Der Anpfiff einer neuen Epoche in Favoriten

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Magath, Veh, Slomka, Balakow oder doch Gregoritsch? Die Suche nach dem neuen Trainer treibt muntere Blüten. Der Aufsichtsrat des Klubs tagt jedenfalls am Dienstag.

Wien. Es herrscht wieder einmal Unruhe dieser Tage in Favoriten. Nicht das 0:0 gegen Sturm Graz oder der blamable siebente Tabellenplatz erhitzen die Gemüter der Fußballfans; daran dürfte man sich in dieser Saison längst gewöhnt haben. Es ist vielmehr das Ausmaß der Spekulationen bzw. deren tatsächlicher Wahrheitsgehalt, der bei der Suche nach dem neuen Trainer erreicht wurde. Es weckte Emotionen und Hoffnungen, zugleich erwachten auch nicht unberechtigte Zweifel angesichts der Preiskategorie und der jeweiligen Charaktere, die mancher Kandidat aufweist.

Seit Samstag ist das muntere Spiel, befeuert von mitteilungsfreudigen Insidern, Managern und Beratern, um einen Namen reicher. Felix Magath, 61, soll Interesse haben und schon am Dienstag in der Sitzung des Aufsichtsrates bestätigt werden. Austrias Dementi folgte auffallend schnell, Sportdirektor Franz Wohlfahrt sagte: „Nichts ist fix! Ich werde weder Namen noch Spekulationen kommentieren.“

Austrias deutsche Trainer

Neben Magath werden auch Mirko Slomka (Schalke, Hannover), Armin Veh (Meistermacher in Stuttgart) oder der Bulgare Krassimir Balakow (aktuell Lowetsch) gehandelt. Selbst Werner Gregoritsch darf sich – laut Gerüchteküche – noch Chancen auf den mit Saisonende vakanten Posten ausrechnen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Deutscher diese Aufgabe übertragen bekommen wird, ist jedoch groß. Die Gründe? Sprache, Zugang, Bekanntschaft zu Wohlfahrt. Dazu die Vorgeschichte der Veilchen, die Liste der deutschen Trainer – obgleich sie allesamt maximal nur eine Saison lang am Verteilerkreis werkten –, ist lang: Egon Coordes (1994–1995), Horst Hrubesch (bis 1996), Wolfgang Frank (1997–1998; †2013), Christoph Daum (Oktober 2002 bis Juni 2003) bis hin zu Joachim Löw. Er übernahm am 1. Juli den Job von Daum und wurde nur wenige Monate später, am 24. März 2003, von Frank Stronach mit den Worten „Du bist kein Gewinner“ wieder verabschiedet. 2014 führte Löw bei der WM in Brasilien zum Titel...

Gegen einen Deutschen spricht die Hochpreiskultur, die Austrias Etat ausreizen, wenn nicht sogar sprengen würde. Oder gibt es einen Mäzen à la Stronach, der diese zwingend längerfristig zu bindende Personalie finanziert? Zudem, deutsche Trainer heuern normalerweise im Ausland nie allein an. Daum etwa hatte eine überaus kostspielige Entourage (Co- und Tormanntrainer, zwei Assistenten, Arzt) im Schlepptau.

Die in Deutschland übliche Entlohnung (ab zwei Millionen Euro pro Saison) ist in Österreich vollkommen undenkbar. Diese Tatsache wurde Mirko Slomka schon 2008 überaus deutlich vor Augen geführt. Er war von Schalke freigestellt worden und befand sich auf Jobsuche. Er verhandelte bereits munter in Wien mit Friedrich Stickler über den Teamchefposten. Einig sollen sie sich längst gewesen sein, nur war sein weiterhin gültiger Vertrag bei Schalke weitaus höher dotiert als das maximale Angebot des ÖFB... Sind Austrias Aufsichtsräte bereit für diese Investition, welche Perspektive bieten sich denn dem Profi in Wien, auf der österreichischen Kleinkunstbühne? Der Europacupstart ist nur mit dem Cupsieg möglich. Neue, gute Spieler bekommt man nur mit Geld und Aussicht auf das internationale Geschäft. In Hinblick darauf wäre auch Eile geboten. Es erscheint sinnlos, Wohlfahrt einkaufen zu lassen ohne Zustimmung des Trainers.

„Last Exit Verteilerkreis“

Wer sich als Austria-Trainer anbietet, muss selbst Recherchen betrieben haben betreffend Umfeld, Infrastruktur und Personal. Der Betreuer muss langfristige Ziele haben, sich den nötigen Spielraum ausbedingen. Für erneute Experimente gibt es weder Zeit noch Verständnis, es wurde ja mit Bjelica, Gager oder Baumgartner zu viel Erde verbrannt. Diesen Posten in Ermangelung anderer Alternativen, Motto „Last Exit Verteilerkreis“, anzutreten, bringt nichts.

Sollte das Los tatsächlich auf Magath fallen, würde sich in Favoriten schlagartig alles ändern. Die Epoche raunzender Spieler wäre vorbei, sie würden ohnehin nur noch stöhnen. Der Deutsche, der das Fußballspielen und -trainieren von Ernst Happel gelernt hat, duldet keinerlei Widerspruch. Er gilt als eisern, legt Wert auf Fitness und Ausdauer, den Spitznamen „Quälix“ mag er trotzdem gar nicht gern. Er führte Bayern und Wolfsburg zum Meistertitel, er spielte in der Champions League, er hat in der halben deutschen Liga (Nürnberg, Bremen, Frankfurt, Stuttgart, Schalke) gearbeitet. Nur sein erster Auslandseinsatz war misslungen. Er stieg mit Fulham ab und wurde in der zweiten Liga entlassen.

Und dennoch, trotz all der Bedenken über (veraltete) Methoden, knorriges Gehabe, Gage und Motivation; mit Magath als Trainer würde Austria ein zukunftsorientiertes Zeichen setzen. Eines, das langfristigen Aufbau und Erfolg verheißt. An der zuletzt mangelhaften Fitness würde es dann nicht mehr scheitern.

Jan Åge Fjörtoft, er spielte bei Rapid und in Frankfurt unter Magath, glänzte mitunter auch mit seinen Sprüchen. Er sagt: „Ob Magath die Titanic gerettet hätte, weiß ich nicht. Aber die Überlebenden wären garantiert topfit gewesen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2015)

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