Die Wiener Austria ist beim 0:3 gegen Gruppenfavorit Atletico Madrid erstmals in dieser Champions-League-Saison chancenlos.
45.675 Fans hatten sich Dienstagabend im Ernst-Happel-Stadion eingefunden. Eine stolze Zahl – die beiden gefälligen ersten Auftritte der Wiener Austria in der Champions League gegen Porto (0:1) und Zenit St. Petersburg (0:0) hatten den Kartenverkauf für das Heimspiel gegen Atletico Madrid doch kräftig angekurbelt. Und wer in der Königsklasse gegen Topklubs aus Portugal und Russland nicht wie von vielen angenommen und befürchtet böse unter die Räder kommt, dem wird selbst gegen die aktuelle Mannschaft der Stunde aus Spanien etwas zugetraut.
Atletico ist in der Primera Division nach neun Spieltagen der erste Verfolger des großen FC Barcelona, bis zum 0:1 gegen Espanyol am vergangenen Wochenende trug das Team des Argentiniers Diego Simeone sogar eine weiße Weste. „Wir spielen gegen den Gruppenfavoriten, gegen eine unglaubliche Mannschaft“, hatte Austria-Trainer Nenad Bjelica vor dem Anpiff ein wenig ehrfürchtig gemeint, wohl wissend, was seine Elf auf dem Rasen erwarten würde.
Spanische Qualitätsarbeit
Atleticos Fußballer outeten sich als edle Techniker, das besondere Gespür für das Spielgerät wurde bald für jeden im Stadion augenscheinlich. Die Angriffe der Iberer wurden mit einem Tempo vorgetragen, dem sich die Austria in den zwei Champions-League-Spielen zuvor noch nicht ausgesetzt sah. Und anders als gegen Porto und St. Petersburg starteten die Wiener nicht gut in die Begegnung. Das frühe 0:1 durch Raúl Garcia in der achten Minute verlieh den Gästen Selbstsicherheit, Violett hingegen wirkte geschockt, im Spielaufbau nahezu gelähmt.
Die Spanier kontrollierten das Geschehen scheinbar mühelos, das 2:0 durch Stürmerstar Diego Costa (20.) ließ vorübergehend auch die lautstarken Austria-Fans verstummen. Doch als Österreichs Meister nach über einer halben Stunde Zugriff auf das Spiel fand, war auch das Publikum rasch wieder präsent. Hosiners Lattenschuss nach Volley-Übernahme einer Mader-Flanke (37.) ließ Hoffnung aufkommen, das Duell könnte in Halbzeit zwei noch Spannungsmomente aufbieten. Dass Bjelica bald darauf das Spiel nur noch von der Tribüne verfolgte, war einer verbalen Auseinandersetzung mit dem italienischen Schiedsrichter Orsato geschuldet. Der Kroate hatte vergeblich auf einen Elfmeterpiff nach Attacke an Kienast gewartet (38.).
Auch in der zweiten Halbzeit blieb die Austria engagiert, in das Tor trafen jedoch weiterhin nur die Spanier. Auch das 3:0 erzielte Costa – es war erneut eine Ko-Produktion mangelnder Wiener Defensivarbeit und Madrider Offensivqualität. Im Parallelspiel der Gruppe G gewann Zenit in Porto 1:0, ein violetter Dämpfer im Kampf um Platz drei.
Doch die Austria muss den Blick in die Zukunft nicht fürchten. In der neu geschaffen Uefa-Youth-League, der Champions League der U19-Teams, sind die jungen Veilchen auch nach dem dritten Spieltag noch ungeschlagen. Nach zwei Siegen gegen Porto und Zenit St. Petersburg musste die Mannschaft von Trainer Herbert Garger gegen die Altersgenossen von Atletico Madrid erst in der Nachspielzeit in Unterzahl den 3:3-Ausgleich hinnehmen. Das Remis ist umso höher einzuschätzen, weil die Wiener gleich fünf Spieler für die U17-WM abgestellt haben.
Ralf Muhr, Leiter der Austria-Nachwuchsakademie, zeigte sich von den bisherigen Leistungen positiv überrascht. „Wir sind mit Teams aus Portugal und Spanien technisch auf Augenhöhe.“
Austria: Lindner - Suttner, Ortlechner, Rogulj, Dilaver - Jun (75. Spiridonovic), Mader, Holland, Stankovic (14. Kienast), Royer (85. Leovac) - Hosiner.
Atletico: Courtois - Filipe Luis (46. Insua), Alderweireld, Miranda, Juanfran - Koke, Gabi, Raúl Garcia (81. A. Lopez), Tiago, Arda Turan - Diego Costa (60. Rodriguez).
Champions-League-Ergebnisse
Gruppe G: Austria - Atletico Madrid 0:3, Porto - Zenit St. Petersburg 0:1.
Tabelle: Atletico (9), Zenit (4), Porto (3), Austria (1).
Gruppe E: Bukarest - Basel1:1, Schalke - Chelsea 0:3 Gruppe F: Arsenal - Dortmund 1:2, Marseille - Napoli 1:2 Gruppe H: Celtic - Ajax 2:1, Milan - Barcelona 1:1.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2013)
