Fußball: Von Höhenflügen und tiefen Abstürzen

Was ist Englands Champion Leicester City diese Saison zu leisten imstande?
Was ist Englands Champion Leicester City diese Saison zu leisten imstande?(c) REUTERS (Darren Staples)
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Noch nie hat ein Überraschungsmeister seinen großen Coup in der Folgesaison wiederholen können. An diesem ungeschriebenen Gesetz dürfte wohl auch Englands amtierender Titelträger Leicester City nichts ändern.

Leicester/Wien. Die Geschichte ging um die Welt. Leicester City, der Klub, der in der Saison zuvor beinahe abgestiegen wäre, dessen Titelquote 1:5000 betrug, krönte sich Anfang Mai sensationell zum Premier-League-Champion. Ein Märchen, wie es nur selten geschrieben und dessen Nachahmung immer komplizierter wird, weil die Schere zwischen finanziell arg unterlegenen Außenseitern und millionenschweren Topklubs immer weiter auseinandergeht.

In Leicester geben sich nur die kühnste Fans Träumereien hin. Der Überraschungseffekt ist verflogen, der Titel wohl ein einmaliges Erlebnis für die unerschrockenen Foxes. Die Konkurrenz hat in der Sommerpause naturgemäß aufgerüstet, allen voran die beiden Großklubs aus Manchester. Und nach den ersten fünf Spieltagen deutet sich auch keine Wiederholung des großen Coups an. Leicester belegt mit sieben Punkten Rang elf in der Tabelle, der Rückstand auf das bislang makellose Manchester City beträgt bereits acht Zähler. Zudem muss der amtierende Meister raschestmöglich lernen, mit der für das Gros der Spieler ungewohnten Doppelbelastung umzugehen. Immerhin ist der Auftakt in die Champions League (3:0 beim FC Brügge) geglückt.

Doch was entspricht in dieser Premier-League-Saison einer realistische Zielsetzung für Leicester City? Wie haben andere Sensationsteams nach dem Gewinn der Meisterschaft national reüssiert?

Das jüngste prominentere Beispiel ist Montpellier HSC. Für die Südfranzosen schlug 2012 die große Stunde, als sie erstmals in ihrer Vereinsgeschichte die Ligue 1 gewinnen konnten. In der darauffolgenden Saison folgte der tiefe Fall, Montpellier fand sich nur noch auf Platz neun wieder. Auch in der Champions League konnte man mit zwei Punkten aus sechs Spielen die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Unvergessen bleibt die Geschichte des 1. FC Kaiserslautern unter Otto Rehhagel 1998. Als Aufsteiger krönten sich die Roten Teufel zum Meister, ein Novum in der deutschen Bundesliga. In der nächsten Spielzeit belegte das Team rund um Olaf Marschall und Michael Ballack den fünften Platz und drang in der Königsklasse bis ins Viertelfinale vor.

Kenner des spanischen Fußballs erinnern sich an das Meisterstück von Deportivo La Coruña im Jahr 2000. Die Galizier, bei denen Roy Makaay stürmte, düpierten die Konkurrenz aus Barcelona, Madrid und Valencia und spielten in der Primera Division auch 2001 als Vizemeister noch eine sehr gute Rolle. Es gibt aber auch negative Extrembeispiele. So stiegen etwa die Titelträger Manchester City (1937), 1. FC Nürnberg (1986) und IFK Göteborg (1969) prompt in die zweite Klasse ab. Nur wiederholt hat das Meisterstück noch niemand. (cg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2016)

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