Eishockey: Ein Stück chinesische Sportgeschichte

(c) USA Today Sports (Steve Mitchell)
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Als erster Chinese wurde Andong Song, 18, im NHL-Draft von den New York Islanders verpflichtet. Mit zehn Jahren übersiedelte er für die Karriere nach Kanada und könnte nun in seiner Heimat einen Eishockey-Boom auslösen.

New York. Es war die Nummer 172 des diesjährigen NHL-Draft, der Geschichte schreiben sollte. Die New York Islanders entschieden sich in der jährlichen Nachwuchswahl der nordamerikanischen Eishockey-Liga für den 18-jährigen Verteidiger Andong Song und damit für den ersten gebürtigen Chinesen. „Es fühlt sich an, als wäre ich bereits ein Star“, sagte Song angesichts des enormen Medieninteresses. „Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.“ Als erster Pick wurde unterdessen wenig überraschend das kanadische Supertalent Connor McDavid von den Edmonton Oilers verpflichtet.

Geboren in Peking kam Song im Alter von sechs Jahren zum Eishockey. Die Mutter wollte den kränklichen Sohn durch Sport abhärten, der Junior sah damals im Fernsehen das Olympia-Halbfinale zwischen den USA und Russland und entschied sich für das Spiel mit dem Puck. „Als ich damit begonnen habe, gab es nicht viele Leute, die Eishockey spielten, und wenig Unterstützung für den Sport“, erinnerte sich der inzwischen 1,85 m große und 88 kg schwere junge Mann. Da es zu jener Zeit in Chinas Hauptstadt nur zwei Eishockeyhallen gab, trainierte er zumeist auf Shorttrack-Eisflächen. Mit zehn machte Song bei einem Turnier in Kanada auf sich aufmerksam, die Familie entschied sich in der Folge zugunsten seiner weiteren Karriere für einen Umzug nach Oakville bei Toronto.

Vergangene Saison fungierte Song als Kapitän der Mannschaft der Lawrenceville School in New Jersey. Ab Herbst hofft er für die Philips Academy in Andover (Massachusetts) zu spielen, ehe er sich dann einem College-Team anschließen will. Das Abenteuer NHL kam für Song nicht ganz überraschend, hatte ihm sein Manager doch schon länger vom Interesse der Islanders berichtet. Deren Besitzer ist mit Charles B. Wang ebenfalls ein gebürtiger Chinese.

Der hohen Erwartungshaltung in seiner Heimat ist sich Song bewusst. „Es ist eine große Ehre, der erste chinesische Spieler zu sein, aber es bedeutet auch großen Druck. Das motiviert mich, ein noch besserer Spieler zu werden. Ich hoffe ich kann die Leute stolz machen“, sagte Song, dessen großes Vorbild Nicklas Lidstrom ist.

In der Heimat schon ein Star

In China herrscht bereits jetzt ein Hype um den 18-Jährigen. Beim Draft wurde er von einer eigenen Filmcrew begleitet, Millionen fieberten vor dem Fernseher mit. Sollte er tatsächlich einmal den Sprung in die NHL schaffen, ist ihm eine Rolle als Volksheld wie der des einstigen NBA-Stars Yao Ming gewiss. Im Hinblick auf Pekings mögliche Austragung der Olympischen Winterspiele 2022 käme ein Eishockey-Boom gerade recht. Die Vergabe erfolgt am 31.Juli, einziger Herausforderer ist Almaty aus Kasachstan.

Song ist jedenfalls vom chinesischen Eishockey-Potenzial überzeugt, regelmäßige Besuche in seiner Heimatstadt würden ihm die Bestätigung dafür geben: „Es ist beeindruckend, was sich dort getan hat. Noch ist der Abstand zu Nordamerika, Europa und Russland groß, aber ich bin überzeugt, dass wir es schaffen können.“

Ein weiteres Stück asiatische Sportgeschichte schrieb Satnam Singh wenige Tage zuvor. Der 19-Jährige wurde als erster Inder in der Geschichte der National Basketball Association (NBA) gedraftet. Der 2,18 m große Center kam bereits 2010 durch ein Stipendium an die IMG-Akademie in Bradenton, Florida, und wurde von den Dallas Mavericks an 52. Stelle ausgewählt. Als Erster wurde der Center Karl-Anthony Towns von den Minnesota Timberwolves gezogen. (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2015)

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