Kohl: Nicht ausgepackt, für zwei Jahre gesperrt

Anwalt Siegfried Froehlich und Bernhard Kohl
Anwalt Siegfried Froehlich und Bernhard Kohl(c) APA (Barbara Gindl)
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Der Rad-Profi nannte bei der Nada-Anhörung keine Hintermänner, Reue und Geständigkeit reichten nicht. Kohl hat nun die Möglichkeit der Berufung bei der Unabhängigen Schiedskommission.

WIEN. Sieben Fotografen drängen sich mit vier Kamerateams um die besten Plätze. Dazwischen tummeln sich Reporter, ragen Mikrofone und Diktiergeräte aus der Menschentraube, die sich rund um Bernhard Kohl im Foyer des Haus des Sports in Wien bildet. Der 26-jährige Niederösterreicher wirkt inmitten des Blitzlichtgewitters blass, der gefallene Rad-Star hat soeben sein Urteil von Österreichs Anti-Doping-Agentur Nada und deren Rechtskommission erfahren. Er wird für zwei Jahre gesperrt, beginnend mit 3. Juli 2008. Jenem Tag, an dem er bei der Tour de France seine erste, verhängnisvolle EPO-Probe abgegeben hat.

Aus dem Urteil ergibt sich, dass Kohl – entgegen seiner und der seines Managers Stefan Matschiner verbreiteten Ankündigungen – keine Hintermänner oder gar Netzwerke preisgegeben hat, sondern auf einer „Einzeltäter-Rolle“ beharrt haben dürfte. Gernot Schaar, Vorsitzender der Rechtskommission: „Herr Kohl hat angekündigt, Namen zu nennen. Er hat aber keinen einzigen Hintermann genannt. Somit ist auch das Strafausmaß klar.“

Enttäuschung auf allen Seiten

Um 8.57 Uhr scheint Bernhard Kohl, als er zur Anhörung eintrifft, noch zuversichtlich, mit einer „ehrlichen Aussage“ etwas bewegen zu können. Punkt neun Uhr nimmt er im Großen Sitzungssaal Platz, neben ihm sein Anwalt. Vor ihm liegt ein Blatt Papier, er trinkt einen Schluck Orangensaft. Vis-à-vis sitzt das fünfköpfige Gremium (drei Juristen, ein Toxikologe, ein Sport-Mediziner), auch Nada-Geschäftsführer Andreas Schwab hört für zwei Stunden 40 Minuten zu. Dann verlassen alle den Saal, zurück bleibt nur die Kommission, die das Urteil fällt.

Es fällt schließlich um 13 Uhr, danach spricht der gefallene Tour-Held sehr leise. Bei der Anhörung sei er „ehrlich“ gewesen, habe Beweggründe und Modalitäten der Beschaffung genannt. Das aber macht für die Doping-Jäger keinen Unterschied zu leugnenden, sich mit allen (Rechts-)Mitteln wehrenden Sportlern. Reue allein reicht nicht für die Kronzeugenregelung, ausschließlich Namen und den Dopinghandel belastendes Material hätten eine Strafreduktion bedeutet. Somit steht Bernhard Kohl vor einem Scherbenhaufen. Was er nun macht? Ob er jemals in den Radsport zurückkehren wird? Kohl: „Ich bin enttäuscht, das ist ein falsches Signal an den Sport. Ich finde es schade, dass ich die gleiche Strafe bekomme wie jemand, der alles leugnet. Mir hätte schon ein Tag weniger gereicht, um zu sehen, dass es Sinn macht, Hintergründe zu nennen.“

Kohl hat nun die Möglichkeit der Berufung bei der Unabhängigen Schiedskommission in Österreich sowie anschließend vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne. Er werde die schriftliche Ausfertigung des Urteils abwarten und danach entscheiden.

Als „Anti-Doping-Botschafter“ des Radsportverbandes, wie es Präsident Otto Flum groß nach dem Geständnis angekündigt hatte, wird Kohl nun vermutlich nicht arbeiten. „Nach diesem Verlauf der Verhandlung kann ich mir es nicht vorstellen“, sagt Generalsekretär Rudolf Massak. „Ich werde dem Vorstand empfehlen, dass wir uns von dem Sportler distanzieren.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2008)

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