Die Färöer haben einen neuen Lieblingsgegner

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Griechenland verlor erneut gegen die Amateure. Weltmeister Deutschland wandelte "an der Grenze zur Arroganz".

Torshavn/Faro. Zwei Niederlagen gegen Fußballzwerg Färöer innerhalb eines Jahres – das griechische Nationalteam ist an einem neuen Tiefpunkt angekommen. Der EM-Zug ist für den Europameister von 2004 nach dem 1:2 in Torshavn so gut wie abgefahren. Hansson (32.) und Olsen (70.) erzielten die Treffer für die Färinger, die erst den sechsten Sieg im 64. EM-Qualifikationsspiel feierten. Sokratis (84.) traf zu spät zum Anschluss.

„Nationale Erniedrigung“, titelte der griechische Boulevard. Nach der neuerlichen Schmach sei das Nationalteam ein Witz, über den man weltweit lache. Schon im November hatten die Griechen – im Sommer 2014 noch im WM-Achtelfinale – eine 0:1-Heimblamage gegen die Färöer hinnehmen müssen. Der Kabinenjubel der Inselkicker aus dem Nordatlantik wurde danach zum YouTube-Hit. Nun ging auch die Revanche völlig daneben. Nach sechs Qualifikations-spielen warten die Griechen immer noch auf ihren ersten Sieg. Mit zwei Punkten liegen sie am Tabellenende der Gruppe F.

Die Griechen haben damit endgültig Österreich als Lieblingsgegner der Färöer abgelöst. Das ÖFB-Team war 1990 (0:1) und 2008 (1:1) auswärts gegen die Amateure gestolpert. Unter Teamchef Marcel Koller gab es im Oktober 2013 in Torshavn aber einen 3:0-Sieg. Die Färöer sind nach den zwei Triumphen gegen Griechenland nun sensationell Tabellenvierter. Der Rückstand auf die drittplatzierten Ungarn beträgt fünf Punkte.

Umbruch steht bevor

Keine Blöße hat sich Deutschland gegen einen anderen Fußballzwerg gegeben. Der Weltmeister fuhr gegen Gibraltar einen 7:0-Pflichtsieg ein. André Schürrle (28., 65., 71.) traf dreimal. Überschwänglich war man im DFB-Team dennoch nicht. Der Rückstand auf Tabellenführer Polen beträgt immer noch einen Punkt. Und selbst gegen den Underdog machten die deutschen Stars in Faro vor der Pause keinen guten Eindruck. „Was wir an Chancen ausgelassen haben, war schon ein bisschen an der Grenze zur Arroganz. In der Halbzeit bin ich ein bisschen deutlicher geworden“, meinte Teamchef Joachim Löw.

Doch nicht nur das Offensivspiel lahmte. Im Mittelfeld offenbarte der Weltmeister große Lücken, die tapferen Gastgeber kamen zu einigen Chancen. Der Dortmunder Schlussmann, Roman Weidenfeller, musste einige Male beherzt eingreifen, um einen Gegentreffer zu verhindern. Dabei sollte es ein ruhiges Abschiedsspiel für den 34-Jährigen werden, der wohl angesichts der vielen starken jungen Torhüter wie Marc-André ter Stegen (Barcelona) oder Bernd Leno (Leverkusen) kaum noch eine Chance haben wird.

Auch andere erfahrene Profis wie Lukas Podolski (30) und Kapitän Bastian Schweinsteiger (30), der gegen Gibraltar eine Elfmeterchance verschenkte, sind bereits in die Zielgerade ihrer Nationalteam-Karriere eingebogen. „Einige Spieler sind 30 und darüber. Wir müssen schauen, dass wir für diese Spieler gleichwertigen Ersatz finden“, sagte Löw. „Wir haben die Zielsetzung, dass wir einige junge Spieler heranführen wollen.“

Zu Beginn der Sommerpause blickt Löw dennoch zuversichtlich auf die entscheidenden Spiele im kommenden Herbst. „Es war schwierig. Wir hatten nicht die Souveränität wie in den Jahren zuvor“, betonte Löw. Fünf Siegen standen 2014/15 zwei Remis und drei Niederlagen gegenüber, so viele wie nie zuvor in einer Saison ohne Turnier mit Löw. „Wir kennen unsere Probleme und werden sie nach der Pause angehen. Die Mannschaft wird in die Spur kommen, weil sie ein großes Potenzial hat. Das werden wir wieder abrufen“, versprach Löw.

Nägel feilen am Spielfeldrand

Die Fans zweifeln trotz der durchwachsenen Saison nicht an der Qualifikation für die EM in Frankreich, wie ein Nebenthema beweist. Beinahe mehr Gesprächsstoff als der sportliche Wert des Saisonabschlusses lieferte eine Beauty-Einlage auf der Trainerbank. Löw hatte mitten im Spiel einen gebrochenen Nagel per Feile repariert. „Das sollte nicht despektierlich sein. Aber der Nagel war eingerissen“, sagte Löw, der die Aktion nicht als Respektlosigkeit gegenüber dem Gegner verstanden wissen wollte.

Zu Beginn der neuen Spielzeit warten mit Tabellenführer Polen (4.9.) und dem Tabellendritten Schottland (7.9.) jedenfalls große Herausforderungen auf Deutschland. Polen ist noch immer ungeschlagen und verteidigte dank eines 4:0-Erfolges gegen Georgien die Tabellenführung. Das Spiel in Warschau war schon fast vorbei, als Robert Lewandowski seinen großen Auftritt hatte. Mit dem schnellsten Hattrick in der Geschichte der EM-Qualifikation (89., 90.+1, 90.+3) sorgte der Stürmer von Bayern München praktisch im Alleingang für den Sieg.

Das Prestigeduell zwischen Irland und Schottland endete vor großartiger Atmosphäre in Dublin 1:1, beide Teams haben weiter EM-Chancen.

Für den dritten Hattrick sorgte Cristiano Ronaldo. Mit seinen Treffern (29./Elfer, 55., 58.) hat der Superstar Portugal nach 0:1-Rückstand einen 3:2-Auswärtssieg in Armenien gerettet. Die Portugiesen sind damit Tabellenführer in Gruppe I und weiter auf EM-Kurs. Armenien ist mit nur einem Punkt aus fünf Spielen Letzter.

EM-Qualifikation 6. Runde

Gruppe D: Polen - Georgien 4:0 (0:0), Irland - Schottland 1:1 (1:0), Gibraltar - Deutschland 0:7 (0:1)

Gruppe F: Finnland - Ungarn 0:1 (0:0), Färöer - Griechenland 2:1 (1:0), Nordirland - Rumänien 0:0

Gruppe I: Armenien - Portugal 2:3 (1:1), Dänemark - Serbien 2:0 (1:0),

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2015)

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