Champions League: Die Heimkehr des Wunderknaben

Einst Revierfußballer, nun Weltstar: der streitbare Leroy Sané.
Einst Revierfußballer, nun Weltstar: der streitbare Leroy Sané.(c) Action Images via Reuters (CARL RECINE)
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Der Jung- und der Altstar im Rampenlicht: Während bei Manchester City am Mittwochabend alle Augen auf Leroy Sané gerichtet sind, sorgt Cristiano Ronaldos Rückkehr für Angst und Schrecken im Lager von Atlético Madrid.

Gelsenkirchen. Was Joachim Löw noch Kopfzerbrechen bereitet, hat Pep Guardiola längst fertiggebracht. Der Starcoach von Manchester City hat den als selbstverliebt und schwierigen Charakter geltenden Leroy Sané zu einem Leistungsträger seiner Mannschaft geformt. 118 Pflichtspiele bestritt der 23-jährige Deutsche mittlerweile für City, er erzielte dabei 35 Tore und bereitete 41 vor. Im Vorjahr wurde er zum besten Jungprofi der Premier League gewählt. Umso erstaunlicher, dass Löw den Flügelstürmer im Sommer nicht mit zur WM nach Russland nahm, die Rechnung dafür bekam der deutsche Nationaltrainer aber bekanntlich präsentiert. Ohne den antrittsschnellen Sané agierte Deutschland statisch und berechenbar – und scheiterte als Gruppenletzter in der Vorrunde.

Am Mittwoch kehrt Sané dorthin zurück, wo alles begann. Mit dem englischen Meister gastiert er im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League bei seinem Exklub Schalke (21 Uhr, live, DAZN). Sanés Elternhaus steht nur einen Steinwurf vom Stadion entfernt.

Mutter Regina Weber-Sané ist mit 32 Meistertiteln und Olympia-Bronze (1984) die bisher erfolgreichste deutsche Sportgymnastin, Vater Souleymane Sané war Bundesligaprofi in Deutschland, später beim FC Tirol unter Trainer Hans Krankl österreichischer Torschützenkönig (1994/95). Detail am Rande: In den 1980er-Jahren stürmte der Nationalspieler aus dem Senegal beim deutschen Zweitligisten Freiburg an der Seite eines gewissen Joachim Löw. Heute ist Sané senior Manager seiner drei Fußballersöhne: Kim Sané, 1995 in Innsbruck geboren, hat seine Unterhauskarriere bereits beendet, dem 15-jährigen Schalke-Nachwuchsstürmer, Sidi Sané, bescheinigen sie aber noch größeres Talent als Leroy.

Sämtliche Interviewanfragen zu seiner Heimkehr ins Ruhrgebiet hat der Manchester-City-Star abgelehnt. Dennoch heißt es in der alten Heimat, Sané habe immer noch mehr Gelsenkirchener Stallgeruch als das komplette Team des FC Schalke, in dem kein einziger Revierfußballer mehr steht.

Der Wechsel im Sommer 2016 zum Scheichklub, bei dem Schalke 50 Mio. Euro kassierte, hat dem Jungprofi aber nicht nur gutgetan. Sané galt als abgehoben und kritikresistent, den kometenhaften Aufstieg schien er nur schwer zu verkraften. Schon in Gelsenkirchen hatte er zwei Luxussportwagen geschrottet, nicht immer benahm er sich, wie es von einem Profi erwartet wird – letztlich auch der Grund, wieso Löw im DFB-Team lange auf ihn verzichtete.

Guardiola hingegen wollte ihn unbedingt haben. In Manchester nahm er ihn dann einmal etwas schärfer in die Pflicht, und schon startete Sané durch. Der Edeltechniker war einer der Schlüsselspieler bei Citys Rekordsaison 2017/18, auch in der laufenden Spielzeit liefert er: acht Tore und zehn Vorlagen in 23 Premier-League-Partien, und das, obwohl er nicht immer über 90 Minuten spielt.

