Eden Hazard: Der Spielmacher der Roten Teufel

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Dieses Team ist längst kein Geheimfavorit mehr, angeführt wird der Titelanwärter von Chelsea-Star Eden Hazard. Der jüngste Kapitän dieser EM hat seine schwierigste Saison hinter sich.

Le Pian-Médoc/Wien. Der jüngste Kapitän der EM führt nicht irgendeine Mannschaft auf das Feld, sondern einen Titelfavoriten. Weil sich Vincent Kompany mit Manchester City im Champions-League-Halbfinale verletzt hat und für die EM ausfällt, trägt nun Eden Hazard, 25, die belgische Kapitänsbinde. Aber der Chelsea-Star ist ohnehin der wahre Anführer der goldenen Generation Belgiens, er steht beispielhaft für die Fußball-Renaissance seiner Heimat.

Zuletzt hatte sich Belgien 1984 sportlich für eine EM qualifiziert, Hazard und Co. haben nun diese Durststrecke überwunden und die Roten Teufel zwischenzeitlich sogar auf Rang eins der Fifa-Weltrangliste geführt. Der Blick auf die Arbeitgeber der aktuellen Nationalspieler offenbart die elitärsten Adressen: Manchester United, Liverpool, Tottenham, AS Roma, Barcelona oder Atlético Madrid finden sich auf der Liste.

Lieber Burger statt Teamgeist

Hazard steht bei Chelsea unter Vertrag. Wie in London ist er auch im Team der offensive Schlüsselspieler, rechtzeitig zur EM hat er zudem wieder zur Topform gefunden. Bei der Generalprobe gegen Norwegen (3:2) lag Belgien 20 Minuten vor Spielende mit 1:2 zurück, Hazard trieb sein Team nach vorne, dribbelte, flankte, spielte 47 Pässe. Ein Doppelschlag von ihm und Laurent Ciman verhinderte am Ende die Enttäuschung.

Dabei hat der 1,73-Meter-Mann in dieser Saison wenig gespielt, es war die bisher schwierigste seiner Karriere. „Fünf oder sechs Jahre lang war ich immer in Topform, das war die erste Saison, in der es komplizierter war“, erklärte er. Erst zwangen ihn Hüftprobleme zu pausieren, dann fand er sich mittendrin in Chelseas beispielhaftem Absturz unter José Mourinho. Er habe stets nur Höhen gekannt, nun sollte es eben anders sein, meinte Hazard. Er lernte Demut, im Saisonfinish meldete er sich mit Toren gegen Tottenham und Liverpool aber eindrucksvoll zurück.

Dass Teamchef Marc Wilmots, 47, den Linksaußen zum Kapitän ernannt hat, ist auch ein Zugeständnis an die belgischen Erfolgsgaranten. Nicht die Stürmer waren es, die das Team nach Frankreich geschossen haben. Mühelos marschierten die Roten Teufel durch die verhältnismäßig leichte Gruppe mit Wales, Bosnien, Israel, Zypern und Andorra. Dennoch hat kein Mittelstürmer mehr als ein Tor erzielt – der hochgelobte Romelu Lukaku (18 Premier-League-Tore für Everton) traf überhaupt nicht.

Das Team ist der Star

Mit je fünf Toren waren Hazard – er ist erster Elferschütze – und Kevin De Bruyne (Manchester City) die besten Schützen. Beide sind großartige Individualisten, kreativ, torgefährlich. Die EM wird zeigen, ob sie sich auch den Bedürfnissen eines Teams unterordnen können. „Die Mannschaft ist aber der Star“, stellt jedenfalls Wilmots klar.

Über Hazard sagt Wilmots: „Sein Spiel spricht für ihn. Das ist seine Art, das Team zu führen.“ Und: „Er wird Verantwortung übernehmen müssen.“ Mourinho hat ihm diese Fähigkeit bei Chelsea abgesprochen, er sei kein Spieler, der sich für andere aufopfere, meinte der Portugiese. Auch mit Wilmots' Vorgänger Georges Leekens fand Hazard kein Einvernehmen. Leekens hatte ihn sogar aus dem Kader geschmissen, weil Hazard nach der Auswechslung bei einem Qualifikationsspiel 2011 vor dem Stadion beim Burgeressen gefilmt worden war. Das Spiel lief aber noch.

Mit der Freiheit, die ihm Wilmots zugesteht, will Hazard die Erwartungen erfüllen. Wurde die Belgier bei der WM 2014 noch als Geheimfavorit gehandelt und von Argentinien im Viertelfinale nach Hause geschickt, gehören sie mittlerweile zu den tatsächlichen Titelanwärtern. Für DFB-Teamchef Joachim Löw zählt Belgien gar „zu den absoluten Favoriten“.

Auftakt gegen Chelsea-Trainer

Zum Auftakt trifft die Auswahl von Wilmots auf Italien. Dort hat Antonio Conte das Kommando, er ist auch Hazards künftiger Coach bei Chelsea. Einen Wechsel zu Paris St. Germain hat Hazard bereits dementiert. „Ich habe einen Vertrag bis 2020“, meinte der belgische Kapitän, „ich fühle mich wohl und möchte nicht nach so einer Saison gehen.“ In Frankreich könnte sie ein fulminantes Ende nehmen, der Kapitän ist bekanntlich der Erste an der Trophäe.

Belgien: Courtois; Ciman, Alderweireld, Vertonghen, J. Lukaku; Witsel, Nainggolan ; de Bruyne, Hazard, Mertens; R. Lukaku.
Italien:
Buffon; Barzagli, Bonucci, Chiellini; Candreva, Parolo; de Rossi, Giaccherini, El Shaarawy; Eder, Pelle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2016)

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