die Erwartungshaltung nimmt zu in Brasilien – und in der Welt. Wir haben eine wunderbare WM in einer wunderbaren Umgebung vor uns.“ Auf die Frage, ob er wirklich glaube, dass alles rechtzeitig fertig werde, sagte er: „Optimisten leben besser und länger.“

„Wir werden Weltmeister“

„Vertrauen“ habe sein Verband auch in die Sicherheitskräfte des Landes. Die Bilder vom Polizeieinsatz während der Demonstrationen beim Confed-Cup hat selbst der Schweizer immer vor Augen. „Wir erwarten keine Probleme“, sagte er nun mit Blick auf das Turnier vom 12. Juni bis 13. Juli 2014 und das Endspiel im legendären Maracanã-Stadion. Immerhin gaben die Behörden in diesen Tagen zu Protokoll, dass sie von den Vorfällen gelernt hätten. Fehleinschätzungen der Polizei bei den Kundgebungen in Rio de Janeiro in diesem Sommer räumte Andrei Augusto Rodrigues, Sicherheitschef im Justizministerium, ein. „Besucher der WM können sich hier sicher fühlen“, sagte Sportminister Aldo Rebelo.

Maßgeblichen Einfluss auf die Stimmung im Land wird die Seleção haben. Beflügelt von Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari hat die Elf der Nation den Traum vom sechsten Titel zurückgegeben. Nach dem Sieg beim Confed-Cup hat „Felipao“ seine Zurückhaltung aufgegeben. „Wir werden Weltmeister“, sagte Scolari. Das eint das zerrissene Land – zumindest für einen Moment.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2013)

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