2014 wird für Brasilien ein richtungsweisendes Jahr, mit dem weltgrößten Sportereignis und den Wahlen steht das Land vor gehörigen Herausforderungen. Präsidentin Dilma Rousseff beschwört den Stolz ihrer Landsleute.
Brasilia. Brasilien rüstet sich für das Ausnahmejahr 2014. Die Fußball-WM wird die Nation in den Bann ziehen, und auch politische Schlachten werden geschlagen, denn das WM-Jahr ist ein heiß umkämpftes Wahlkampfjahr.
Rund zehn Milliarden Euro flossen in das größte Sportereignis der Fußballwelt. „Wir werden eine wunderbare WM ausrichten“, darin waren sich Präsidentin Dilma Rousseff und ihr populärer Amtsvorgänger Luiz Inácio Lula da Silva stets einig. Politiker sonnen sich gern im Erfolg ihrer Athleten, umso mehr in Brasilien, wo knapp drei Monate nach WM-Abpfiff Präsidentschaftswahlen anstehen.
Die große Unbekannte dürfte aber 2014 die Protestbewegung sein. Die hat nämlich 2013 wirkungsvoll ihre Kampagnenfähigkeit bewiesen. Während der WM-Generalprobe, des Confederations Cup, gingen im Juni bis zu eine Million Menschen auf die Straße.
Brasilien geht auf die Straße
Sie protestierten gegen Fahrpreiserhöhungen, dann aber auch gegen Korruption, Misswirtschaft, die Milliarden-WM-Ausgaben, gegen Parteienfilz und die Missstände an Schulen und Hospitälern. 2013 gab einen Vorgeschmack darauf, was sich während der WM wiederholen könnte: „Brasilien geht auf die Straße“ – so lautete die wichtigste Schlagzeile des vorigen Sommers.
Politik und Gesellschaft wie auch der Weltfußballverband waren höchst erstaunt, als sich der Widerstand übers Land ausbreitete und in Städten in Chaos, Randale und Straßenschlachten ausuferte. Die Präsidentin verharrte in Schockstarre, legte dann einen Pakt auf und sprach an die Adresse der Demonstranten: „Ich höre euch!“ An Gründen für Proteste dürfte es auch 2014 nicht fehlen.
Rousseff, die das Präsidentenamt im Jänner 2011 von Vorgänger Lula übernommen hat, will am 5.Oktober 2014 ihre Wiederwahl erreichen. Mittlerweile sagen ihr Umfragen wieder Sieg im ersten Wahlgang voraus. Ihr Erfolg dürfte weniger vom Ausgang der WM abhängen und nicht von der Proteststärke, sondern nur von der Schwäche der verstreuten Opposition.
Die Stimmung in Brasilien dürfte entscheidend in den letzten drei Monaten vor der Wahl geprägt werden. Gelegenheit zum „Fremdsonnen“ dürfte die Kandidatenschar bei der Weltmeisterschaft jedenfalls ausreichend haben. Doch Rousseff wurde bei der Eröffnung des Confed-Cups in Brasilia nicht gefeiert, sondern vor laufenden Kameras ausgepfiffen.
Rouseff saß im Gefängnis
Das dürfte ihr am 31. März 2014 bei einem viel ernsteren Thema mit Sicherheit nicht passieren. Dann jährt sich nämlich der Militärputsch von 1964, auf den eine rund 20-jährige Diktatur in Brasilien folgte, zum 50. Mal. Rousseff war damals aktive Widerstandskämpferin, die für ihre Überzeugungen sogar im Gefängnis saß und gefoltert wurde. Das wird ihr bis heute hoch angerechnet. (red)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2013)