Peter Kleinmann: „Die Macht bin ich“

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Peter Kleinmann gilt in Österreich als „Mr. Volleyball“. Der 63-jährige Wiener steht seit 48 Jahren am Netz, Kritiker verteufeln, Wegbegleiter bewundern ihn. Er hasst Bürokraten und selbst bitterste Niederlagen spornen ihn an.

Ball über die Schnur?“ „Eine Wuchtel aus Wolle?“ „Das ist kein Sport, geh, zeig mir lieber den VIP-Bereich. Hast überhaupt einen?“ Das sind Fragen, die einem Volleyball-Manager normalerweise durch Mark und Bein gehen und am Sinn seiner Arbeit zweifeln lassen würden. Dem Wiener Peter Kleinmann (63) ist das aber völlig „wurscht“. Hauptsache, die Mannschaft gewinnt.

Mit Ahnungslosen, Deppen, Politikern, Sponsoren oder aberwitzigen Journalisten hat er schon so manchen Streit ausgefochten. Er hat Spieler, Trainer, Stars, echte Fans und Kostverächter kommen und gehen gesehen. Kleinmann aber ist immer geblieben.

Charmant, aber auf seine Art

Peter Kleinmann will keine „Klugscheißer“ in seinem Umfeld, er hasst sie. Er verlangt Experten, die ihm und seinen Spielern helfen. Er lehnt Bürokraten ab und besitzt die vom Wiener Dialekt untermalte Gabe, das auch eloquent zu formulieren. „Geh sch...“ Was für manche primitiv klingt, bringt der Wiener, den viele aufgrund seines Auftretens vorschnell mal mit Arik Brauer vergleichen, charmant, aber auf seine Art, auf den Punkt: „Hearst, bist deppert?“ Bleibt nach diesem liebevoll gemeinten Hinweis weiterhin der Respekt aus, ist man unten durch.

Wer wie er Erfolg haben will, geht seinen eigenen Weg. Demokratie ist in Kleinmanns Sonnensystem kategorisch ausgeschlossen. Aber, er versteht sich auch nicht als Sportdiktator. Dennoch sagt er mit breitem Grinsen: „Die Macht bin ich.“

Heute gefeiert, morgen gefeuert

Im Entlassen schlechter Trainer oder Spieler macht Kleinmann keiner etwas vor. Da ist er makellos, unfehlbar. Eisern. Dass er dabei dennoch schon mit sich selbst über Kreuz gekommen ist, verschweigt er gerne. Wird ein Coach oder Legionär engagiert, ist er nämlich immer, ausnahmslos, der Supermann, der Wunderwuzzi, eine Ikone auf seinem Gebiet, der größte Gewinn für Österreich oder die hotVolleys. Doch nicht nur ein Mal wurde binnen weniger Monate der gute Mann wieder in die Wüste geschickt oder ist aus dem Budocenter geflüchtet. Aus Geld- oder Imagegründen, das weiß man selten so genau.

Manche kamen aber Jahre später wieder zurück, so wie Igor Prielozny, der die hotVolleys jetzt in der Finalserie gegen Tirol führte und mit 2:4-Siegen verlor. Den Slowaken hatte Kleinmann einst nach dem Erreichen des Champions-League-Finalturniers 2000 – dem größten Erfolg der Klubgeschichte wohlgemerkt – hochkant gefeuert. Platz vier genügte nicht, das war Kleinmann zu wenig. Er jagte den Coach mit den Worten „Nie wieder ein Ostblocktrainer“ aus der Stadt. Aber davon will heute keiner der beiden mehr etwas wissen. Ob Prielozny nun, nach der Finalniederlage, erneut um seinen Job zittert?

Kleinmann entsprang einer bürgerlichen Familie, seine Eltern waren sportaffin, also übte auch er sich in den 1960er-Jahren schnell im Basketball (Handelsministerium), Fußball (Stürmer bei Rapid) oder Volleyball. Als Sechzehnjähriger musste er sich entscheiden, wenngleich er noch heute gern mit dem „Hintern auf zwei Hochzeiten“ tanzt, wie er Engagements für Klub und Verband anpreist.

