Geschäftsleute mit Boxhandschuhen

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Floyd Mayweather gegen Manny Pacquiao: Das über Jahre herbeigesehnte Duell bricht alle Rekorde und lässt vorab als teuerster Boxkampf der Geschichte aufhorchen.

Worauf die Welt gewartet hat, ist endlich gekommen“, verkündete Floyd Mayweather, aktueller Star der Boxwelt. Am 2. Mai treffen im MGM Grand in Las Vegas der Amerikaner, 38, und der philippinische Nationalheld Manny Pacquiao, 36, aufeinander. Tatsächlich ist es das größte Duell, das der Boxsport derzeit zu bieten hat. Viele sprechen vom größten Kampf aller Zeiten. Darüber lässt sich streiten, es gab und gibt viele gute Boxer. Es ist Geschmackssache. Mit Sicherheit aber ist es der lukrativste Fight.

Noch nie haben Sportler an einem Abend so viel verdient, die Börse wird bis zu 300 Millionen Dollar betragen, 180 Millionen für Mayweather, den bestverdienenden Sportler des Planeten, und 120 für Pacquiao. Die Höhe ist abhängig davon, wie viele Zuschauer sich im Bezahlfernsehen den Kampf für 90 (Standard) bis 100 Dollar (HD) freischalten lassen. Tickets sind ohnehin unerschwinglich, die billigste Karte kostet 1500 Dollar. Allein der Verkauf der Eintrittskarten bringt 74 Millionen, auch das ist Rekord.


Besser als Ali. In Las Vegas soll der weltbeste Boxer ermittelt werden. Mayweather, 68 Kilogramm auf 1,73 Meter, Weltmeister im Halbmittel- und Weltergewicht, ist in 47 Profikämpfen unbesiegt. Pacquiao, 65 Kilogramm auf 1,69 Meter, hat WM-Titel in sieben verschiedenen Klassen und 57 seiner 64 Kämpfe gewonnen (zwei Remis, fünf Niederlagen). Der Sieger wird an der Spitze der Pound-for-Pound-Rangliste des „Ring Magazine“ stehen. Derzeit führt Mayweather sie vor Wladimir Klitschko und Pacquiao an.

Mayweather ist jetzt überzeugt, der Größte aller Zeiten zu sein. „Niemand kann mich jemals einer Gehirnwäsche unterziehen und mich glauben machen, Sugar Ray Robinson und Muhammad Ali wären besser“, tönte er.

Mayweather wuchs in den Boxhallen von Grand Rapids, Michigan, auf. Vater und Onkel waren angesehene Boxer. Kurz nach Mayweathers erstem nationalen Titel ging der Vater wegen Drogenhandels für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. „Alles im Leben hat einen Grund. Das ließ mich noch härter arbeiten und an meine Grenzen gehen“, sagt Mayweather. Privat protzt „Money“, so sein Spitzname, mit dem Reichtum und gibt sich als Bad Boy. 2012 saß er 90 Tage im Gefängnis, weil er eine frühere Freundin geschlagen hatte. Im Ring ist er dafür abwartender, ein kluger Taktiker und Defensivkünstler – das Gegenteil von Pacquiao.

Mayweather bezeichnete den Filipino als „rücksichtslosen Kämpfer“, der gern seine Deckung vernachlässige. Pacquiao stimmte zu: „Genau das ist der Grund, wieso die Leute mich lieben. Jeder will aufregende Kämpfe sehen.“ Für die Filipinos ist er der größte Held, den die von Bürgerkriegen und Naturkatastrophen heimgesuchte Inselgruppe im Pazifik je hervorgebracht hat.


Niederlage im Kopf. Einst lebte Pacquiao in den Slums, inzwischen hat er nicht nur als Boxer, sondern auch als Sänger, Schauspieler und Unternehmer Karriere gemacht. Er war sogar Regierungschef einer Provinz und ist Abgeordneter. Er finanziert Schulen und Krankenhäuser und setzt sich gegen Sexhandel mit jungen Filipinas ein. Während seiner Kämpfe steht das Land still, die Kriminalitätsraten sinken. Pacquiao wollte den Kampfumsatz, es soll eine halbe Milliarde Dollar sein, spenden. Mayweather lehnte ab.

