Während die Austria nach der Pleite im Derby das Saisonende herbeisehnt, hat Rapid die Champions-League-Qualifikation so gut wie in der Tasche. Torjäger Schobesberger wandelt auf den Spuren von Hans Krankl.
Wien. Im 313. Wiener Derby hat Rapid den ersten Saisonsieg gegen die Austria gefeiert. Das 4:1 war auch in der Höhe verdient, die Hütteldorfer agierten vor 28.000 Zuschauern im Ernst-Happel-Stadion so dominant wie schon lang nicht mehr in einem Derby. „Uns war klar, dass wir in sehr guter Verfassung sind. Die Mannschaft hat viele Dinge umgesetzt, die ich mir erhofft habe“, sagte Rapid-Trainer Zoran Barišić nach der neunten Ligapartie ohne Niederlage.
Mit dem Sieg über den Erzrivalen hat sich Rapid drei Runden vor Schluss eine optimale Ausgangsposition für den zweiten Tabellenplatz und damit zur Teilnahme an der Champions League geschaffen. Mit acht Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Salzburg existiert sogar noch eine theoretische Chance auf den Meistertitel. Barišić winkt allerdings ab: „Ich gehe davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Salzburg den Titel holt.“ Das Ziel von Rapid sei der zweite Platz: „Da haben wir einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht.“ Mit einem Sieg am Mittwoch in Grödig wäre der Rekordmeister nicht mehr von Platz zwei zu verdrängen.
Trendwende abgeschlossen
Als Barišić im April 2013 sein Amt in Hütteldorf antrat, lag Rapid 20 Punkte hinter dem späteren Meister Austria. Nun hat sich das Blatt gewendet: Derzeit beträgt Rapids Vorsprung auf die Austria 21 Punkte. „Rapid hat sich in einer sportlich und wirtschaftlich schwierigen Situation befunden. Wir haben uns für einen Weg entschieden, der uns dorthin geführt hat, wo wir jetzt sind“, meinte Barišić, der betonte, dass dieser Weg nicht zu Ende sei.
Was in diesen beiden Jahren bei der Austria passiert ist, konnte Interimscoach Andreas Ogris nicht beantworten. „Anscheinend sehr viel“, vermutete der 50-Jährige nach seinem ersten Wiener Derby als Trainer. „So wie wir uns präsentiert haben, war der Unterschied sehr groß. Der Sieg von Rapid geht absolut in Ordnung, auch in dieser Höhe.“ Ogris hat zumindest noch die Möglichkeit, im Cupfinale am 3. Juni in Klagenfurt gegen Salzburg die Saison einigermaßen versöhnlich zu beenden. Mit einer Darbietung wie gegen Rapid wird der Cup-Titel und damit auch die Europacup-Teilnahme aber nicht zu bewerkstelligen sein. „Das war einer Austria nicht würdig. Wenn man so auftritt, wird man in der Bundesliga niemanden schlagen“, gab Verteidiger Lukas Rotpuller zu.
Rapid-Shootingstar Philipp Schobesberger hat sich mit seinem Führungstreffer im Derby in die Rapid-Geschichtsbücher geschossen. Der 21-Jährige traf im siebenten Ligaspiel in Folge und stellte damit die Bestmarke von Hans Krankl aus dem Frühjahr 1978 ein. Die Euphorie hielt sich beim Rekordmann in Grenzen: „Aber in ein paar Jahren, wenn ich zurückschaue, werde ich mich freuen.“ Krankl war jedenfalls nicht böse. „Er soll bitte unbedingt das achte Mal in Folge treffen“, richtete die Rapid-Legende aus und prophezeite Schobesberger eine große Zukunft: „Ein sehr guter Fußballer, der noch viel Zeit vor sich hat.“ Rapid hatte den Flügelspieler im vergangenen Sommer ablösefrei vom Regionalligisten Pasching geholt. Im Herbst reichte es nur für Kurzeinsätze, im Frühjahr avancierte Schobesberger zu einem der gefährlichsten Angreifer der Liga.
Den Auftakt zur drittletzten Runde machen heute Ried und Altach. Mit einem Sieg könnten die Vorarlberger dem Europacup-Startplatz näherkommen. (joe)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2015)