Jungwirth: „Jetzt muss ich dafür büßen“

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Der ehemalige ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth wurde am Dienstag im Wiener Straflandesgericht im Sinne der Anklage schuldig erkannt und zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.

Wien/APA. Mit einem Paukenschlag ist der Untreue-Prozess gegen den ehemaligen ÖOC-Generalsekretär, Heinz Jungwirth, zu Ende gegangen. Der einst wohl mächtigste Sportfunktionär des Landes wurde am Dienstag im Wiener Straflandesgericht im Sinne der Anklage schuldig erkannt und zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die mitangeklagte Manuela K., eine ehemalige Mitarbeiterin Jungwirths, wurde freigesprochen.

Der Schöffensenat ging bei Jungwirth von einem angerichteten Schaden von 3,3 Mio. Euro aus. Dieses Geld fehle dem ÖOC, „und wenn man sich den Lebenswandel von Doktor Jungwirth ansieht, kann man sich vorstellen, wo die Beträge gelandet sind“, so Richter Georg Olschak unter Verweis auf den noblen Fuhrpark des Ex-ÖOC-„Generals“, zehn Pferde, eine Reithalle im Ausmaß von 70 mal 20 Meter und einen sündteuren Reitlehrer, den Jungwirth seinem Sohn finanzierte.

„Normalerweise sollte man sagen, mich bringen keine zehn Pferde in die Kriminalität. Bei Ihnen war es gerade umgekehrt“, stellte Olschak fest. Der Richter geißelte in seiner Urteilsbegründung „die widerwärtige, altösterreichische Funktionärsmentalität“. Jungwirth habe nach der Devise „Das ÖOC bin ich, mit dem Geld mach ich, was ich will“ gehandelt. Dies gehöre „mit aller gebotenen Härte unterbunden“. Bei einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren erschien dem Senat das verhängte Strafausmaß notwendig, „um Ihnen die Gelegenheit zu geben, ein Unrechtsbewusstsein zu entwickeln“, wie Olschak formulierte.

Das ÖOC, das sich als Privatbeteiligte dem Verfahren mit 1,5 Mio. Euro angeschlossen hatte, bekam diese Summe in voller Höhe zugesprochen. Sämtliche Entscheidungen des Schöffensenats sind nicht rechtskräftig. Jungwirth, der zu diesem Zeitpunkt einen konsternierten, geknickten Eindruck hinterließ, erbat Bedenkzeit, ehe er mit seinem Verteidiger Herbert Eichenseder überstürzt das Weite suchte.

Leo Wallner und die Sonnenseite

Dass das Verfahren für ihn keinen guten Ausgang nehmen würde, dürfte der langjährige ÖOC-General, der sich zu sämtlichen Vorwürfen „nicht schuldig“ bekannt hatte, geahnt haben, nachdem der Wirtschaftsprüfer Helmut Lercher ein für ihn vernichtendes Gutachten präsentiert hatte. In seinem Schlusswort hatte Jungwirth Endzeitstimmung verbreitet: „Leo Wallner war für die Sonnenseiten des Lebens zuständig, ich für den Regen und Mist. Jetzt muss ich dafür büßen.“ Es sei „eine fatale Geschichte, wenn Beteiligte und Vorgesetzte die Erinnerung verlässt.“

Der Buchsachverständige Lercher hatte am letzten Verhandlungstag erklärt, insgesamt 3,6 Mio. Euro hätten Verrechnungskonten und ein Sparbuch des ÖOC „verlassen“ und wären teilweise unmittelbar „in die Privatsphäre Jungwirths geflossen“. Allein vom Sparbuch habe Jungwirth 2,23 Mio. Euro bar behoben, wobei ein beachtlicher Teil davon – nämlich 874.000 Euro – praktisch zeitgleich auf Konten Jungwirths landete.

578.000 Euro wurden von einem Verrechnungskonto abgezweigt, wobei laut Lercher „unklar ist, für welche Dinge die verwendet worden sind“. Rund 515.000 Euro wurden dem Gutachten zufolge von ÖOC-Konten auf vier Privatkonten Jungwirths transferiert, weitere 250.000 Euro landeten direkt bei Lieferanten bzw. Gläubigern Jungwirths, was der Richter „besonders frech“ bzw. „infam“ nannte.

Der Ex-Generalsekretär hatte stets behauptet, die angeklagten Vorgänge wären mit der ÖOC-Führung abgestimmt gewesen und die abgeflossenen Gelder ihm infolge vereinbarter Bonifikationen zugestanden. Differenzbeträge habe er ausgeglichen. Der Buchsachverständige habe eine „akribische“ und „hervorragende“ Expertise abgeliefert, weshalb unter Berücksichtigung des Sonderhonorars am Ende ein offener Schaden von 3,3 Mio. Euro verblieb.

Reaktion aus London

Karl Stoss, Nachfolger von Leo Wallner als ÖOC-Präsident, derzeit bei den Sommerspielen in London, gab eine schriftliche Erklärung ab: „Das Urteil ist einstweilen noch nicht rechtskräftig, zeigt freilich deutlich eine Richtung. Für einen endgültigen Kommentar ist es noch zu früh. Wir danken all jenen, die zur Aufklärung beigetragen haben und werden umgehend die vom Gericht bestätigte Rückzahlungsforderung in der Höhe von 1,5 Millionen Euro einfordern und alles daran setzen, dass das Geld in voller Höhe zurück in den heimischen Sport fließt.“

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