Auf gutem Weg, noch nicht am Ziel

Der Oberösterreicherin Ivona Dadic gelang im WM-Siebenkampf mit Platz sechs erneut der Sprung in die absolute Weltspitze.
Der Oberösterreicherin Ivona Dadic gelang im WM-Siebenkampf mit Platz sechs erneut der Sprung in die absolute Weltspitze. (c) REUTERS
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Top-Ten-Platzierungen von Ivona Dadic und Lukas Weißhaidinger lassen für die Zukunft ebenso hoffen wie starke Leistungen bei Nachwuchs-Europameisterschaften.

London/Wien. Auch wenn Sonja Spendelhofer, Präsidentin des Österreichischen Leichtathletikverbands (ÖLV), sich über „sensationelle Resultate“ bei der Weltmeisterschaft in London freut, ist die heimische Leichtathletik von einer Euphorie noch weit entfernt. Allerdings, ein Aufstieg ist unverkennbar. Während 2015 in Peking ein fünfköpfiges Team einen 15. Platz von 5000-Meter-Läuferin Jennifer Wenth als einzig zählbares Ergebnis vorweisen konnte, dürfen sich die aktuellen Leistungen sehr wohl sehen lassen.

Ein sechster Rang durch Ivona Dadic – mit neuem ÖLV-Rekord – und Rang neun für Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger sind Erfolge, die der heimische Verband seit vielen Jahren nicht mehr feiern durfte. Erstmals seit 2001 ging es für die heimischen Werfer, Springer und Läufer nicht nur ums Dabeisein, sondern um Platzierungen in den Top Ten. Angeführt wird die Phalanx von den Mehrkämpfern. Neben Dadic zeigte sich ihre oberösterreichische Landsfrau Verena Preiner ebenfalls auf gutem Kurs, ehe sie von einem Asthmaanfall gestoppt wurde.

Das Fundament des Erfolgs

Dominik Distelberger, am längsten auf der internationalen Bühne vertreten, wird von Experten eine neue ÖLV-Bestmarke im Zehnkampf zugetraut, er versucht sich daran am Wochenende. Diskuswerfer Weißhaidinger ist mit seinen Spitzenleistungen bei internationalen Events längst etabliert. Dessen Platzierung als Neunter im Finale wurde von manchen mehr als Enttäuschung denn als Erfolg wahrgenommen. Auch das zeigt die gestiegenen Erwartungen der heimischen Leichtathletikfamilie.

Dass es für den ÖLV bald mehr zu jubeln geben könnte, darauf lässt nicht nur die Jugend der derzeitigen Hoffnungsträger schließen. Preiner ist 22, Dadic 23 und Weißhaidinger 25 Jahre alt. Auch Distelberger ist mit 27 für einen Mehrkämpfer noch jung an Jahren. Valentin Pfeil, der im Marathon auf Rang 23 gefinisht hat, ist erst 29 Jahre alt und mit seinem dritten Rennen über die 42,195 Kilometer noch Neuling auf dieser Distanz.

Dahinter schart bereits der Nachwuchs. Bei den vor Kurzem ausgetragenen Europameisterschaften der Klassen U20 in Grosseto und U23 in Bydgoszcz zeigten zahlreiche Medaillen und Finalplätze, dass ein Fundament für künftige Erfolge besteht. Sarah Lagger, Lena Millonig und Sprinter Markus Fuchs, der kürzlich mit einer 200-Meter-Zeit unter 21 Sekunden aufhorchen ließ, sind Namen, die vielleicht bald einer breiteren Sportöffentlichkeit bekannt werden könnten.

Schweizer Vorbildwirkung

Natürlich mangelt es an Geld. Der Werbeträger Leichtathletik ist in Österreich noch ausbaufähig. Die Beispiele von Vereinen wie in Linz oder Mödling zeigen aber, dass Sponsoren zu überzeugen sind. Die Finanzierung eines Talentetests um 10.000 Euro, mit dem 2008 Georg Werthner U20-Mehrkampfweltmeisterin Lagger entdeckt hat, darf nicht mehr scheitern. Sonst ist die Abwanderung von jungen Talenten zum Fußball oder anderen hippen Sportarten programmiert.

Die Zahl der hauptamtlich angestellten Trainer sollte deutlich angehoben werden, auch infrastrukturelle Bedingungen sind noch nicht überall optimal. Die Zusammenarbeit zwischen den „Leichtathletiknestern“ muss verbessert werden, hat Dadic-Coach Philipp Unfried kürzlich in der „Presse“ moniert. Auch die Schulen sind gefordert, will man der Weltsportart Nummer eins hierzulande den Weg ebnen. Doch das Leichtathletikmenü ist gut angerichtet, vor allem der Sprung vom Nachwuchs in die allgemeine Klasse scheint besser als früher zu gelingen. Der ORF trägt mit der ÖLV-Kooperation ebenfalls dazu bei, dass Jugendliche den Athleten auf die Beine schauen können. Und diese Vorbilder bringen neuen Nachwuchs zu den Vereinen.

Apropos Vorbild: Der ÖLV braucht nicht weit in die Ferne zu blicken. In der Schweiz wird vorgeführt, wie Leichtathletik langfristig aufgebaut werden kann. Jahre vor der Europameisterschaft 2014 in Zürich rüsteten die Eidgenossen auf, erste Erfolge gab es bereits vor drei Jahren. Heuer sind 19 Schweizer Athleten bei den Weltmeisterschaften am Start. Im Vergleich: Fünf Österreicher haben die Limits für London übertroffen. Abwarten, wie viele ÖLV-Athleten 2021 bei den Titelkämpfen in der US-Leichtathletikhochburg Eugene dabei sein werden.

Auf einen Blick

Bei der Leichtathletik-WM in London sorgten Siebenkämpferin Ivona Dadic (6.) und Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger (9.) für rot-weiß-rote Top-Ten-Platzierungen. Bei den vorigen Titelkämpfen 2015 in Peking war ein 15. Platz von 5000-Meter-Läuferin Jennifer Wenth das einzige zählbare Ergebnis gewesen.

Hoffnung macht auch der Nachwuchs, 2016 kürte sich Sarah Lagger zur U20-Weltmeisterin im Siebenkampf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2017)

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