Das Ende einer kurzen Ehe

Damir Canadi und das Unglück Rapid: In 17 Pflichtspielen gelangen nur drei Siege.
Damir Canadi und das Unglück Rapid: In 17 Pflichtspielen gelangen nur drei Siege. (c) APA/EXPA/ROLAND HACKL (EXPA/ROLAND HACKL)
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Rapid und Damir Canadi, 46, gehen nach nur fünf Monaten getrennte Wege. Über die Gründe einer alternativlosen Entscheidung.

Wien. „Meine Mannschaft steht vor dem Durchbruch. Wir stehen kurz davor, uns zu belohnen. Wenn wir dann einmal gewinnen, sind wir ganz schwer zu schlagen.“ Vor einem Monat, das Bundesliga-Gastspiel bei Sturm Graz (1:2) stand an, war Damir Canadi noch voller (unbegründeter) Zuversicht. Woche für Woche gab der Rapid-Coach Parolen aus, er gelobte Besserung, bat um Verständnis und Zeit. Gut Ding brauche schließlich Weile. Sonntagvormittag, nur fünf Monate nach Canadis Bestellung, war die Hütteldorfer Vereinsführung mit ihrer Geduld allerdings am Ende. Der 46-Jährige wurde mit sofortiger Wirkung entlassen, darauf verständigten sich das Präsidium um den derzeit im Ausland weilenden Präsidenten Michael Krammer („Canadi war unser Top-Kandidat“) und die Geschäftsführung. Bis Saisonende übernehmen die bisherigen Assistenten Goran Djuricin und Martin Bernhard die Trainingsagenden.

Die Entscheidung, Canadis bis Sommer 2018 laufenden Vertrag vorzeitig aufzulösen, war alternativlos. Die Amtszeit des von Altach losgeeisten Wieners geht als einziges Desaster in die Geschichte des Rekordmeisters ein. Von 17 Pflichtspielen gingen acht verloren, sechs Mal wurde remisiert, nur drei Partien (zwei Mal St. Pölten, Ried) wurden siegreich gestaltet. In 14 Bundesligapartien unter Canadis Führung holte Rapid elf Punkte, was den schlechtesten Punkteschnitt eines Rapid-Trainers in der Geschichte bedeutete. Der Absturz der Grünweißen war ein bisweilen unaufhaltsamer. Seit neun Runden ist der Rekordmeister sieglos, die Krise gipfelte Samstagnachmittag im 0:3-Debakel beim Tabellenletzten Ried.

Acht Runden vor Saisonende findet sich Rapid nur auf dem siebenten Tabellenplatz wieder, der Vorsprung auf die Innviertler beträgt nur noch beunruhigende fünf Zähler. Ansprüche und Wirklichkeit könnten im Westen Wiens kaum weiter auseinanderklaffen – Abstiegsängste statt Meisterträume. „Wir sind bedauerlicherweise endgültig im Abstiegskampf angekommen, dieser bitteren Tatsache müssen wir ins Auge sehen und handeln“, erklärte Sport-Geschäftsführer Fredy Bickel. Er, der Schweizer, sei „kein Freund von Trainerwechseln während einer laufenden Saison“, aber: „Nun ist leider der Zeitpunkt gekommen, zu dem man handeln muss.“

Sportliche Bankrotterklärung

Nicht nur das Resultat, speziell auch die Art und Weise des Zustandekommens der Niederlage in Ried glich einer Offenbarung. Rapid ließ in einem enorm wichtigen, ja richtungsweisenden Spiel über 90 Minuten alles vermissen, zeigte keine Leidenschaft, ja keinen Charakter. Nach einer guten Cup-Leistung in St. Pölten (3:1) unter der Woche war eine derartige Vorstellung nichts anderes als ein Mysterium, ein mit klarem Verstand nicht ergründbares Geschehen. „Es ist unerklärlich, dass drei Tage nach so einem guten Spiel in St. Pölten so große Unterschiede zu erkennen sind“, rätselte Bickel.

Canadi nahm das Gebotene in der Schlussphase konsterniert hin, er sah sein Ende bereits kommen, bemühte später keinerlei Durchhalteparolen mehr, als er sagte: „Egal, wie es mit Rapid ausgeht: Für mich ist das ein riesiger Lernprozess.“ Um den Worst Case abzuwenden, ist Rapid nun vollends gefordert. Am Samstag gastiert Altach in Hütteldorf, eine Woche später die ebenfalls taumelnde Austria. „Wir müssen in den Heimspielen die nötigen Punkte einfahren“, sagte Kapitän Steffen Hofmann, der seine Mitspieler aufforderte, den Abstiegskampf bedingungslos anzunehmen. Neo-Trainer Goran Djuricin verkündete das passende Motto für die verbliebenen Wochen: „Hackeln, hackeln, hackeln.“ Und Assistent Martin Bernhard ergänzte: „Jetzt geht es ums Überleben, das muss jeder wissen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2017)

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