Stöger: "Trainerarbeit nicht komplizierter machen, als sie ist"

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Peter Stöger genießt den derzeitigen Höhenflug mit dem 1. FC Köln, kennt aber die "Brutalität im deutschen Fußball".

Die Presse: Köln überwinterte als Tabellenführer, hat Sie das überrascht? Es ist ja nicht alltäglich, dass ein österreichischer Trainer in Deutschland Erfolg hat.

Peter Stöger: Erwarten konnten wir uns diese Zwischenaufnahme nicht, nur erhoffen. Wir wussten, dass wir, wenn die Entwicklung voranschreitet, vorn mitspielen können. Zum Glück haben die Neuzugänge schnell und gut funktioniert, sonst wäre ich jetzt gar nicht mehr Trainer dieses Klubs. Das Geschäft in Deutschland ist brutal, fast jeder zweite Trainer dieser Liga wurde in der Hinrunde ausgetauscht. Und als Trainer des 1. FC Köln bist du, sofern die Ergebnisse ausbleiben, in der Verlosung ganz weit oben anzusiedeln...

Ihr Aufstieg ist dennoch rasant verlaufen. Vor zweieinhalb Jahren betreuten Sie noch den GAK in der Regionalliga, waren auch Vienna-Coach, wurden mit Austria Meister und sind nun in Köln gefeiert.

Ich habe die andere Seite kennengelernt. Ich habe 2005 bei der Austria unter Frank Stronach als Trainer und Sportdirektor hohe Positionen bekleidet, nach meiner Beurlaubung bin ich bei Vienna in der Regionalliga gelandet. Ich hatte keine anderen Angebote. Irgendwann war ich bei Vienna – nach der Einschätzung der Funktionäre– nicht mehr gut genug. Dann war ich arbeitslos, ehe sich die Möglichkeit mit dem GAK aufgetan hat. Diesen Schritt hat damals niemand verstanden, aber ich war immer jemand, der gern gearbeitet hat. Eines ist aber klar: Ohne Glück, das gilt für Spieler genauso wie für Trainer, hast du's schwer. Es gibt so viele gute Kollegen, die sich einfach noch nicht auf dieser Ebene beweisen durften und es vielleicht nie dürfen. Und es gibt Trainer, die vielleicht nicht überaus talentiert sind, aber sich mit Glück über Jahre hinweg im Geschäft halten.

Wie sehr haben Sie sich seit dem Abschied aus Wien verändert, ist Fußball nicht eine ganz andere Welt?

Ich arbeite genauso wie in Wien oder zuvor in Wiener Neustadt. Der Umgang mit Spielern, was ich von ihnen einfordere – das ist immer noch derselbe Zugang. Man darf die Trainerarbeit an sich nicht komplizierter machen, als sie letztlich ist. Es geht um Respekt, Wertschätzung, Verantwortung, Vertrauen und Verständnis. Das ist im Leben doch nicht anders.

Sie präsentieren sich in Köln volksnah, besuchen Cafés und Sportbars. Stimmt es, dass Sie ein „Kaffeejunkie“ sind?

Der klassische deutsche Kaffee, so würden wir es in Wien sagen, ist nicht zum Saufen (lacht). Aber es gibt in Köln Wiener Kaffeehäuser, auch italienische, ich bin also gut versorgt. Und ja, nachdem ich ein echter Kaffeejunkie bin, es sind etwa fünf Tassen pro Tag, war mir das natürlich wichtig.

Köln träumt nun vor dem Start der Rückrunde Anfang Februar vom Aufstieg in die Bundesliga. Macht Sie das stolz, oder erhöht das nicht auch den Druck?

Wir, damit meine ich Manfred Schmid und mich, haben uns etabliert. So etwas spricht sich in der Liga herum, darauf sind wir stolz. Und trotzdem liegt alles ganz eng beisammen. Wir haben bis dato in der Meisterschaft nur zwei Spiele verloren, jedoch hintereinander. Hätten wir ein drittes Mal bei St.Pauli verloren, hätte der Verein womöglich schon alles hinterfragt.

In einem Interview meinten Sie kürzlich, es sei hilfreich, von „außen zu kommen, Österreicher haben einen anderen Blick auf das Ganze“. Was meinen Sie damit?

Für mich ist der 1. FC Köln, mit all seinen Begleiterscheinungen, außergewöhnlich. Infrastruktur, Vereinsmitglieder, Fans: Es ist einfach etwas Besonderes, für diesen Klub arbeiten zu dürfen. Für einen Deutschen haben diese Parameter vielleicht etwas Selbstverständliches. All diese professionellen Voraussetzungen, die ich in Köln vorfinde, sind aber keine Selbstverständlichkeit. Ich verspüre eine gewisse Dankbarkeit, die guttut.

Kevin Wimmer hat sich so gut entwickelt, dass er gegen die USA im ÖFB-Team debütiert hat. Vom Fachmagazin „Kicker“ wurde er gar als bester Innenverteidiger der zweiten Bundesliga bezeichnet. Ist er ein Versprechen für die Zukunft?

Als ich im Sommer nach Köln gekommen bin, hatte Kevin das eine oder andere Kilo zu viel. Er hat dann an seiner Fitness genauso wie an seinem ganzen Spiel gearbeitet. Da er Österreicher ist, hatte er keinen leichten Stand bei mir. Im Gegenteil: Ich habe ihm gesagt, dass er deutlich besser als seine Konkurrenten sein muss, weil ich nicht die Nachrede haben will, als Österreicher einen Landsmann spielen zu lassen, der zuvor keine Stammkraft war. Aber Kevin hat sich gut entwickelt, hatte auch das schon vorhin angesprochene, nötige Quäntchen Glück. Seinem Debüt gingen zwei Ausfälle auf der Innenverteidigerposition voraus.

Blicken wir nach Österreich: Wie sehen Sie den Erfolgslauf der Salzburger, und wie schätzen Sie Austria ein?

Es macht echt Spaß, Salzburg beim Fußballspielen zuzusehen. Sie haben in Österreich die meiste Qualität, das steht außer Frage. Ich glaube, sie werden sogar unseren vorjährigen Punkterekord (82, Anm.)toppen. Und obwohl die Auslosung schwierig ist, traue ich es der Truppe zu, in der Europa League gegen Ajax Amsterdam weiterzumarschieren. Hinter Salzburg muss sich in der Bundesliga nach 36 Runden eigentlich die Austria platzieren. Sie hat immer noch den zweitbesten Kader. Dahinter dürfte eigentlich länger nichts kommen.

ZUR PERSON

Peter Stöger, 47, betreut den 1. FC Köln. Der Wiener führte Austria als Sportdirektor (2006) und Trainer (2013) zum Titel, der ehemalige Teamspieler träumt nun vom Aufstieg in die erste deutsche Bundesliga. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2014)

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