Bayern gegen Real: Harmlos, aber stolz und zuversichtlich

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Bayern München dominierte, doch Real Madrids perfektes Konterspiel siegte. Trainer Pep Guardiola hält an seiner Philosophie fest, sein Optimismus "ist noch größer als zuvor".

München/Madrid. Ein wenig bizarr hörte sich das Ganze nach dem Halbfinalhinspiel zwischen Real Madrid und Bayern München in den Katakomben des Santiago-Bernabeu-Stadion an. Die deutschen Profis sinnierten über die vergangenen 95 Spielminuten in die diversen Mikrofone. „Ich muss der Mannschaft ein Kompliment machen“, sagte da etwa Arjen Robben, Thomas Müller fand, dass „man gesehen hat, wozu wir imstande sind“. Und Trainer Pep Guardiola war „sehr stolz auf meine Mannschaft“. Dabei hatte der deutsche Meister auf der historischen Mission Titelverteidigung soeben eine 0:1-Niederlage bezogen.

15:3 Ecken, 18:9 Torschüsse, 72 Prozent Ballbesitz und 57 Prozent gewonnene Zweikämpfe – in fast allen Belangen war Bayern klar überlegen. Doch im einzig Entscheidenden, den Toren, lag am Ende Real voran. Wie zu besten Zeiten Barcelonas zeigte die Mannschaft von Guardiola endlose Passstafetten, das Endziel schien dabei allerdings verloren gegangen zu sein. „Wir haben mit unserer Dominanz das Spiel, aber nicht das Ergebnis beherrscht“, befand auch Sportdirektor Matthias Sammer. Dass dafür einige wenige, aber präzise Pässe durchaus genügen, demonstrierte auf der Gegenseite Real in eindrucksvoller Manier.

Bayern-Abwehr überrannt

Im Rekordrennen um „La Decima“ – den zehnten Triumph in der Königsklasse – schickte Carlo Ancelotti seine Spieler mit einer disziplinierten Defensivtaktik auf den Rasen und setzte auf schnelle Gegenstöße. Mit Tempoangriffen wurde die hoch stehende Bayern-Abwehr regelrecht überrannt. „Madrid stellt sich im eigenen Stadion hinten rein, das muss man sich mal vorstellen“, zeigte sich nicht nur Müller von der Taktik des Italieners überrascht. Mit schnörkellosem, direktem Spiel strahlte Real jedenfalls deutlich mehr Gefahr aus und hätte nach dem Führungstreffer durch Benzema (19.) mit Leichtigkeit erhöhen können. Doch Ronaldo und di Maria vergaben gleich mehrere Topchancen. „Wir hatten auch Glück. Real hätte mehr Tore machen können“, gab Guardiola zu. Seine Mannschaft bestach hingegen durch Harmlosigkeit, den ersten wirklich gefährlichen Schuss auf das Tor von Casillas gab Götze erst in der 84. Minute ab.

Dennoch will der Katalane seiner Spielphilosophie treu bleiben. „Mein Optimismus ist nach wie vor groß – sogar noch größer als vor diesem Spiel“, lautete die kryptische Ansage. „Wir werden alles geben und uns steigern.“ Auch Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge zeigte sich zuversichtlich, vor Heimpublikum die Wende zu schaffen: „In München wird am Dienstag der Baum brennen.“ Hoffnung gibt Bayern, dass vier der fünf Halbfinalduelle mit Real gewonnen wurden, zuletzt 2012 im Elfmeterschießen. Entscheidend wird für Guardiola und seine Spieler aber nicht nur sein, selbst Tore zu schießen, sondern auch Reals brandgefährliche Konter zu entschärfen.

Ronaldo, Bale als Waffe

Obwohl Weltfußballer Cristiano Ronaldo nach einer Knieverletzung laut Ancelotti erst bei 50 Prozent seines Leistungsvermögens war, reichte es, um den Siegtreffer mit dem entscheidenden Pass einzuleiten und der Bayern-Abwehr gleich mehrmals zu entwischen. Der Portugiese gab damit jenen, die seinen Einsatz nach drei Wochen Pause als Risiko bezeichnet hatten, die passende Antwort. „Ich kenne meinen Körper und weiß, wie weit ich gehen kann“, sagte Ronaldo, der mit bislang 14 Treffern die Torschützenliste in der Königsklasse anführt. „Es war wichtig für uns, dass er gespielt hat. Er war nicht in Bestform, hat sich aber voll aufgeopfert und viel gearbeitet“, lobte Ancelotti. Für zusätzlichen Turbo dürfte außerdem Gareth Bale sorgen, der am Mittwoch nach einer Magen-Darm-Grippe nur eingewechselt wurde.

„Das Ergebnis ist ein kleiner Vorteil für uns. Wir sind uns bewusst, dass wir in München leiden werden, aber wir werden kämpfen und alles geben“, versprach Ancelotti. Schließlich kann nur eine der beiden Mannschaften am 24. Mai in Lissabon um die Verwirklichung ihres historisches Traums spielen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2014)

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