Boxen: Der Traum vom uneingeschränkten Weltmeister

EPA (Roland Weihrauch)
  • Drucken

Ruslan Tschagajew bleibt WBA-Weltmeister im Schwergewicht. In Amerika fehlen große Namen und Champions – nur Don King verschafft Abhilfe.

DÜSSELDORF/NEW YORK (fin). Mit dem Sieg gegen Russlands 2,13 m großen Box-Riesen Nikolaj Walujew sorgte der Usbeke Ruslan Tschagajew im April 2007 für die Sensation. Er schlug als WBA-Weltmeister im Schwergewicht im medialen Rampenlicht ebenso ein wie seine Aufwärtshaken gegen Walujew und schnell sprach die nach neuen Figuren lechzende Faustkampf-Szene von einem neuen Star. Doch Tschagajew musste wegen einer Erkrankung lange pausieren und offensichtlich hat diese Zwangspause sehr viel Substanz gekostet. Denn bei seiner ersten Titelverteidigung, er traf Samstag in Düsseldorf auf den 40-jährigen Briten Matt Skelton, wirkte der Usbeke, 29, eher „zurückhaltend“. 117:110, 117:111, 117:111 – ein Punktsieg blieb das Maximum seiner Ausbeute.

Für Tschagajew war es der 24. Sieg im 25. Profi-Kampf, doch in Wahrheit trauert er weiterhin einem Duell nach, das wegen seiner mysteriösen Krankheit ausgefallen war. Im Oktober 2007 hätte er gegen WBO-Champion Sultan Ibragimov in den Ring klettern sollen. Dem Sieger dieses „Vereinigungskampfes“ wären mehrere Dollar-Millionen sicher gewesen. Tschagajew hätte diesen Schlagabtausch liebend gerne wahrgenommen, nun aber muss er vorerst zusehen. Denn am 23. Februar steigt Ibragimow in New York in den Ring – es wartet das Prestigeduell gegen IBF-Weltmeister Wladimir Klitschko (Ukraine).

Mit diesem Kampf nähert sich die Boxwelt wieder einem ihrer Träume – einem echten Champion, der alle Verbände vereint. Der letzte uneingeschränkte Weltmeister war der Brite Lennox Lewis. Er hatte sich im November 1999 als WBC-Weltmeister nach einem Punktsieg über Evander Holyfield (USA) die Gürtel der World Boxing Association (WBA) und der International Boxing Federation (IBF) erkämpft.

Kein Feind seiner Geldbörse

Weil US-Schwergewichte fehlen, suchen Pay-TV-Sender in niedrigeren Gewichtsklassen nach Stars und werden aufgrund des marktwirtschaftlichen Denkens von Promotor Don King im Halbschwergewicht fündig. Er vermarktete den Kampf von Roy Jones Jr. (USA, 39) und Felix Trinidad (Puerto Rico, 35) als „Schlacht der Titanen“. Jones (52 Siege, 4 Niederlagen) bezwang im ausverkauften Madison Square Garden Trinidad nach Punkten und erhielt dafür vierzehn Millionen Dollar.

Jones, der in vier Gewichtsklassen (Mittel-, Supermittel-, Halbschwer- und Schwergewicht) Weltmeister war, soll nun gegen den Waliser Joe Calzaghe um den Titel boxen. Don King weiß, dass Amerika einen US-Champion verlangt, Russen oder Usbeken lassen sich in Las Vegas eben nicht verkaufen. King ist alles, nur nicht der Feind seiner eigenen Geldbörse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.