„Ich will Leidenschaft auf der Eisfläche sehen“

ICE HOCKEY - IIHF Ice Hockey WC 2015
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Eishockey-WM. Dan Ratushny, 44, wurde in seiner ersten Saison in Österreich mit Salzburg Meister und zum Teamchef bestellt. Der Kanadier freut sich auf die WM, lobt Technik und Begeisterung; Speed und Einstellung sind heikle Themen.

Prag/Wien. Der Blick auf Wien, der Duft guten Kaffees und das Leuchten einer Rose: Der Kanadier Dan Ratushny weiß Kleinigkeiten zu schätzen. Es sind keineswegs Selbstverständlichkeiten, doch der 44-Jährige achtet auf das Zusammenspiel dieser Komponenten. Er agiert ebenso penibel, wenn es darum geht, Linien aufzustellen, sein System zu erklären oder Spieler aus dem Kader auszusortieren.

Ratushny ist Eishockey-Trainer vom Fach. Er wurde in seiner ersten Saison in Österreich auf Anhieb mit Salzburg Meister. Schon nach wenigen Monaten Amtszeit war er vom Verband als Teamchef bestellt worden. Am Samstag (12.15 Uhr, live, ORF Sport+) startet er mit Österreich gegen die Schweiz in das erste WM-Spiel beim Turnier in Prag. Seine Mission: „Wir wollen nicht wieder absteigen. Planen kannst du aber nichts, es kommt immer auf das nächste Spiel an.“

Der Kanadier aus Nepean, Ontario, spricht es gelassen aus. Er wirkt besonnen, und mit dieser inneren Ruhe fuhr er bislang in seiner Karriere auch ganz gut. Er bestritt zwar nur ein Spiel in der NHL für Vancouver, stand aber in über 500 Spielen in anderen Ligen auf dem Eis. Er gewann bei Olympia 1992 Silber mit Team Canada und zweimal den Spengler Cup. Sein Trainer-Weg führte über Ottawa, Olten (SUI) und Straubing nun nach Salzburg. Er sagt: „Eishockey ist eine spezielle Angelegenheit. Ich will Leidenschaft sehen.“

Ordnung, Übersicht, System, mit diesen Begriffen arbeitet der Kanadier, ihm zur Seite stehen Veteranen wie Reinhard Divis (neuer KAC-Torhüter-Trainer) oder Dieter Kalt jr. Dass sie selbst im Team spielten, Typen und Mentalität kennen, sei enorm hilfreich, sagt Ratushny. Denn jeder ticke anders, auch er selbst habe ja eine ganz eigene Geschichte. 2005 hatte er sich ein Timeout genommen, studierte Rechtswissenschaften und arbeitete in Toronto bei einer renommierten Anwaltskanzlei.

Doch die Liebe zum Puck ließ ihn nicht los, seit 2009 steht er hinter der Bande und gibt besonnen Anweisungen. Er mag weder Überraschungen noch „Last-Minute-Entscheidungen“, darum sagte er den NHL-Spielern Thomas Vanek und Michel Grabner für die WM ab. „Sie sind bei der Arbeit in der NHL. Es bringt nichts. Es geht nicht um Einzelne, sondern das Team.“

Österreich müsse sich seine Spielkultur erarbeiten, und er wolle einen Beitrag leisten. Dass die Tests gegen USA (1:4) und Kanada (2:4) verloren wurden, sei kein Beinbruch. Doch das Team brauche Erfolg, um Werbung für den Sport machen zu können, diesen für Österreich spezifischen Zugang hat der Kanadier schnell entdeckt. „Ihr kommt nicht des Sports wegen zu Spielen, sondern nur dann, wenn es Erfolge gibt.“

Daher ist die WM-Mission für ihn so heikel. Das ewige Auf und Ab, darauf könne man nur schwer aufbauen, sagt Dan Ratushny. Dadurch verliert man den Blick für das Detail, man kann Erfolg und Fortschritt nicht richtig schätzen. Es sind eben wie so oft die Kleinigkeiten, auf die es ankommt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.05.2015)

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