Beachvolleyball: "Es geht nicht darum, schön auszuschauen"

BEACH-VOLLEYBALL EM 2013: SCHWAIGER/SCHWAIGER  AUT  - PROKOPEVA/POPOVA  RUS
BEACH-VOLLEYBALL EM 2013: SCHWAIGER/SCHWAIGER AUT - PROKOPEVA/POPOVA RUS APA/EXPA/GERT STEINTHALER
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Österreichs erfolgreichstes Beachvolleyball-Damenduo, Doris und Stefanie Schwaiger, über Kleidungsvorschriften, Vorurteile, Nacktfotoshootings und Geschlechterunterschiede in der Sportberichterstattung.

Beachvolleyball ist für viele der Inbegriff einer sexistischen Sportart. Ihre Meinung: Kommen die Leute wegen des Sports oder wegen der Spielerinnen?

Doris Schwaiger: Wohl geteilt. Natürlich gibt es die Leute, die sich mit den Regeln überhaupt nicht auskennen und nur wegen des knappen Gewands zuschauen kommen, aber das ist insgesamt doch die Minderheit. Eine Ausnahme ist Klagenfurt, da steht für die meisten Party im Vordergrund.

Stefanie Schwaiger: Schlimmer finde ich, dass wir nicht selbst entscheiden, was wir tragen, sondern alles von oben herab ohne jedes Mitspracherecht einfach vorgegeben wird.

Hat der Verband das nicht 2012 gelockert und kurze Hosen bzw. Tops erlaubt?

Doris: Das wurde leider wieder zurückgenommen, dabei wäre es ein Schritt in die richtige Richtung gewesen. Der Bikini als Arbeitskleidung ist an sich angesichts der Temperaturen in den meisten Ländern und wegen des Sands schon passend, aber diese genauen Vorschriften (Anm.: maximal sieben Zentimeter Breite) sind doch total unnötig. Jeder weiß selbst, wie er sich am wohlsten fühlt, um seine bestmögliche Leistung bringen zu können.

Stefanie: Und einzig darum geht es auf dem Platz doch. Nicht darum, schön auszuschauen. Die zwischenzeitliche Änderung damals wurde ja mit Rücksicht auf religiöse Vorschriften argumentiert, aber die Hose hätte ja trotzdem über dem Knie enden und alles eng anliegend sein müssen.

Wie relevant halten Sie das Aussehen von Sportlerinnen für die Berichterstattung?

Doris: Bei Frauen werden Leistungen nicht zu 100 Prozent wahrgenommen, wie das bei Männern der Fall ist. Deshalb denken sich wohl viele, dass sie etwas Außergewöhnliches, Freizügiges zeigen müssen, um auf sich aufmerksam zu machen.

Stefanie: Frauen müssen sicher mehr machen, um in die Medien zu kommen. Bei der Sponsorensuche ist nun einmal der Medienwert ausschlaggebend – und für den zählt jedes veröffentlichte Foto.

Waren solche Fotoshootings für Sie Thema?

Stefanie: Wir hatten schon Anfragen, haben aber immer abgelehnt, weil wir für uns beschlossen haben, dass die Leistung im Vordergrund stehen soll. Beachvolleyball wird nicht nackt gespielt, daher brauchen wir auch keine solchen Fotos. Wir sind wir – und zum Glück hatten wir von Anfang an unsere Sponsoren, die das verstehen.

Doris: Meine Sache ist das einfach nicht, aber ich finde auch Make-up im Sport unnötig. Das Wichtigste ist, sich so zu präsentieren, wie man ist. Die Marke Schwaiger-Sisters steht für Bodenständigkeit und Nähe zu den Leuten – es gibt genug Fans, die sich in unserem Sport auskennen und uns mögen, weil wir uns geben, wie wir sind. Man kann und muss nicht Everybody's Darling sein. Diese Vielfalt macht doch den Sport mit aus.

Was halten Sie von Sportlerinnen, die freizügige Fotos von sich machen lassen?

Stefanie: Wem es Spaß macht, der soll es machen. Ich unterstelle sicher niemandem etwas, aber notwendig ist es in der heutigen Zeit nicht.

Doris: Im Spitzensport geht es um Geld, Sponsoren und Fans, und mit solchen Fotos auf sich aufmerksam zu machen ist ein legitimer Weg. Schade ist nur, wenn andere sich dann dadurch dazu gedrängt fühlen, das auch zu machen, obwohl es nicht ihrem Charakter entspricht. Jeder muss seinen eigenen Weg finden, denn man kann nur dann ein Vorbild sein, wenn man nicht eine Kopie von anderen ist.

Wie wichtig ist Aussehen bei Männern?

Doris: Auch bei Männern wird Aussehen und Außendarstellung inzwischen zum Thema. Es ist sicher nicht allein die beste Leistung ausschlaggebend, um in die Medien zu kommen. Als Frau hat man es aber auf jeden Fall schwerer, bei Männern wird eigentlich standardmäßig berichtet. Wir mussten in den Anfangsjahren wirklich um jeden Artikel kämpfen, obwohl wir damals teilweise noch bessere Leistungen gezeigt haben als jetzt. Das kann man mit entsprechender Eigenpräsentation natürlich schon pushen und forcieren. Wir haben uns dagegen entschieden und unser Standing durch Leistungen, Erfolge und Aktionen wie Training mit Jugendlichen auch so erreicht.

Ein abschließendes Statement zur Berichterstattung über Frauensport.

Stefanie: Die meisten beziehen ihr Bild von und Wissen über Sport aus Medien. Erst wenn wie jetzt im Zuge von Olympia über Frauenskispringen berichtet wird, entwickeln sie ein Bewusstsein dafür, dass auch Frauen solche Leistungen schaffen. Aber die Ungleichheit beginnt ja nicht erst bei derBerichterstattung, sondern schon im Sport selbst, etwa beim Preisgeld. Im Beachvolleyball spielen Frauen wie Männer zwei Sätze auf 21 und den dritten auf 15 Punkte. Trotzdem mussten wir uns zum Beispiel bei den Österreichischen Meisterschaften erst für die gleiche Prämie starkmachen. Dass man über so etwas überhaupt noch diskutieren muss, sagt doch schon fast alles.

Steckbrief

Doris Schwaiger
wurde am 28.Februar 1985 in Allentsteig geboren.

Stefanie Schwaiger
wurde am 7.August 1986 in Allentsteig geboren.

Seit 2001 bilden die beiden Schwestern ein Beachvolleyball-Duo und gaben 2004 in Klagenfurt ihr Grand-Slam-Debüt. Bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 kamen sie ebenso wie in London 2012 bis ins Viertelfinale. Im vergangenen Jahr erreichten sie in Shanghai als zweites österreichisches Duo und erste Damen ein Grand-Slam-Finale. Anfang August gewannen sie dann bei der Heim-EM in Klagenfurt den Titel. .
APA

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2014)

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