Leichtathletik-WM: Usain Bolt, der König der Sprinter

CHINA IAAF ATHLETICS WORLD CHAMPIONSHIPS BEIJING 2015
CHINA IAAF ATHLETICS WORLD CHAMPIONSHIPS BEIJING 2015(c) APA/EPA/DIEGO AZUBEL (DIEGO AZUBEL)
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Der Jamaikaner Usain Bolt gewann in persönlicher Jahresbestzeit von 9,79 Sekunden Gold über 100 Meter. Den Angriff von Dopingsünder Justin Gatlin wehrte er knapp ab.

Peking/Wien. Die Augenblicke vor dem Startschuss gehören ganz den Athleten. Sie inszenieren sich, werfen sich in Pose, spielen mit der Kamera. Es ist das übliche Spiel, das vor allem die Superstars der Szene beherrschen. Schon vor dem Finale über 100 Meter bei der WM der Leichtathleten in Peking kam es zum Schlagabtausch zwischen den beiden Topfavoriten, Usain Bolt und Justin Gatlin. Beide wissen nur allzu gut, wie man dem Publikum eine Show bietet – vor, während und nach dem Rennen. Auch diesmal sollten die Massen auf den Rängen des Vogelnest-Stadions nicht enttäuscht werden.

Dabei waren die Zweifel groß, ob Bolt in Chinas Hauptstadt denn zur Höchstform wird auflaufen können. Die Siegerzeit von 9,79 Sekunden war jedenfalls ausreichend, er distanzierte Gatlin um den Hauch von einer Hundertstelsekunde und wehrte den Angriff des US-Amerikaners auf den Sprinterthron erfolgreich ab. „Ich bin hier rausgekommen, entspannt, ohne Stress und habe es nach Hause gebracht. Das Rennen war ein bisschen eingerostet, ich hätte schneller laufen können“, sagte Bolt, der zugleich betonte: „Dieser Sieg bedeutet mir sehr viel.“

Der Jamaikaner wurde auf seiner Jubelrunde im Stadion von Pianoklängen des weltberühmten Lang Lang begleitet. Der hatte vor dem Endlauf schon einen kleinen Auftritt. Exakt 9,58 Sekunden spielte er auf dem Klavier – „Weltrekord“ leuchtete es von den Video-Walls. Bolt quittierte die Show Lang Langs mit einem Lächeln.

Hinter Gatlin (9,80) gab es mit dem Kanadier Andre De Grasse und dem US-Amerikaner Trayvon Bromell (beide 9,92) zwei Bronzemedaillengewinner. „Auf den letzten fünf Metern bin ich ein bisschen getaumelt, das hat mich das Momentum gekostet. Ich wurde erst auf der Ziellinie von dem großen Usain geschlagen. Ich denke, es war ein großartiges Rennen. Ich fühle mich geehrt, dass ich dabei war“, sagte Gatlin und gratulierte dem Champion artig.

In Zeiten, in denen sich die Leichtathletik einmal mehr mit massiven Dopinganschuldigungen herumschlägt, hätte ein Titelgewinn für Gatlin den Verdächtigungen neue Nahrung gegeben. Auch wenn der Olympia-Sieger von 2004 und Doppelweltmeister von 2005 immer wieder beteuert, die Vergangenheit hinter sich gelassen zu haben, so läuft der Verdacht ständig mit. Nicht zuletzt, weil Gatlin – der fünf Jahre seiner Karriere von der Laufbahn verbannt war – heuer so schnell wie nie unterwegs ist.

26 Siege in Serie

Der US-Amerikaner war auf dem Weg, sein fulminantes Comeback nach der bereits zweiten Dopingsperre mit dem ersten großen Titel seit 2005 in Gold zu tauchen. Während Bolt in der Vergangenheit auf den Wegen zu seinen bisher vier Triples – bei Olympia 2008 in Peking und 2012 in London, bei WM 2009 in Berlin und 2013 in Moskau – meist als sicherer Siegertipp galt, war Gatlin zuletzt immer mehr zum eigentlichen Favoriten avanciert. Seit April 2014 hatte Gatlin 26 Rennen in Serie gewonnen und kam mit den Jahresweltbestzeiten von 9,74 Sekunden über 100 Meter und 19,57 über 200 Meter nach Peking. Doch erneut war es Bolt, der sich zum schnellsten Mann der Welt krönte. Es war die neunte Goldmedaille des 29-Jährigen über 100 Meter, so viele Titel hat noch kein anderer Athlet gewonnen. Über 200 Meter und mit der Kurzsprintstaffel hat er in Peking zwei weitere Chancen.

Dabei wäre Bolt auf dem Weg zu Gold beinahe frühzeitig gescheitert. Im Halbfinale blieb der Weltrekordler nach dem Start mit der Schuhspitze hängen („Ich habe den Fuß wohl zu hart hingesetzt“), fing sich und holte den Rückstand erst knapp vor der Ziellinie auf.

Gold für Ennis-Hill

In den weiteren Sonntag-Entscheidungen ging Siebenkampf-Gold an Olympia-Siegerin Jessica Ennis-Hill, für die Britin war es der zweite WM-Titel. Die 29-Jährige gewann mit 6669 Punkten vor der Kanadierin Brianne Theisen-Eaton (6554) und der Lettin Laura Ikauniece-Admidina (6516).

Wurftitel bei den Herren gingen an den wie 2013 siegreichen Polen Pawel Fajdek mit dem Hammer (80,88 Meter) und den US-Amerikaner Joe Kovacs mit der Kugel (21,93 Meter). Der Spanier Miguel Angel Lopez hatte in der Früh in 1:19:14 Stunden das 20-km-Gehen gewonnen. (cg/ag.)

AUF EINEN BLICK

Usain Bolt hat bei der Leichtathletik-WM in Peking den Angriff des US-Amerikaners Justin Gatlin abgewehrt und in einer Zeit von 9,79 Sekunden Gold über 100 m gewonnen. Gatlin lief mit nur einer Hundertstelsekunde Rückstand zu Silber, Bronze ging mit 9,92 Sekunden ex aequo an die beiden 20-jährigen Andre de Grasse (CAN) und Trayvon Bromell (USA).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2015)

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