Fußball-WM: Wer wird Weltmeister?

Wer wird Weltmeister?
Wer wird Weltmeister? Presse
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„Die Presse“ beleuchtet vor dem heutigen Eröffnungsspiel vier Titelanwärter und erklärt, wer in Brasilien Weltmeister werden kann. Es sind Thesen, Theorien, Wünsche – und logische Gedanken.

Rio de Janeiro/Wien. Mit dem Spiel des Gastgebers Brasilien gegen Kroatien beginnt heute um 22 Uhr die Fußball-WM 2014. 32 Nationen sind bei dem Großereignis vertreten. 64 Spiele finden in insgesamt zwölf Stadien statt. Das Finale erfolgt am 13. Juli im weltberühmten Maracanã von Rio de Janeiro. Der Weg dorthin wird von Überraschungen, Selbstbestätigungen, aber auch bitter verlorenen Spielen begleitet sein. Die Suche nach dem Superstar der WM läuft, Neymar, Messi, Ronaldo – doch gute Spieler gibt es sonder Zahl. Knackt Miroslav Klose den WM-Torrekord des Brasilianers Ronaldo? Verteidigt Spanien den Titel, wie spielt die Seleção? Und folgt Messi endlich den Spuren von Diego Maradona?

Brasilien

Ein ganzes Land erwartet, nein fordert den Titel – und die Seleção wird ihre Fans nicht enttäuschen. Brasiliens Vorbereitung verlief nahezu tadellos. Auch der Confederations Cup 2013, der als Testlauf für die WM gilt, wurde mit 3:0 gegen Spanien gewonnen. Der Gastgeber verfügt mit Luiz Felipe Scolari über eine Vaterfigur als Teamchef, der es perfekt versteht, seine Stars bei Laune zu halten. Angeführt wird der 468 Millionen Euro teure Kader von Neymar, dem 22-jährigen Jungstar des FC Barcelona. Außerdem setzen die fußballverrückten Anhänger am Zuckerhut auf die Schusskraft des Stürmers Hulk. Die Mischung aus jungen Wilden und abgebrühten Routiniers scheint perfekt. Zudem haben Brasilianer mit dem Thema Druck einen ganz anderen Umgang als Europäer – sie leben ihre Gelassenheit.

Spanien

Als Welt- und Europameister kann sich Spanien der Favoritenrolle nicht erwehren. Zumal Vicente del Bosque auf 16 Weltmeister von Südafrika setzt und mit Diego Costa einen echten Torjäger dazubekommen hat. Natürlich sind Xavi, Iniesta und Xabi Alonso wieder vier Jahre älter geworden, doch angesichts zu erwartender Hitzeschlachten könnte sich das eingespielte „Tiki-Taka“ erneut als entscheidender Vorteil erweisen. Dass neutrale Fans das Ballgeschiebe mitunter für höchst langweilig erachten, tangiert del Bosque nicht: „Ich respektiere das, aber wir sind damit nicht so schlecht gefahren.“

Argentinien

Südamerikas zweites heißes Eisen im Feuer heißt Argentinien. Freilich, langjährige Beobachter sehen auch Uruguay oder Chile im Vormarsch, doch am Prunkstück der „Albiceleste“ gibt es kein Umhinkommen: Sergio Agüero, Lionel Messi, Gonzalo Higuaín und ?ngel Di María sind Torgaranten. Sie haben alle Titel auf Klubebene gewonnen, nur die WM-Krone fehlt noch. Doch ein Detail trübt die Freude des Weltmeisters von 1978 und 1986, der seit 1990 nicht mehr über das Viertelfinale hinausgekommen ist: Messis bislang einziges WM-Tor datiert aus dem Jahr 2006. In Südafrika 2010 ging der Barcelona-Superstar in fünf Spielen überhaupt komplett leer aus. Ob er den Bann am Montag gegen den WM-Debütanten Bosnien und Herzegowina brechen kann? 2921 Tage des Wartens sind für Maradonas Erben ohnehin schon zu viel.

Messi allein kann es aber nicht richten, vor allem die Abwehr rund um Pablo Zabaleta, Ezequiel Garay, Marcos Rojo oder Martín Demichelis muss sich gehörig steigern.

Ein großer Vorteil ist allerdings die Nähe zur Heimat – Spielorte wie Porto Alegre sind knapp 600 Kilometer von der Grenze entfernt. Diese WM wird quasi ein Heimspiel.

Deutschland

Deutschland ist eine Turniermannschaft. Es klingt wie eine abgedroschene Phrase, ist aber zweifelsfrei richtig. Keine Mannschaft vermag sich im Turnierverlauf so zu steigern wie der dreimalige Weltmeister. Bei den Endrunden 2002, 2006 und 2010 erreichte man das Halbfinale – 2014 scheint Schwarz-Rot-Gold für den Titel reif. Dabei lastet der größte Druck gewiss nicht auf dem Team von Jogi Löw, sondern in erster Linie auf Gastgeber Brasilien und Titelverteidiger Spanien.

Dass die Vorbereitung wenig erfolgversprechend verlaufen ist, stört nicht weiter. Marco Reus fällt verletzt aus, Leistungsträger wie Manuel Neuer, Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger konnten einen Großteil der Vorbereitung nicht absolvieren. Paradox, aber vielleicht spielt Deutschland genau deshalb eine umso bessere WM. Italien zeigte es 2006 vor: Aufgrund des Manipulationsskandals war eine optimale Vorbereitung unmöglich. Und die Azzurri wurden Weltmeister.
Im Blickpunkt steht auch Miroslav Klose. Dem Stürmer, 36, fehlt nur noch ein WM-Treffer auf den Allzeitrekord des Brasilianers Ronaldo (15).

("Die Presse"-Printausgabe vom 12.6.2014)

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