Real Madrid ist dank eines Triplepacks von Cristiano Ronaldo auf Finalkurs, die historische Titelverteidigung ist unter Erfolgscoach Zinedine Zidane so nah wie nie zuvor.
Madrid. Wer soll Real Madrid in dieser Form stoppen? Die Mannschaft des überragenden Dreifach-Torschützen Cristiano Ronaldo kann nach dem 3:0 gegen den Stadtrivalen Atlético getrost fürs Champions-League-Finale planen. Im Rückspiel am 10. Mai braucht die Mannschaft von Trainer Diego Simeone ein mittleres Fußballwunder, um die Königlichen auf dem Weg ins Endspiel und in Richtung historischer Titelverteidigung noch zu überraschen.
Vor 77.609 Zuschauern im Estadio Santiago Bernabéu traf Ronaldo für Spaniens Rekordmeister in der 10., 73. und 86. Minute. Damit machte der mittlerweile 32-jährige Portugiese seinen bereits siebenten Dreierpack in der Königsklasse (den insgesamt 42. für Real) perfekt.
•Der Held. 399 oder 400? Dass Ronaldo mit drei Toren der Mann des Abends war, ist unbestritten. Offen blieb aber, ob der Weltfußballer zugleich eine historische Tor-Bestmarke in der ruhmreichen Madrider Vereinsgeschichte erreicht hat. Real gratulierte seinem Superstar nach dem Sieg zum 400. Tor, in den Statistikbüchern wird Ronaldo aber noch mit 399 Treffern geführt. Hintergrund ist ein Spiel vor sieben Jahren gegen Real Sociedad San Sebastián: Nach einem Freistoß von Ronaldo wurde der Treffer dem Verteidiger Pepe gutgeschrieben. Real und auch Pepe selbst sprachen aber Ronaldo das Tor zu.
Wie auch immer – Ronaldo trifft und trifft und trifft. Gegen die Bayern im Viertelfinale fünfmal, jetzt dreimal im Halbfinal-Hinspiel gegen Atlético. Es waren seine Tore 101, 102 und 103 in der Champions League – Atlético kommt in der Königsklasse insgesamt auf bisher 100 Treffer. „Ich muss die Mannschaft beglückwünschen, sie hat überragend gespielt – ich musste dann nur noch die drei Tore machen“, meinte er bescheiden und warnte zugleich: „Wir sind noch nicht am Ziel, wir müssen konzentriert bleiben.“
•Der Erfolgstrainer. „Ronaldo ist einzigartig!“ Mehr musste Zinedine Zidane an diesem Abend im Bernabéu eigentlich gar nicht sagen. Doch der Trainer von Real Madrid vergaß nach dem 3:0 gegen Atlético auch die Mitspieler des überragenden Ronaldo nicht. „Die ganze Mannschaft hat hier einen tollen Auftritt gehabt. Wir waren von Anfang an extrem stark“, erklärte der Franzose, der gleich in seinem ersten Jahr (2016) die Champions League gewann. In dieser Saison könnte der 44-Jährige die Königlichen zur 33. Meisterschaft und zum erneuten Triumph in der Champions League führen.Es wäre das erste Mal seit 1958, dass Real den wichtigsten internationalen und nationalen Titel im selben Jahr gewinnt.
•Der Taktgeber. Toni Kroos musste lachen. Metronom? Taktgeber? Regisseur? „In spanischen Medien haben sie da über mich schon viel erfunden – der Kellner zum Beispiel, weil ich ja oft serviere“, erzählte der deutsche Weltmeister in Diensten von Real Madrid. Kroos hatte die meisten Ballkontakte aller Spieler (123), zog im Mittelfeld als Antreiber und Passgeber die Fäden. „Ich denke, dass wir heute vom Trainer einen guten Plan mitbekommen, relativ schlau gespielt haben und nichts zugelassen haben“, sagte der 27-Jährige. „Jeder weiß, dass ein Auswärtstor noch einmal sehr unangenehm sein kann.“
•Die Verlierer. Gegen Real kann Atlético im Europacup einfach nicht gewinnen. Es braucht schon eine historische Leistung, um noch zum dritten Mal in den vergangenen vier Jahren ins Champions-League-Endspiel einzuziehen. Denn noch nie hat ein Team nach einen Zwei-Tore-Rückstand aus dem Hinspiel im Halbfinal-Rückspiel noch den Aufstieg geschafft.
Nach der Machtdemonstration von Ronaldo und Co. droht also erneut gegen den Stadtrivalen das Aus. 2014 und 2016 musste sich die Mannschaft von Simeone („Wir wollen das Unmögliche schaffen“) in ganz engen Endspielen geschlagen geben, 2015 scheiterte Atlético im Viertelfinale. Noch nie konnte der zehnmalige spanische Meister die Champions League gewinnen. Und nur ein einziges Mal überhaupt gegen Real im Europapokal: Am 7. Mai 1959 siegte Atlético im Halbfinale 1:0, verlor dann aber das notwendige Entscheidungsspiel 1:2 – und wieder stand Real im Finale. (red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2017)