Rapid: Der lange Weg zum Glück

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Rapid-Sportdirektor Andreas Müller spricht vor dem Duell mit Salzburg über die alternativlose Transferpolitik des Rekordmeisters und die Grenzen von Red Bull in Deutschland.

Das schlichte Büro von Andreas Müller in den Katakomben des Ernst-Happel-Stadions gleicht einem gut geführten Kiosk. Etliche Fußballfachblätter auf dem Schreibtisch des Rapid-Sportdirektors zeugen von großem Interesse, „ich will einfach auf dem Laufenden bleiben“, sagt Müller, 52. Auch über Bayern-Dirigent Pep Guardiola finden sich Artikel in den einschlägigen Magazinen, für den Deutschen ist der Spanier „der momentan beste Trainer der Welt“. Guardiolas Pendant bei Rapid heißt Zoran Barišić. Nun mag der Vergleich zwischen Guardiola und Barišić etwas hinken, gewisse Parallelen zwischen den beiden Trainern erkennt Müller aber dennoch. „Auch der Zoki ist einer, der modern spielen lässt: viel Ballbesitz, Kombinationen, schnelles Umschalten. Das ist der Stil, der gut zu Rapid passt.“

Tatsächlich praktizierten die Hütteldorfer in dieser Saison über weite Strecken durchaus gefälligen Fußball. Vor dem letzten Viertel der Meisterschaft rangiert das Team auf Rang zwei, sechs Punkte hinter Salzburg, das heute (18 Uhr, live in ORF eins, Sky) in Wien gastiert. Noch ist nichts entschieden, für Rapid reicht die Palette vom Titel bis zum Rückfall auf Platz vier. „Jetzt zählt es, jetzt müssen wir Steherqualitäten beweisen“, betont Müller, der insgeheim natürlich mit dem Gewinn der Meisterschaft spekuliert, diese vor dem so wichtigen Duell mit dem Tabellenführer aber nicht fordert. „Es wäre unfair gegenüber der Mannschaft, ihr diesen Rucksack umzuhängen. Diese Erwartung ist – Stand heute – nicht zu erfüllen.“ Primäres Ziel der Wiener bleibt Platz zwei, der zur Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation berechtigt. „Wenn mir heute jemand garantiert, dass wir am Ende der Saison Zweiter sind, unterschreibe ich sofort“, sagt Müller, der von „hartnäckiger Konkurrenz“ aus Graz und Altach spricht.

Mittelfristig darf es für den Rekordmeister, der zuletzt vor sieben Jahren den Titel bejubeln durfte, wieder ein bisschen mehr sein. Der finanzstarke Ligaprimus aus dem Westen wirkt weniger angsteinflößend denn motivierend. „Salzburg tut uns doch gut“, bemerkt der gebürtige Stuttgarter. „Es ist ein Anreiz, diesem übermächtigen Gegner künftig ein ernsthafter Konkurrent zu sein.“ Gelingen soll dies unter anderem mit Stefan Nutz, Philipp Huspek und Tomi, das Trio verlässt Grödig im Sommer ablösefrei. Damit sei die Kaderplanung für die kommenden Saison „weitestgehend abgeschlossen“, Geld dürfte Rapid für Verstärkungen also keines in die Hand nehmen.


Marke versus Millionen. Die Grün-Weißen haben sich der (günstigen) Jugend verschrieben, sie sind „wirtschaftlich nicht auf Rosen gebettet“, wie Müller es ausdrückt. „Es wollte keiner mehr hören, aber letztendlich ist das der einzige Weg, den Rapid gehen kann. Es gibt keine Alternative dazu.“ Die besten 22- bis 24-jährigen Österreicher sollen künftig in Hütteldorf unter Vertrag stehen. Doch winkt Red Bull Salzburg erst einmal mit Scheinen, scheint dieses Vorhaben kaum realisierbar. „Wir haben nicht die wirtschaftlichen Resourcen Salzburgs, aber dafür andere Möglichkeiten“, versichert Müller und verweist auf die Strahlkraft des Klubs, den großen Namen, die Marke.

„Rapid ist nach wie vor der Traditionsklub in Österreich und wird das auch bleiben.“ Doch das Image des Vereins ist angekratzt, große Erfolge auf internationaler Bühne sind nur noch Erinnerungen. Der Schere klafft im europäischen Vergleich immer weiter auseinander, „es gab Versäumnisse“, sagt Müller, der Rapid „mit sauberer und seriöser Arbeit“ schrittweise wieder zurück ins Rampenlicht lotsen möchte. Die „Habarapartie“, wie Müller die Freunderlwirtschaft auf gut Wienerisch bezeichnet, sei auf dem langen Weg zurück zum Glück nicht förderlich. Er sei schon „das eine oder andere Mal darauf gestoßen, auch schon bei Rapid“. Müller stellt die Sinnfrage: „Wie willst du als Klub erfolgreich sein, wenn du auf persönliche Interessen achtest? Du brauchst ausschließlich Leute, die an den Verein denken, nicht an sich selbst.“

Andreas Müller ist an diesem Mittwochnachmittag in Redelaune, über eine Stunde nimmt er sich für die „Presse am Sonntag“ Zeit. Als das Gespräch sich dem Ende zuneigt, kommt nochmals das Thema Red Bull auf. In Leipzig, so hoffen die Verantwortlichen, kann der Klub in Deutschland auf lange Sicht sogar dem großen FC Bayern München Konkurrenz machen. Müller runzelt ungläubig die Stirn, er widerspricht: „Wenn irgendjemand glaubt, den Bayern konstant und auf lange Zeit die Nummer-eins-Position streitig machen zu können, wird er sich täuschen. Dortmund hat es zwei Jahre lang geschafft, jetzt haben sie Körner gelassen. Bayern wird nie eine Mannschaft die Stirn bieten können.“ Daran werde auch RB Leipzig, trotz schlagkräftiger monetärer Argumente, nichts ändern können.

Die Münchner haben aufgrund ihrer langen und erfolgreichen Geschichte „enorme Vorteile“ und an den wichtigsten Position im Verein „eine Vielzahl an Topleuten“. Die Anziehungskraft des FC Bayern zeige sich auch immer wieder bei Transfers. „Ein Lewandowski oder ein Götze hatten doch alles in Dortmund, aber sie gingen nach München. Warum? Weil Bayern das Nonplusultra ist. Und das wird immer so sein.

Zur PERSON

Andreas Müller wurde am 13. Dezember 1962 in Stuttgart geboren. Er spielte 18 Jahre in der deutschen Bundesliga und lief dabei für den VfB Stuttgart, Hannover 96 und Schalke 04 auf. Mit dem VfB gewann Müller 1984 die Meisterschaft, mit Schalke 1997 den Uefa-Cup.

Nach seiner aktiven Karriere stieg Müller in das Management ein, zunächst bei Schalke, später in Hoffenheim. Im Jänner 2014 trat er die Nachfolge von Helmut Schulte als Sportdirektor des SK Rapid Wien an.

Neun Runden vor Saisonende führt Salzburg in der Tabelle sechs Punkte vor Rapid, das heute stattfindende direkte Duell im Happel-Stadion (18 Uhr, live in ORF eins, Sky) hat deshalb besondere Bedeutung.

EPA

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2015)

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