Die erheiternde Sepp-Blatter-Show

Banknotes are thrown at FIFA President Blatter as he arrives for a news conference after the Extraordinary FIFA Executive Committee Meeting at the FIFA headquarters in Zurich
Banknotes are thrown at FIFA President Blatter as he arrives for a news conference after the Extraordinary FIFA Executive Committee Meeting at the FIFA headquarters in ZurichREUTERS
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Präsident Sepp Blatter bestätigt Rückzug, die Neuwahl findet aber erst im Februar 2016 statt. Er installiert bis dahin Reformen, Integritätsprüfungen und kürzere Amtszeiten – zum Unmut Europas.

Als Sepp Blatter den Interviewraum in der Fifa-Zentrale von Zürich betritt, wartet die Weltöffentlichkeit via Internet-Livestream auf die Verkündung, wann der Weltverband seinen Nachfolger wählen wird. Ehe der Schweizer, 79, das Wort ergreifen konnte, wurde er von einem Eindringling überrascht. Ein britischer Komiker wachelte mit einem Bündel Dollarnoten, warf es in die Luft und rief laut „Korruption!“. Blatter war entsetzt: „Meine Damen und Herren. Ich sage nichts mehr. Wir müssen hier zuerst sauber machen. Denn das hat mit Fußball nichts zu tun.“

„Den Tsunami überlebt“

Wenig später sitzt Blatter doch auf dem Podium. Fragen zu Ermittlungen gegen verhaftete Fifa-Funktionäre und Verbindungen zu ihm wurden untersagt; sie kamen dennoch. Warner, Webb, Blazer etc. – alle waren Weggefährten, für Jahrzehnte, warum er nichts gegen sie und die ihnen vorgeworfenen Machenschaften wie Korruption oder Untreue getan habe? „Die Ethikkommission hat doch aufgeräumt, von einst 22 Mann sind nur noch elf dabei“, sagt Blatter trotzig. „Ich kann nicht auf alles und jeden achten. Ich habe jetzt nur noch eine Mission: die Fifa zu verteidigen, ihre Rehabilitation zu gewährleisten. Ich muss mich nicht verteidigen.“

Am 26. Februar 2016 wird der Wahlkongress „einen neuen, jüngeren Präsidenten“ wählen, sagt Blatter und muss lachen. „Ich kann nicht der neue Präsident sein, weil ich ein alter Präsident bin. Ich werde ab 27. Februar bei einem Radiosender arbeiten und meine Geschichte erzählen.“
133 von 209 Fifa-Mitgliedern haben ihn vor zwei Monaten wiedergewählt; er sei am 2. Juni nur deshalb zurückgetreten, weil der „Druck der Behörden, Politik und Medien für die Fifa zu groß geworden ist – nicht für mich!“ Blatter blickte dabei oft auf einen Bildschirm. Es hatte den Anschein, dass er vorbereitete Antworten auf zu erwartende Fragen nur vorlas.

Der Schweizer wirkte aber befreit, schien den „Tsunami“, wie er die Attacken bezeichnete, verarbeitet zu haben. „Ich habe den Ball ins Aus geschossen. Aber, ich bin immer noch da! Solange ich da bin, werde ich Ideen einbringen.“ Sehr zum Unmut seiner Gegner, die aus Europa, der Uefa, kommen, und auf einen Wahltermin im Dezember gepocht haben. So habe Blatter, fürchten Kritiker, drei Monate mehr Zeit, alle Spuren zu verwischen, die Fifa nach seinen Vorstellungen umzumodellieren und auch seinen Wunschkandidaten gezielt aufzubauen. Asien und Afrika sollen übrigens den Dezembertermin verhindert haben.

„Platini? Viel Glück!“

Die Uefa wird Michel Platini ins Rennen schicken, der Franzose soll bald seine Kandidatur bekannt geben. In der Uefa würde DFB-Chef Wolfgang Niersbach seinen Job übernehmen, munkeln deutsche Medien. Laut der Nachrichtenagentur AFP kann Platini auf die Unterstützung von vier der sechs Konföderationen zählen. Allerdings stößt dieser Plan auch auf Kritik – vor allem, weil der Franzose durch Vorwürfe der Vetternwirtschaft in Katar (Job für Sohn) belastet ist. Blatter: „Ich wünsche allen viel Glück. Auch Platini . . .“

Blatters „letzte Wünsche“ sind nicht weltfremd. Er wolle Transparenz in der Fifa sehen, eine elfköpfige Taskforce soll Reformen erarbeiten. Er verlangt Integritätskontrollen bei neuen Mitgliedern, Legislaturperioden sollen wohl verkürzt werden. Für Blatter sei es nach 40 Jahren in der Fifa wichtig, sagt er, bei diesen Prozessen noch ein letztes Mal mitzuwirken. Er könne nicht einfach aufstehen, den Hut nehmen und gehen. (fin)

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