Das FBI verlangt die Auslieferung der in Zürich festgenommenen sieben Fifa-Mitglieder, den Korruptionsverdächtigen drohen 20 Jahre Haft. Präsident Blatter attackiert derweil seine Kritiker.
Bern/Zürich. 100 Millionen Dollar Bestechungsgeld sollen sieben hochrangige Fifa-Funktionäre erhalten haben. Dafür hätten sie ihren mutmaßlichen Schmiergeld-zahlern – Vertretern von Medien und Sportvermarktern – bei Fußballturnieren in den USA und Lateinamerika Medien-, Vermarktungs- und Sponsoringrechte zugeschanzt. Diesen Verdacht hegen die FBI-Behörden, am 20. Mai hat die zuständige Staatsanwaltschaft für den Bezirk Ost von New York die entsprechenden Haftbefehle ausgestellt. Und weil die Straftaten offenbar in den Vereinigten Staaten abgesprochen, vorbereitet und außerdem die Zahlungen über US-Banken abgewickelt worden sind, haben die USA nun einen Auslieferungsantrag für die am 27. Mai in Zürich festgenommen Funktionäre gestellt.
Die sieben Verdächtigen sitzen in verschiedenen Gefängnissen im Kanton Zürich in Auslieferungshaft. Der Kontakt untereinander wird unterbunden. Auch die beiden Fifa-Vizepräsidenten Jeffrey Webb von den Cayman-Inseln und Eugenio Figueredo aus Uruguay, sind unter den Inhaftierten. Figueredo hatte beantragt, aus der Haft entlassen zu werden und stattdessen eine elektronische Fußfessel tragen zu dürfen. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona lehnte ab. Beim 83-Jährigen bestehe Fluchtgefahr, die Haft könne ihm trotz seines Alters zugemutet werden.
Entscheid in „wenigen Wochen“
Den Beschuldigten drohen dem US-Department of Justice zufolge wegen organisierten Verbrechens, Betrugs, Geldwäsche und Bestechung Haftstrafen von bis zu zwanzig Jahren. Da die erhobenen Vorwürfe auch in der Schweiz strafbar wären, ist eine wichtige Voraussetzung für die Auslieferung gegeben.
Aus dem Bundesamt für Justiz in Bern hieß es, die Betroffenen haben nach einer Anhörung durch die Kantonspolizei Zürich 14 Tage Zeit, um zu den Auslieferungsersuchen Stellung zu nehmen. Diese Frist kann in begründeten Fällen um 14 Tage verlängert werden. Innerhalb „einiger weniger Wochen“ soll über die Auslieferung entschieden werden. Ein solches Vorgehen kann anschließend beim Bundesstrafgericht sowie beim Bundesgericht als letzter Instanz angefochten werden. Ein Offizieller des Bundesamtes für Justiz meinte noch im Juni, der gesamte Prozess dürfte etwa ein halbes Jahr dauern. Alle sieben Beschuldigten haben angekündigt, sich zu wehren. Es gilt die Unschuldsvermutung
Gegen Fifa-Präsident Joseph Blatter wird offenbar nicht ermittelt. Wenige Tage nachdem die Polizei seine Funktionäre im Zürcher Nobelhotel Baur au Lac festgenommen hatte, wurde Blatter als Fifa-Präsident wiedergewählt. Unter dem Druck der Enthüllungen stellte er vier Tage später sein Amt zur Verfügung. Der Schweizer sagte zuletzt in einem Interview, niemand könne ihn wegen seiner Arbeit als Fifa-Chef hinter Gitter bringen. „Wer mir vorwirft, ich sei korrupt, muss es erst beweisen. Alle, die so etwas ohne Beweise behaupten, sollte man einsperren“, wird Blatter zitiert.
Sein Nachfolger soll auf einem außerordentlichen Kongress gewählt werden. Der 16. Dezember galt als möglicher Termin. Blatter meinte, noch in diesem Jahr sei eine Wahl kaum realisierbar. Er sprach sich für Anfang 2016 aus. Geht es allerdings nach der Uefa, soll der neue Fifa-Präsident heuer noch gewählt werden. Am 20. Juli wird das Fifa-Exekutivkomitee über den Termin des außerordentlichen Kongresses entscheiden.
Zweites Verfahren läuft an
Parallel zu den US-Ermittlungen hat die Schweizer Generalstaatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren rund um die umstrittenen Vergaben der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar eingeleitet. Die Ermittler stehen aber erst am Anfang: Sie werten neun Terabytes an Daten aus. Zuständig ist eine eigens eingesetzte Taskforce. Beide Verfahren laufen getrennt voneinander.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2015)