Egal. Volleyball gewann damals, immerhin spielte er 88 Mal für Österreich. Über die Qualität seines Spieles aber gibt es unterschiedliche Erzählungen. Ehemalige Spieler, die ihren Namen tunlichst nicht in der Zeitung lesen wollen, behaupten nämlich, dass Kleinmann „grottenschlecht“ und mit knapp 1,70 Meter zu klein gewesen wäre. Das obliegt freilich nur dem Auge des Betrachters.

Bereut hat Peter Kleinmann die Entscheidung für Volleyball nie und er sagt, dass ihm Rapid noch zwei Postkarten geschickt hätte, um ihn zur Rückkehr zu bewegen. Als Stürmer fühlte er sich wohl, in Wahrheit aber zog der gelernte Kürschner schon immer lieber Spielern das Fell über die Ohren.

Alles, nur nicht konfliktscheu

Kleinmann ist Trainer, Manager, Präsident und PR-Mann in einem. Auch dann, wenn er die Redaktionen des Landes durchklingelt und seine Volleyballer wie Hollywoodstars anpreist. 18 Meistertitel, 14 Cupsiege und drei Erfolge in der Mitteleuropa-Liga seit 1983 sprechen immerhin für sich.

Nachdem die Seinen zuletzt weniger durch sportliche Hits aufgefallen waren, mussten andere Themen herhalten, um im Gespräch zu bleiben. Also leistet er sich mit Tirol-Manager Hannes Kronthaler eine Fehde, weil der es gewagt hat, von Unvereinbarkeit zu sprechen, wenn Kleinmann als Klubchef und ÖVV-Boss Sponsorgespräche führt.Auch entpuppte sich zuletzt die Teamchefsuche als Farce, denn selbst Freunde wie der Rumäne Stelian Moculescu winkten für das Himmelfahrtskommando und die EM2011 in Wien dankend ab. Kleinmann ist das „wurscht“, er sucht trotzdem weiter. „Wer soll es denn sonst tun?“, fragt er und nennt den Italiener Roberto Serniotti oder den Deutschen Michael Warm als weitere Kandidaten.

Böse Zungen munkeln, Kleinmann würde nach der EM in „Pension“ gehen, nach 48 Dienstjahren sei er verbraucht und leer. Davon will der in Liesing, fünf Minuten vom Budocenter entfernt wohnende Manager nichts wissen. „Pension – ich? Ich will doch mit dem Team zu den Spielen in Rio 2016 fahren.“ Für diese Mission opfert er auch gerne jeden Titel...

Für manche ist Kleinmann ein Prolet, der Heimspiele ob mangelnden Interesses nur dank der Mithilfe der Stadt Wien „ausverschenkt“. Darüber kann er nur lachen. 85.000 Schulkinder saßen schon im Budocenter, das mache ihm keiner nach. Er bietet arbeitslosen Jugendlichen mit Trainingseinheiten Ablenkung und gibt 50 Menschen einen Job. Er sitzt im ÖOC-Vorstand, Hof- und Kommerzialräte umschwirren ihn wie die Motten das Licht, und Budgetsorgen sind ihm in Wahrheit noch immer ein Fremdwort.

„Oft werde ich gefragt, warum ich das mache“, sagt Kleinmann. „Ob ich als Volleyballer überleben kann. Habt's euch noch nie überlegt, dass ein Klub ein gut gehendes Unternehmen sein kann?“ Kleinmann mag vieles sein, nur nicht sein eigener Feind. Von denen hat er genug. Aber ohne sie wäre es für ihn ja nur der halbe Spaß.

ZUR PERSON

Peter Kleinmann wurde am 17.September 1947 in Wien geboren. Er ist verheiratet, hat einen Sohn. Er führte seinen Volleyballklub als Trainer, Manager und Präsident zu 18 Meistertiteln, 14 Cupsiegen, drei Mevza-Triumphen und einem Champions-League-Finale (2000).

Seit 2001 steht er auch dem ÖVV-Verband als Präsident vor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2010)

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