Fifa-Skandal: Wurde die Fußball-WM 2006 gekauft?

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Millionenzahlungen aus Deutschland an die Fifa vor Vergabe der WM 2006 sorgen für Irritation. Europa stärkt Platini den Rücken – nur Englands Verband springt ab.

Berlin. In Deutschland sorgen eine Zahlung in Millionenhöhe und plötzliche Rücktrittsforderungen für Aufsehen. Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger verlangt im „Spiegel“ den kompletten Rücktritt der Fifa-Exekutive. Die Führungsspitze – zu der Zwanziger bis Mai 2015 selbst zählte –, sei „in der Hand der Staatsanwaltschaften und des FBI“. Parallel dazu wurde eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro des WM-OK 2006 an die Fifa publik – das sorgt für Irritation.

Der DFB versuchte noch zu beschwichtigen, dass diese Summe „möglicherweise nicht dem angegebenen Zweck (Kulturprogramm)entsprechend verwendet worden“ sei. Doch der Ärger war nicht mehr aufzuhalten – der Fifa-Skandal hat nun auch Deutschland erreicht.

Der „Spiegel“ berichtet, dass Franz Beckenbauer, DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und weitere Funktionäre von einer „schwarzen Kasse“ wussten. Das Geld soll ein Sponsor als Darlehen zu Verfügung gestellt haben für den Kauf der Stimmen von vier asiatischen Vertretern der 24-köpfigen Fifa-Exekutive. Deutschland bekam die WM mit 12:11-Stimmen zugesprochen. Die Fifa kommentierte den Erhalt dieser Millionen-Zahlung am Freitag nicht. Der Fall wurde an die Audit- und Compliance-Kommission weitergeleitet.

Unruhe in Fußball-Europa

Für Beobachter mutete es wie eine erwartete Einigkeit an, als Europas Fußballbosse bei ihrer Sitzung in Nyon dem für eine dubiose Millionenzahlung in der Kritik stehenden und vom Ethikkomitee dafür suspendierten Michel Platini die Treue aussprachen. In Wahrheit brodelt nicht nur beim Weltverband ein Skandal um sein Führungspersonal, auch in der Uefa.

Der suspendierte Platini musste dem Treffen fernbleiben, Antworten gaben jedoch seine Anwälte über die 1,8 Millionen Euro, die er 2011 von Sepp Blatter – just im Fifa-Wahljahr – als Honorar für Dienste aus dem Jahr 2002 erhalten haben wollte. Nach aktuellem Stand scheint es unmöglich, dass der Franzose die wartende Integritätsprüfung der Fifa überstehen und zur Wahl als Blatter-Nachfolger zugelassen wird.

Englands Fußballverband zog am Freitag die Unterstützung Platinis für diese Wahl überraschend zurück. Der Schritt erfolgte, nachdem man von den Anwälten von Platini mehr über die Hintergründe im Fall des suspendierten Uefa-Chefs in Kenntnis gesetzt worden sei. „Als Ergebnis dieser Erkenntnis hat der Vorstand beschlossen, die Unterstützung für die Kandidatur von Herrn Platini für die Fifa-Präsidentschaft zurückzuziehen bis das Gerichtsverfahren abgeschlossen und die Lage klar ist“, hieß es in einem Statement.

Sowohl Platini als auch Blatter haben gegen ihre Suspendierung Einspruch eingelegt. Die Fifa-Wahl soll weiterhin am 26. Februar 2016 in Zürich stattfinden. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2015)

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