Nach dem Skandal bei der EM-Qualifikation in Belgrad hat der serbische Fußballverband die Uefa aufgefordert, das Match zu seinen Gunsten zu entscheiden.
Belgrad. Der Drohnenflug über dem Partizan-Stadion in Belgrad sorgt in Serbien und Albanien weiter für heftigen Wellenschlag. Die Albaner hätten versucht, „unseren Stolz zu zerstören“ und Serbiens Bürger zu „erniedrigen“, schäumte Serbiens Premier Aleksandar Vučić nach dem abgebrochenen Skandalspiel in einem Interview mit der Zeitung „Novosti“: „Ich hatte die EU-Partner schon drei Stunden vor dem Spiel vor einer möglichen Provokation gewarnt.“
Doch nicht die EU, sondern Serbiens Fußballverband FSS und die Uefa waren Ausrichter des von einem Großaufgebot von 3500 Polizisten eher schlecht als recht geschützten EM-Qualifikationsspiels. Die Fahnenprovokation sei wegen der schlechten Organisation des Spiels geglückt, räumt Vizepremier Rasim Ljajić selbstkritisch ein. „Was wäre gewesen, wenn an der Drohne eine Bombe gehangen hätte?“, fragt sich Uefa-Präsident Michel Platini.
Die Uefa hat gegen beide Verbände bereits ein umfangreiches Disziplinarverfahren eröffnet. Als Verhandlungstermin vor der Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer wurde der 23. Oktober angesetzt. Der serbische Verband muss sich für das Abbrennen von Pyrotechnik im Stadion, die Zuschauerausschreitungen, den Platzsturm, die mangelhafte Organisation und das Benutzen von Laserpointern verantworten. Die Albaner werden für den Spielabbruch und das Zeigen eines verbotenen Banners verantwortlich gemacht.
Von der Kuppel der nahen Erzengel-Gabriel-Kirche soll die wenige hundert Gramm leichte Drohne mit der großalbanischen Flagge des Anstoßes laut Erkenntnissen der serbischen Presse kurz vor der Halbzeitpause ins nur einhundert Meter entfernte Partizan-Stadion gesegelt sein. Wer und von wo aus das Fluggerät steuerte, ist indes weiterhin unklar.
Serbiens Medien und Sicherheitskreise schreiben die vermeintliche, aber keineswegs bewiesene Schuld weiter Olsi Rama zu. Von der Ehrenloge aus habe der Bruder des albanischen Premiers Edi Rama die Drohne mit seinem Mobiltelefon gesteuert. Von einer „absurden Beschuldigung“ spricht Rama, der nach dem Spielabbruch von Serbiens Polizei erfolglos auf den etwaigen Besitz einer Fernbedienung untersucht worden war: Die Organisatoren des Spiels hätten „völlig unvorbereitet auf die anormale Situation“ gewirkt.
Zwar fordert der FSS das abgebrochene Spiel wegen der Fahnenprovokation mit 3:0 für Serbien zu werten. Doch tatsächlich rücken Serbiens Organisatoren und Sicherheitskräfte auch im eigenen Land ins Visier der Kritik. Der Vorfall sei dem „Versagen der Polizei und der Sicherheitsdienste“ zu verdanken, konstatiert harsch die Zeitung „Danas“
Tatsächlich wirft nicht nur die Tatsache, dass mit Ivan Boganović einer der berüchtigten Hooligan-Anführer trotz mehrerer Ausweiskontrollen erneut ins Stadion und aufs Feld gelangen konnte, auf die Sicherheitsvorkehrungen ein schiefes Licht. Während vor dem Stadion wie in Asterix-Filmen Kohorten von dick gepolsterten Spezialkräften paradierten, stürmten die Hooligans im Stadionrund ohne große Mühe das Feld.
Auch der Drohnenflug hätte mit dem sofortigen Einschalten des Frequenzstörers durch die Polizei laut Sicherheitsexperten leicht und frühzeitig gestoppt werden können.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2014)