Salzburg: Die Fußball-Festspiele sind zu Ende

FUSSBALL CHAMPIONS LEAGUE QUALIFIKATION:  RED BULL SALZBURG - DINAMO ZAGREB
FUSSBALL CHAMPIONS LEAGUE QUALIFIKATION: RED BULL SALZBURG - DINAMO ZAGREB(c) APA/KRUGFOTO (KRUGFOTO)
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Vor zwei Jahren war Salzburg noch die Fußballhauptstadt Österreichs, heute ist Red Bull eine „Lachnummer“, Grödig nur noch ein Amateurverein, und die neu gegründete Austria wurde an die Wand gefahren. Ist ein Abgesang angebracht?

Die Fußballfestspiele in der Mozartstadt erreichten 2014 ihren Höhepunkt: Red Bull Salzburg holt überlegen das Double, Aufsteiger Grödig krönt eine furiose Premierensaison auf dem dritten Platz der Bundesliga und spielt Europa-League-Qualifikation; Austria Salzburg gewinnt die Regionalliga West (dritte Spielklasse), schon ein Jahr später wird der Durchmarsch in den Profifußball geschafft sein; und nebenbei beendet Erste-Liga-Aufsteiger Liefering die Saison auf Anhieb als Dritter. Salzburg ist zu diesem Zeitpunkt uneingeschränkte Fußballhauptstadt Österreichs. Zwei Jahre später regiert die Krise. Oder ist es ein Neuanfang?

Die Ursachen für den Niedergang sind viel mehr wirtschaftliche denn sportliche. Für heimische Titel reicht es bei Red Bull dank der Schwäche der Wiener Klubs immer noch, doch spätestens mit dem Aufstieg von Leipzig in die deutsche Bundesliga wurde Salzburg im Fußballkonstrukt von Red Bull degradiert. „Ausbildungsklub“ ist der offizielle Begriff für die neue Rolle, Kritiker sprechen von einem „Selbstbedienungsladen“. Die Anhänger haben genug. Eine komplette Kampfmannschaft sei inzwischen nach Ostdeutschland abgewandert, heißt es im Fanprotest. Tatsächlich haben schon über 20 Profis für beide Vereine gespielt. „Wir sind die Lachnummer im Klubfußball“, schreiben die Fans. Und der verärgerte Coach, Óscar García, meinte: „Wir müssen unser Ziel ändern.“ Überrascht sollte er nicht sein, einer seiner Vorgänger, Adi Hütter, erkannte die Entwicklung bereits im Sommer 2015 und verabschiedete sich.


Schlussstrich. Bevor er von Red Bull abgeworben wurde, hatte Hütter den Dorfverein Grödig zur Nummer zwei im Bundesland gecoacht. Heute wird am Untersberg nur noch Amateurfußball geboten, auf den Höhenflug folgten die Wettaffäre um Dominique Taboga, ein drohender Lizenzentzug wegen eines ramponierten Spielfelds, der Rückzug von Hauptsponsor Scholz und ein sportlich katastrophales Frühjahr 2016 unter Peter Schöttel, das den Bundesligaabstieg besiegelte. Manager Christian Haas verzichtete auf die Erste Liga, beendete nach sechs Jahren den Profibetrieb. Eine Konsequenz aus dem schlechtesten Zuschauerschnitt der Bundesligasaison (1567) und fehlendem Sponsoreninteresse.

Nun dominiert Grödig die Regionalliga West (acht Siege in neun Spielen) und ist auf bestem Weg in die Relegation 2017. Haas ist selbst darüber überrascht, schließt eine Rückkehr in den Profifußball aber dezidiert nicht aus. Infrastruktur und Know-how sind in Grödig zweifellos vorhanden, auch die Nachwuchsarbeit läuft. Zuerst will der Klub aber Klarheit über die beschlossene Bundesligareform ab 2017/18 (zwölf plus 16 Teams). Und auch dann werden sich im 7200-Einwohner-Ort zwei Dinge nicht geändert haben, das weiß auch Haas: „Wir haben zu wenige Zuschauer, und es ist schwierig, Sponsoren für Grödig zu lukrieren.“


Der „Watschenmann“. Schlechter steht es um Westligakonkurrent Austria Salzburg. 2005 als Fanprojekt in der Tradition der von Red Bull übernommenen „alten“ Austria gegründet, marschierte der Klub von der achten Spielklasse in die Erste Liga (2015/16), in fünf bis sechs Jahren wollte man Bundesliga spielen. Zum Verhängnis wurde die untaugliche Heimstätte in Maxglan. Es hagelte Geldstrafen und Punkteabzüge, die Mehrkosten für Umbau und Ausweichstadion sind offizielle Insolvenzursache. Der Konkurs wurde abgewendet, mit dem Verfahren einher ging aber der Zwangsabstieg. 600.000 Euro beträgt nun die Schuldenlast.

Dennoch, die Begeisterung für das Projekt lebt. Salzburgs Tormannlegende Otto Konrad ist als neuer Obmann im Gespräch, zum Beinahe-Aus des Klubs sagt er: „Da waren Dinge, die man hätte sehen müssen.“ Zudem habe der Verein Versprechen nicht eingehalten. „Das Wichtigste ist, dass jetzt die Gläubiger befriedigt werden. Die Austria muss sich wieder Handschlagqualität erarbeiten.“ Zwei potenzielle Sponsoren gibt es bereits, beide haben aber ein Rücktrittsrecht, sollten die Problemfans der Austria wieder auffällig werden. Immer wieder hat sich der Klub in die Geiselhaft einiger Krawallbrüder begeben. Auch hier sei der richtige Weg eingeschlagen, meint Konrad. Es klingt, als würde der „Watschenmann der Liga“ (Konrad) einen Neuanfang wagen. Einen neuerlichen Profibetrieb will die Austria dabei zumindest nicht aus den Augen verlieren.

Die Fußballkrise an der Salzach, man kann sie wohl auch als Erneuerungsprozess deuten. Nur durchlaufen ihn gerade alle Salzburger Klubs gleichzeitig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2016)

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