Die Familie Guardiola und ihr katalanischer Emporkömmling

Rückkehr in die Heimat? Noch treibt Pep Guardiola Manchester City an.
Rückkehr in die Heimat? Noch treibt Pep Guardiola Manchester City an.(c) APA/AFP/OLI SCARFF
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Der FC Girona hat einen beachtlichen Aufstieg hinter sich, auch, weil im Hintergrund Manchester City die Fäden zieht. Nun war Barcelona zum Derby zu Gast. Video.

Girona/Wien. Während sich in Katalonien der Konflikt um das Unabhängigkeits-Referendum verschärft, ging am Wochenende das katalanische Fußballderby über die Bühne. Noch waren die Kräfteverhältnisse klar verteilt, der große FC Barcelona, seit jeher Identitätsstifter der Region, gastierte beim Provinzklub FC Girona und gewann standesgemäß 3:0. Lionel Messi (bisher neun Tore in sechs Saisonspielen) traf ausnahmsweise nicht, Girona hatte sich mit zwei Eigentoren ohnehin selbst geschlagen. Doch der Tabellen-16. aus der 100.000-Einwohner-Stadt hat einen beachtlichen Aufstieg hingelegt, spielt heuer erstmals in der 87-jährigen Vereinsgeschichte in der Primera División und hat dank neuer prominenter Eigentümer auch eine möglicherweise große Zukunft vor sich.

Einer der neuen Besitzer ist Barcelonas ehemaliger Spieler und Erfolgstrainer Pep Guardiola. Der 46-Jährige ist ein glühender Verfechter der katalanischen Unabhängigkeit, seine Erfolgsära als Barça-Coach (2008−2012), als der Verein den europäischen Klubfußball dominierte, fiel wohl nicht ganz zufällig mit einer Hochphase des katalanischen Separatismus zusammen. Inzwischen aber trainiert er nach drei Jahren bei Bayern München den Premier-League-Klub Manchester City, wo sein Ballbesitzfußball gerade die volle Durchschlagskraft entfaltet (Tabellenführer, 21:2 Tore in sechs Partien).

Das nächste Farmteam

Gemeinsam mit der City Football Group, Eigentümer von Manchester City, hält Guardiola seit diesem Sommer 44,3 Prozent an der Girona Football Group, die wiederum als Eigentümer des FC Girona fungiert. An der Spitze der Gruppe steht Guardiolas jüngerer Bruder Pere Guardiola. Er berät Starspieler wie Andrés Iniesta oder Luis Suárez und investierte schon im Frühjahr 2015 in den FC Girona, als dem Klub die Insolvenz drohte. Der Rest des Vereins gehört einer Fanvereinigung.

Girona ist nun bereits der sechste Fußballklub im Portfolio der von Scheich Mansour bin Zayed al-Nahyan aus Abu Dhabi gesteuerten City Football Group nach Manchester City, New York City FC, Melbourne City, Yokohama F. Marinos und Club Atlético Torque (URU). Partnerschaften bestehen außerdem mit Atletico Venezuela und NAC Breda (NED), derzeit sieht man sich in China um. Noch ist Girona also ein Farmteam von Manchester City, aber es gab bereits das Gerücht, Pep Guardiola könnte dort einmal auf der Trainerbank sitzen.

Dieses Konstrukt (die Uefa hat sich noch nicht sonderlich dafür interessiert) erklärt auch, wieso Larry Kayode, Torschützenkönig der österreichischen Bundesliga, in Girona gelandet ist, nachdem ihn Manchester City von der Wiener Austria verpflichtet hatte. Mit Pablo Maffeo, Aleix García, Marlos Moreno und Brasiliens Nachwuchshoffnung Douglas Luiz sind vier weitere City-Spieler an Girona verliehen. In einem Freundschaftsspiel im August hat das Team den großen Bruder Manchester City in Katalonien bereits 1:0 besiegt.

Stolze Katalanen

Wie die Barça-Profis Xavi, Iniesta, Puyol, Piqué oder Óscar García hat Gironas Präsident Delfí Geli, 48, einst für die inoffizielle katalanische Nationalmannschaft gespielt. Auch Girona-Spieler wie Gerard López, derzeit Trainer von Barcelonas zweiter Mannschaft, liefen schon für Katalonien auf, im Vereinswappen und auf Girona-Trikots finden sich die katalanischen Farben.

Doch das erst kürzlich auf 13.283 Plätze aufgestockte Estadi Montilivi ist noch alles andere als ein Nationalheiligtum wie das Camp Nou in Barcelona (99.000), das Budget des Aufsteigers liegt noch unter 50 Millionen Euro. Auch was im Fall einer Unabhängigkeit Kataloniens mit den drei Erstligaklubs der Region (Barcelona, Girona und das royalistisch-zentristische Espanyol Barcelona) passiert, ist völlig unklar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2017)

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