Triple-Frust statt Weißbierdusche: Der historische Münchner Trostpreis

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Pep Guardiola verlässt den FC Bayern als Meister. Doch der vierte Titel in Folge ist wegen der verpassten europäischen Krönung nur Balsam auf die Wunde.

München/Wien. Das Lächeln kehrt schön langsam zurück beim FC Bayern. Auf dem Ingolstädter Rasen jubelten sie ohne Meisterschale und zünftige Weißbierduschen noch recht verhalten. Mit einem 2:1 beim Aufsteiger hatten die Bayern gerade den 26. Meistertitel fixiert. Es ist außerdem der vierte in Folge, ein Novum in der Bundesliga. Nach den ersten Bierchen in der Kabine steigerte sich die Laune auf der kurzen Heimfahrt mit dem Mannschaftsbus bis zur Late-Night-Party im Restaurant von Promi-Koch Alfons Schuhbeck in der Münchner Innenstadt. „Der Titel wird uns ein bisschen die Wunden schließen lassen, die es am Dienstag ohne Frage gegeben hat“, meinte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge angesichts der Nachwirkungen des verpassten Champions-League-Endspiels.

Die historische vierte Meisterschaft in Folge also ein Trostpreis für den verpassten Titel in der Champions League? Jedenfalls ist er Balsam auf die Wunde, die das bittere Aus im Halbfinale der Königsklasse gegen Atlético Madrid hinterlassen hat – auch wenn das bei den Bayern niemand so bewertet haben will. „Der Rekord war unser großes Ziel“, erklärte Kapitän Philipp Lahm.

Das große Abschiedsspiel

Pep Guardiola – es ist sein insgesamt 20. Titelgewinn als Trainer – gab drei Tage frei, Thomas Müller kündigte an, die Sau rauszulassen. Dann wird die Arbeit wieder aufgenommen für das große Abschiedsspiel von Guardiola: das Pokalfinale gegen Borussia Dortmund am 21. Mai in Berlin. Der Katalane zieht danach weiter zu Manchester City. Bayern-Boss Rummenigge will das letzte Guardiola-Jahr zwar erst nach diesem „Fifty-fifty-Spiel“ bewerten, verwies aber auf die drei deutschen Meistertitel in dessen dreijähriger Amtszeit und stellte klar: „Unser Trainer kommt manchmal zu kritisch weg in den Bewertungen.“

Unbestritten hat Guardiola die Münchner Anhänger mit großem Fußball beglückt, der distanzierte Katalane konnte aber keine Nähe zu den Fans entwickeln. Er selbst hat seinen letzten Meistertitel mit den Bayern Jupp Heynckes gewidmet. Sein Vorgänger hatte 2013 die aktuelle Bundesligadominanz mit dem einzigartigen Bayern-Triple eröffnet. Und damit Guardiola auch jene Messlatte hinterlassen, der er nun drei Jahre vergeblich hinterhergerannt ist.

Nach der fixierten Meisterschaft sprach Guardiola vom „schwierigsten Titel“. Dortmund, der beste Zweite der Bundesligageschichte, sei „ein richtiger Konkurrent“ gewesen. Der BVB ist auch die letzte Hürde für die Bayern im Pokalendspiel. Angesichts des Traumfinales ersetzt die Double-Lust in München langsam aber sicher den Triple-Frust. „Wenn wir den Pokal gewinnen, ist die Saison richtig gut“, erklärte Robert Lewandowski. Über die fehlende Krönung in der Champions League kann das Double aber nicht hinwegtrösten. „Dass das Ausscheiden Spuren hinterlassen hat, ist klar“, sagte Rummenigge. Ein historischer Meistertitel sollte sich zumindest als starkes Schmerzmittel erweisen.

Pfiffe und Applaus

Als die Bayern in Ingolstadt ihren ersten Meistertanz absolviert hatten, war Ralph Hasenhüttl mit seinem Auftritt an der Reihe. Der Steirer verneigte sich vor den Anhängern des FC Ingolstadt, im Kabinengang vergoss er Tränen. In den verdienten Applaus – Hasenhüttl hat den Oberbayern in der ersten Bundesligasaison den Klassenerhalt gesichert – mischten sich auch Pfiffe. Einige nehmen es ihm übel, dass er ausgerechnet zur Red-Bull-Filiale Leipzig wechselt. Als Trostpflaster erhält Ingolstadt 1,5 Millionen Euro Ablöse.

Ein Trio kämpft am letzten Spieltag noch gegen den Abstieg. Stuttgart, Werder Bremen, Eintracht Frankfurt – ein Klub wird Hannover in die Zweitklassigkeit begleiten, einer muss in die Relegation. Am schlechtesten sieht es für Stuttgart aus, auch ein Remis am Wochenende gegen Wolfsburg wäre für Harnik und Co. zu wenig. Bremen und Frankfurt liefern sich ein direktes Abstiegsduell. (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2016)

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