Huddersfield Town: Geldsegen für einen Revolutionär

Huddersfield Town im Hoch: der Fußballklub kehrt nach 45 Jahren wieder in die Premier League zurück.
Huddersfield Town im Hoch: der Fußballklub kehrt nach 45 Jahren wieder in die Premier League zurück. (c) REUTERS (John Sibley)
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Zahltag bei Huddersfield Town: Nach 45 Jahren spielt der Klub wieder in der Premier League. Auf Erfolgscoach David Wagner wartet ein besonderes Wiedersehen an der Anfield Road.

London. Wie schießt man einen Elfmeter, der 170 Millionen Pfund (195 Mio. €) Wert ist? Christopher Schindler hat sich für die Sicherheitsvariante entschieden: Keine Tricks beim Anlauf, keine Experimente. Der Verteidiger knallte den Ball aus vollem Lauf flach in die linke untere Ecke, der Tormann hatte den Schuss zwar erahnt – war aber chancenlos.

Schindler sicherte Huddersfield Town den 4:3-Sieg im Finale des Championship-Playoffs gegen FC Reading und damit den Aufstieg in die Premier League – und seinem Klub, der mit einem Budget von 14 Millionen Pfund in der zweiten englischen Liga eigentlich im Tabellenkeller landen müsste, Mehreinnahmen von 170 Millionen Pfund, vor allem aus TV-Verträgen. Nicht umsonst nannten englische Medien die Partie im Wembley vor 76.682 Zuschauern „the richest game in football“.

Der Architekt des Erfolgs

In diesem Aufstiegs-Krimi die Ruhe bewahrt hat Huddersfield-Coach David Wagner. „Es ist doch das Einfachste, den Ball aus elf Metern ins Netz zu schießen“, scherzte der Trainer. Seinen Spielern habe er gesagt: „Wir haben zehn Monate gearbeitet und jetzt habt ihr die Chance, in die Premier League zu kommen, in dem ihr den Ball aus elf Metern reinschießt. Das ist doch eine leichte Aufgabe.“ Der Deutsch-Amerikaner ist der erste ausländische Trainer, der ein Championship-Playoff gewinnt, es ist der größte Erfolg in seiner bisherigen Karriere.

Wagner ist 45 Jahre alt, genau so lange musste Huddersfield auf die Rückkehr ins Oberhaus warten. Seit der Trainer im Herbst 2015 in die 160.000-Einwohner-Stadt an den Pennines gekommen war, hat er vieles verändert. Nun ist die „Wagner-Revolution“, von der in Huddersfield schon während der Saison gesprochen wurde und die auch auf T-Shirts vermarktet wird, perfekt. „Ich muss der Marketing-Abteilung, die sich das ausgedacht hat, ein Kompliment machen“, räumte Wagner ein. Den Begriff aber findet er unpassend, was geschehen ist, sei vielmehr ein „Märchen“. Erst 2012 waren die Terriers in die zweite Liga aufgestiegen. Und dort hatte der englische Meister von 1924, 1925 und 1926 in dieser Saison das fünftniedrigste Budget zur Verfügung.

Mit dem Geldsegen der Premier League eröffnen sich nun auch auf dem Transfermarkt völlig neue Möglichkeiten. Bald werden zudem die Großklubs aus London und Manchester im Kirklees Stadium auflaufen. Ein besonderes Wiedersehen wird es in Anfield geben. Wagner und Liverpool-Coach Jürgen Klopp, 49, waren zu Profizeiten Zimmerkollegen in Mainz, Wagner ist Klopps Trauzeuge, Klopp wiederum Taufpate einer von Wagners Töchtern.

Gelernt hat Premier-League-Neuling Wagner das Trainerhandwerk zwar als Jugendcoach in Hoffenheim unter Ralf Rangnick, als Klopp aber mit Borussia Dortmund Erfolge feierte, betreute er die zweite Mannschaft des BVB. Vor wenigen Tagen heuerte auch noch der Dortmunder U23-Coach Daniel Farke, 40, beim englischen Zweitligisten Norwich City an, er ist damit der dritte BVB-Trainer, der in den vergangenen zwei Jahren auf die Insel gewechselt ist.

Auch an der Seitenlinie ähneln sich Wagner und Klopp. Sie gestikulieren, sind emotional und jubeln, beide gelten als Motivationskünstler. „Ich habe meinen Spielern vor dem Playoff gesagt, dass sie Helden sind. Und hier hab ich ihnen gesagt, dass sie die Möglichkeit haben, Legenden zu werden“, erzählte Wagner im Wembley. Zuvor hatte er sich noch Tipps von Klopp geholt. „Wir haben telefoniert.“ Welchen Rat er erhielt, wollte er nicht verraten.

Freudentränen im Wembley

Dass Wagner nun englische Fußballgeschichte geschrieben hat, ist Dean Hoyle zu verdanken. Der Huddersfield-Boss hatte den Erfolgscoach im November 2015 verpflichtet. 19 Monate später, nach dem entscheidenden Elfmeter von Christopher Schindler, schlug Hoyle die Hände vors Gesicht und sackte auf seinem Tribünenplatz im Wembley zusammen. „Ich bin seit 1979 Fan dieses Klubs. Das ist ein Traum, der wahr wird. Wir sind jetzt auf der großen Bühne.“ (joe)

Huddersfield Town schaffte nach 45 Jahren den Wiederaufstieg in die Premier League. Die „Terriers“ siegten im Play-off-Finale der zweiten Liga gegen Reading mit 4:3 nach Elfmeterschießen.

Direktaufsteiger sind Newcastle sowie Brighton & Hove Albion. Absteiger: Sunderland, Middlesbrough, Hull City.

Arsène Wenger bleibt laut englischen Medienberichten weiter Arsenal-Coach. Der 67-Jährige bestreitet seine 21. Saison für die Gunners, nach dem Gewinn des FA-Cups ist sein Vertrag nun um zwei Jahre verlängert worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2017)

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Die "Terriers" siegten am Montag im Play-off-Finale der zweiten englischen Fußball-Liga gegen Reading mit 4:3.

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