Fifa: Die Liga der ehrenwerten Gentlemen

Attorney General Lynch announces a law enforcement action relating to FIFA
Attorney General Lynch announces a law enforcement action relating to FIFA(c) REUTERS (MIKE THEILER)
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16 weitere Klagen gegen Funktionäre aus Lateinamerika sind der nächste Schlag. Für US-Justizministerin Loretta Lynch ist das Ausmaß der Korruption „unglaublich“.

Zürich/Washington. Die US-Justiz lässt im Fifa-Skandal nicht locker. Razzien, Festnahmen, Auslieferungsanträge – die Behörden des FBI haben alle Hände voll zu tun. Denn Chefanklägerin und US-Justizministerin, Loretta Lynch, macht ernst, sie kündigte 16 neue Anklagen gegen Funktionäre an – und: Die Ermittlungen sind noch lang nicht abgeschlossen.

Nach außen hin gibt sich Lynch höflich und charmant, aber sie holt zum brachialen Rundumschlag gegen die Fifa aus. Hochrangige Funktionäre werden angeklagt, auf 236 Seiten hat ein Gericht in New York die Vorwürfe detailliert aufgelistet. „Unglaublich“ sei das Ausmaß der Korruption, poltert Lynch.

Es gab Festnahmen im Mai, jetzt wurden die Schweizer Beamten noch einmal miteinbezogen und zwei weitere Vizepräsidenten des Weltverbandes in Gewahrsam genommen. Dabei gehe es Lynch nicht um Show und Schlagzeilen: „Die Botschaft sollte jedem schuldhaften Individuum klar sein, das noch im Dunkeln bleibt, in der Hoffnung, sich unseren Untersuchungen entziehen zu können: Sie können die Sache nicht aussitzen.“

Kooperation als Last Exit

Warum die US-Justiz in diesem Fall so hart eingreift, ist für Europäer auf den ersten Blick verwunderlich. Doch jahrelange Ermittlungen gegen Funktionäre aus ganz Amerika, Konten bei US-Banken und Geschäfte auf US-Territorium mit TV- und Werberechten gaben Anlass dazu. „Wenn Kriminelle ihre korrupten Aktivitäten in unser Land, zu unseren Banken bringen, müssen sie sich an unsere Regeln halten“, so Diego Rodriguez (FBI).

Mittlerweile gibt es aus der Liste der 16 neuen Verdächtigen Namen und Reaktionen. Brasiliens Verbandschef, Marco Polo del Nero, hat nach Bekanntwerden der Ermittlungen seinen Posten vorübergehend geräumt. Manuel Burga wies die Anschuldigungen zurück. „Ich bestreite, dass ich Schmiergeld bekommen habe“, sagte der Ex-Präsident des peruanischen Verbandes. Boliviens Ex-Finanzchef Carlos Chavez will hingegen zu den Ermittlungen sofort aussagen. Er sitzt derzeit eine Gefängnisstrafe wegen Wirtschaftskriminalität ab – Straffreiheit oder Strafverkürzung bei Kooperation ist nun für viele die Last-Exit-Strategie.

Die USA fordern auch die Auslieferung des früheren Präsidenten von Honduras, Rafael Callejas. Er leitete nach der Amtszeit als Präsident den lokalen Fußballverband. Seine Konten wurden auf Wunsch der US-Justiz bereits eingefroren.

Während Insider in Kürze auch flächendeckend mit US-Anklagen für europäische Funktionäre rechnen, rückt das Urteil der Ethikkommission für Sepp Blatter und Michel Platini näher. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, findet die Anhörung Platinis durch die rechtsprechende Kammer zwischen 16. und 18. Dezember statt. Platinis Anwalt verriet das geforderte Strafmaß nach Akteneinsicht: lebenslang. (red)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2015)

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