Gestatten? Die Würfe eines Wieners

NBA-DRAFT 2016: P�LTL
NBA-DRAFT 2016: P�LTL(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Für Jakob Pöltl, 20, ging ein Kindheitstraum in Erfüllung, der 2,13-m-Mann wurde von den Toronto Raptors engagiert – als erster Österreicher in der NBA, der besten Profiliga der Welt.

New York/Wien. Vier Österreicher spielen aktuell in der National Hockey League (NHL), Toni Fritsch gewann 1972 mit den Dallas Cowboys den Super Bowl der National Football League (NFL). So sehr sich manche auch bemühen, der „Curveball“ in die Major League Baseball (MLB) wird so schnell nicht gelingen. Den großen Wurf in die National Basketball Association (NBA), in die beste Basketballliga der Welt, hat aber nun erstmals ein Österreicher geschafft: Jakob Pöltl. Der Wiener wurde im Draft 2016 im Barclays Center zu Brooklyn als Nummer neun ausgewählt und von den Toronto Raptors verpflichtet.

Der Vertrag öffnet ihm die Türen ins Schlaraffenland des Basketballs, beschert ihm Spiele gegen Superstars wie LeBron James, Stephen Curry oder Dirk Nowitzki. Und, er macht den Wiener zum Millionär. In den ersten beiden Saisonen erhält er jährlich 2,3 Millionen Dollar, zwei Millionen Euro. Er sagt: „Das ist ein unglaublicher Moment, es fühlt sich großartig an. Die Raptors sind eines der Topteams dieser Liga – und ich bin extrem stolz, an neunter Stelle gedraftet worden zu sein. Ich bin meiner Familie und allen, die mich auf meinem Weg unterstützt haben, sehr dankbar.“

Zufall bei einer U18-B-EM

Es ist in Wahrheit ein Sportmärchen, das da in New York geschrieben wurde. Pöltl, 20, entstammt einer Volleyballer-Familie, die in Wien Mariahilf zu Hause ist. Er lernte als Jugendlicher das Basketballspiel bei den Timberwolves in der Donaustadt. Der Teenager wuchs auf 2,13 Meter, fiel 2012 bei der U18-B-EM dem US-Trainer Andy Hill auf, der ihn 2014 mit einem Stipendium nach Salt Lake City lotste. Wäre das nicht passiert, würde er womöglich heute in Wien spielen. Es ist eine Karriere, wie sie schon Eishockey-Star Thomas Vanek vorgelebt hat.

Weit weg von zu Hause, weg vom Bundesligaklub Traiskirchen, blühte Pöltl richtig auf. Er lernte auf dem College Ball, Spiel, Koordination und Motorik, wohnte in einer Dreier-WG auf dem Campus. Täglich wurde zweimal trainiert, dazwischen gelernt. Er wurde bei den Utah Utes (NCAA) aber nicht zu einem Wirtschaftsexperten, sondern zu einem NBA-Spieler geformt. Einem Sportler, der sich in Demut und – dank seiner Mama – auch in Geduld übt.

Pöltl hätte schon im Vorjahr ins Profilager wechseln können, entschloss sich aber, noch ein weiteres Jahr auf dem College zu absolvieren. „Geld ist mir nicht wichtig“, sagte er im Vorjahr schon in einem „Presse“-Interview. „Mir geht es um die Mannschaft, das Spiel. Ich weiß, dass ich es in die NBA schaffen werde, ich will aber zu einem guten Team kommen.“

100 Kilogramm, 2,13 Meter

Nach dem zweiten Play-off-Einzug in Serie und zig Auszeichnungen, darunter den Abdul-Jabbar-Award als bester Center der Liga, gab es kein Halten mehr. Pöltl hatte seinen Lektionen gelernt, Auftreten, Gewicht (100 kg) und Muskelmasse erhöht, seine Würfe (aus der Distanz) verbessert. 17,6 Punkte und neun Rebounds standen pro Spiel zu Buche – für Amerikaner ist Statistik ein geradezu heiliges Kriterium. Sie kommt weit vor Persönlichkeit, Charaktertests und Interviews. Pöltls Entwicklung hat nur Vorteile. Er wurde in den Top Ten gezogen, das sicherte ihm bessere Konditionen und sichere Spielzeit.

Toronto ist seit 1995 in der NBA als Franchise-Team unterwegs, als einziger Klub aus Kanada. Die abgelaufene Saison war die erfolgreichste der Vereinsgeschichte: die Raptors gewannen 56 der 82 Spiele der Regular Season, zogen in die Eastern Conference Finals ein, sind somit eines der vier besten NBA-Teams und unterlagen erst dem späteren Champion Cleveland. Stars sind DeMar DeRozan, Kyle Lowry oder der litauische Center Jonas Valanciunas. Pöltl trifft in Toronto auch auf Delon Wright, mit dem er schon in Utah gespielt hat und der gewiss von Coach Dwane Casey befragt worden ist – zum neuen „Big Man“.

Ohne profundes Lobbying geht im US-Sport gar nichts, jeder Profi braucht einen Agenten und dessen Kontakte. Seit April und der Ankündigung, ins Profilager zu wechseln, wird Pöltl von der Creative Artists Agency (CAA) in Los Angeles betreut. Dieser Agent Group vertrauen etwa auch NBA-Superstars wie Dwyane Wade oder Fußballer Cristiano Ronaldo. CAA hatte für den Wiener die Vorbereitung samt Interviews mit gleich vierzehn Teams organisiert.

Beim Draft in Brooklyn musste Jakob Pöltl also nur noch ruhig bleiben, abwarten und dann, als Commissioner Adam Silver seinen Namen aufrief, zum obligaten Klubkapperl greifen und die große Bühne betreten. Er sagt: „Ich bin nur dagesessen und habe auf die Uhr geschaut. Es war ein Mix aus Freude, Anspannung, ein komisches Gefühl. Endlich, jetzt fängt mein neues Leben an.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2016)

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