An Selbstbewusstsein mangelt es Sané angesichts dieser Zahlen nicht. Seinen Rücken ziert ein riesiges Tattoo von sich selbst. Das Motiv: sein Torjubel bei seinem ersten Champions-League-Treffer 2017 gegen AS Monaco. So viel Selbstverliebtheit sorgte für Kopfschütteln in England, auch das Motiv wurde ihm übel genommen, schließlich verlor City das Rückspiel gegen Monaco 1:3 und schied aus der Champions League aus.
Gegen Schalke ist das unwahrscheinlich. Beim Tabellen-14. der Bundesliga kriselt es, City hingegen hat noch in allen Bewerben allerbeste Titelchancen. (joe)

„Menschenfresser“ Ronaldo ist zurück

Madrid. Bei seiner ersten beruflichen Rückkehr nach Madrid trifft Cristiano Ronaldo mit Juventus Turin auf einen Lieblingsgegner. Gegen Champions-League-Achtelfinal-Kontrahenten Atlético Madrid traf der fünffache Weltfußballer im Trikot von Real Madrid in 31 Spielen von 2010 bis 2018 nicht weniger als 22 Mal. Nur gegen FC Sevilla (27) und Getafe (23) war er noch öfter erfolgreich. Beim Hinspiel am Mittwoch im Estadio Metropolitano kann der 34-Jährige seine Atlético-Bilanz weiter verbessern (21 Uhr, live, Sky).

Viele Juventus-Fans reiben sich angesichts dieser Statistik bereits die Hände. „Gegen Atlético ist es sein Derby“, schrieb „La Repubblica“. „Bei Atlético sind sie unruhig, weil Ronaldo ihr Angstgegner ist.“ Das Madrider Sportblatt „Marca“ meinte, dass der Portugiese für Atlético eine Art Oger, ein menschenfressendes Ungeheuer sei. „Und der ist nun zurück.“

Ronaldo dürfte jedenfalls besonders motiviert sein. Er wolle Real-Boss Florentino Pérez „unter die Nase reiben“, dass es ein Fehler war, ihn im Sommer ziehen zu lassen, glaubt „Marca“ zu wissen. Der Portugiese wolle deshalb in Madrid besonders glänzen und dann mit Juve nach den Titeln mit Manchester United (1) und Madrid (4) seinen sechsten Triumph in der Königsklasse folgen lassen. Er würde damit mit dem spanischen Rekordhalter „Paco“ Gento gleichziehen und – auch und vor allem – Real entthronen.

Die Sehnsucht der alten Dame

Juventus lechzt nach sieben verlorenen Champions-League-Endspielen ohnehin nach dem wichtigsten Titel im Vereinsfußball. Zuletzt triumphierte die „alte Dame“ 1996. Mit Ronaldo ist man sich in Turin sicher, das so lang Ersehnte endlich zu schaffen – obwohl der Mann aus Madeira in der Champions League erst ein Tor für Juve geschossen hat.

Zu Hause dominiert das Team von Massimiliano Allegri die Liga seit Jahren. In der Serie A liegen sie 13 Punkte vor Verfolger Napoli. Kaum jemand zweifelt am achten Titel in Folge. Juve hat bisher noch keine Liga-Partie verloren und nur dreimal Remis gespielt. Die Turiner sind zwar aus dem Pokal geflogen, aus einem Triple wird also nichts, Ziel Nummer eins ist aber die Königsklasse.

Wie Ronaldo ist auch Atlético besonders motiviert. Das Finale findet am 1. Juni im Metropolitano in Madrid statt, seit 2017 die neue Heimstätte der Mannschaft von Trainer Diego Simeone. „Das ist ein extra Anreiz, wir werden alles geben“, versprach Stürmerstar Antoine Griezmann. Nach drei Finalpleiten (davon zwei gegen Ronaldos Real) will man den 7,5 kg schweren Pokal erstmals in die Klubvitrine stellen. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2019)

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