Die Pressekonferenz vor 900 Journalisten, bei der der Kampf nach sechs Jahren abgebrochener Verhandlungen und gegenseitiger Anschuldigungen angekündigt wurde, sorgte für mehr Aufsehen als jeder WM-Kampf im Schwergewicht – sie wurde live in CNN übertragen. Mayweather und Pacquiao begegneten sich mit Respekt. Auch beim traditionellen Anstarren passierte nichts. Die beiden wirkten in ihren Anzügen nicht wie Boxer, sondern wie Geschäftsmänner. Bis jetzt gab es keine skandalträchtigen Nebengeräusche.

Ein paar Seitenhiebe konnte sich Mayweather dennoch nicht verkneifen: „Jeder redet darüber, wie dieser Kampf endlich zustande gekommen ist, aber dieser Kampf findet allein wegen mir statt.“ Tatsächlich hat Mayweather die Verhandlungen dominiert. Die Börse wird 60:40 zugunsten des Amerikaners aufgeteilt und Pacquiao hat sich diesmal mit den Dopingkontrollen einverstanden erklärt. Bisher verweigerte der Filipino seine Zustimmung zu Kontrollen in der Vorbereitung, nun darf die US-Dopingbehörde jederzeit Proben nehmen. „Ich akzeptiere das“, meinte Pacquiao zur Ausgangssituation, „ich mag es, der Underdog zu sein. Mein Killerinstinkt ist da, ich liebe es.“

Mayweather ließ angesichts seiner makellosen Bilanz und der fünf Niederlagen des Gegners ausrichten: „Wenn du einmal verlierst, ist es im Kopf. Und ich wollte noch nie in meinem Leben so sehr gewinnen. Wir werden einen Kampf zeigen, der euch alle glücklich macht, und ich werde gewinnen.“ Es könnte die vorletzte Gelegenheit sein, Mayweather im Ring zu erleben. „Mein letzter Kampf ist im September“, hat er bei seiner letzten öffentlichen Trainingseinheit angekündigt. Dann hat er seinen Vertrag mit dem TV-Konzern CBS erfüllt und will sich zurückziehen. „Ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich wegen keines Kämpfers mehr nervös werde.“ Außerdem genieße er das Boxen nicht mehr so wie früher, es sei für ihn zu einem Business geworden.

Eine Geschichte am Rand des Kampfes wird nicht so häufig erzählt. Sie handelt von Serafim Todorow, jenem Mann, der Mayweather seine letzte Niederlage zugefügt hat. Der Bulgare besiegte den Amerikaner vor dessen Profikarriere im Halbfinale der Olympischen Spiele 1996 in Atlanta durch ein umstrittenes Urteil nach Punkten.


Sieg als Fluch. „Der Ringrichter wusste, dass ich gewonnen habe“, sagte Mayweather damals. Tatsächlich streckte der ägyptische Ringrichter den Arm des Amerikaners in die Höhe. Einer der Wertungsrichter, Bill Waeckerle, trat gar aus Protest zurück, auch heute sagt er noch: „Mayweather hat diesen Kampf gewonnen, er hat jede einzelne Runde gewonnen.“

Unter ebenso merkwürdigen Umständen verlor Todorow anschließend das Olympia-Finale. Doch nach dem Sieg über Mayweather beging der Bulgare den größten Fehler seines Lebens, wie er selbst sagt. Todorow lehnte spontan einen lukrativen Profivertrag ab, stattdessen unterzeichnete just der Amerikaner. Kurz danach endete Todorows Karriere wegen eines Streits mit dem bulgarischen Verband. Verarmt lebt er nun von 370 Euro staatlicher Pension in einem Plattenbau in Pasardschik. Floyd Mayweather wird heuer in einem Jahr mehr Geld verdienen als jeder andere Sportler der Geschichte zuvor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2015)

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