"Magic": Unglaubliche Würfe und eine unfassbare Lebensgeschichte

Former NBA basketball player Earvin Magic Johnson poses at the premiere of the movie ´The Legend of Tarzan´ in Hollywood
Former NBA basketball player Earvin Magic Johnson poses at the premiere of the movie ´The Legend of Tarzan´ in Hollywood(c) REUTERS (DANNY MOLOSHOK)
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Am 7. November 1991 gab Basketball-Star Earvin Johnson seine HIV-Infektion bekannt. Er veränderte die Wahrnehmung des Virus, seine Aids-Foundation rettet viele Leben.

Er spielte Pässe, ohne hinzusehen. Sein breites Grinsen galt als Markenzeichen, seine Würfe waren makellos. Schnell, leise, wie ein Magier spielte Earvin Johnson Basketball für die Los Angeles Lakers. An seiner Seite brillierten Kareem Abdul Jabbar, James Worthy, AC Green oder Byron Scott – sie verkörperten den Begriff Showtime im Forum zu Inglewood. „Magic“ Johnson gewann 1980, 1982, 1985, 1987 und 1988 die NBA Championship, er war dreimal der beste Spieler der Liga, die Ikone, ein Held...

Am 7. November 1991 wandte sich Johnson in einer dringlichen TV-Ansprache an die Öffentlichkeit. Er gab mit gedrückter Stimme seine HIV-Infektion bekannt.

„Ist es mein Todesurteil?“

Beim Gedanken an die schwersten Momente seines Lebens erlischt Johnsons Lächeln auch heute noch, 25 Jahre später. Vor allem der Moment, als der Superstar seiner damals schwangeren Ehefrau Cookie von seiner HIV-Diagnose erzählt hat, ist für ihn erschütternd. „Ich denke, dass ich jetzt tot wäre, falls sie mich verlassen hätte – keine Frage“, sagte der inzwischen 57-Jährige jüngst dem „People“-Magazin. „Sie dachte, es wäre mein Todesurteil, weil wir es nicht besser wussten.“

Johnson hatte zahlreiche Affären, und „ungeschützten Verkehr“, wurde er fortan nicht müde zu beteuern, dass das HI-Virus keineswegs nur mit Drogen oder Homosexualität zu tun habe. Der 2,06 Meter große Aufbauspieler widmete seine ganze Kraft der Aufklärungsarbeit, brachte das Tabuthema in die Öffentlichkeit und schluckte täglich einen Cocktail diverser Medikamente. So verhinderte er den Ausbruch der Krankheit. „Ich habe nie gedacht, dass ich sterben werde, dafür bin ich nicht der Typ. Ich bin immer ein Kämpfer gewesen“, sagt Johnson über den Umgang mit der Immunschwäche.

„Er hat die Wahrnehmung von HIV in den USA vollständig verändert“, sagt Phill Wilson, Chef des Black AIDS Institute, dem Internetportal Mic. Mithilfe seiner Persönlichkeit räumte Johnson auch mit dem damals größten Vorurteil auf. „Die vorherrschende Meinung war, dass HIV eine Krankheit von weißen Homosexuellen war“, erinnerte sich Wilson. „Selbst als Tennisstar Arthur Ashe neben anderen prominenten schwarzen US-Amerikanern starb, war das Bewusstsein dafür in schwarzen Gemeinden nicht vorhanden. Bis zu Magics Offenbarung.“

Titel, Punkte – überleben

Johnson gewann fünfmal die NBA, er eroberte bei seiner Rückkehr sogar trotz starker Kniebeschwerden triumphal Olympia-Gold 1992 in Barcelona, der Geburtsstunde des Dream-Teams. In 905 NBA-Spielen verbuchte er 17.707 Punkte, 6559 Rebounds und 10.141 Assists, es sind durchwegs Meilensteine dieses Sports. Doch sein größter Sieg sei unbestritten, „bis heute überlebt zu haben“.

1991 hatte er zunächst seinen Rücktritt erklärt, doch er konnte den Basketball noch nicht loslassen. Damit wuchs aber zugleich die Angst der Mitspieler, seiner Gegner, sich unter dem Korb zu infizieren. 1992 wurde Johnson für das All-Star-Game nominiert, die Auswahl treffen in den USA die Fans, Byron Scott und AC Green, seine Lakers-Kollegen, und Karl Malone meinten, er solle nicht spielen. Magic spielte, warf 25 Punkte, führte Team West zum Sieg und wurde zum Schluss von allen gefeiert.

Es war der Start eines verschleppten Abschieds, den weder er noch die Fans oder die nach Ticket-Sellern lechzende Industrie wollte. Er schrieb Bücher, tingelte mit einer NBA-Truppe durch die Welt, 1994 kehrte er nach L. A. zurück und trat als Trainer auf. Es misslang, die Lakers verpassten erstmals seit 1976 die Play-offs. Johnson musste gehen, blieb aber trotzdem, weil er sich fünf Prozent der Franchise kaufte. 1996 aber war das finale Spiel. 32 Partien absolvierte der bereits 36-Jährige, nach dem Aus in der ersten Play-off-Runde sagte er: „Ich höre auf freiwillig auf. Davon konnte damals noch keine Rede sein.“

Heute besitzt Johnson, der sich als Autor, Redner, TV-Kommentator und Mitbesitzer der LA Dodgers (Baseball) in Los Angeles und Amerika etabliert hat, ein Vermögen von knapp einer halben Milliarde Dollar. Er ist glücklich, er lacht, nein: Er grinst breit. Er führt mit größtem Einsatz seine Aids-Stiftung, ist Teil des US-Establishments. US-Präsident Barack Obama sagt: „Was Magic so speziell machte, war nicht nur, wie er auf dem Feld spielte, sondern auch sein ansteckender Enthusiasmus für das Leben, und was er mit seinen Geschäften für die schwarze Community erreicht hat. Er ist ein herausragender Leader in unserem Land.“ (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.11.2016)

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