Minigolf: Ein Sport, den jeder mag

Minigolf Sport jeder
Minigolf Sport jeder(c) EPA (DAN ANDERSON)
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Minigolf haben unsere Eltern gespielt oder unsere Großeltern. Jetzt erobert es die nächste Generation. Die einen schätzen seinen Retro-Charme, die anderen nehmen es sehr ernst.

Stefan Joham hat einen Traum: „Dass sich eine Gruppe von Künstlern zusammentut und im Volksgarten oder im Museumsquartier eine coole Minigolfbahn gestaltet.“ So eine, wie Stefan Joham sie besonders gern mag: ein bisschen amerikanisch, ein bisschen retro, ein bisschen verrückt, mit lachenden Clowns oder rauchenden Vulkanen.

Der 26-jährige „Fotografiker“ und Sohn von Szenefriseur Erich Joham spielt seit seiner Kindheit Minigolf – „und zwar leidenschaftlich gern“. Damit gehört er einer wachsenden (jüngeren) Gruppe an, die die Freizeitbeschäftigung, die einst Eltern oder Großeltern vorbehalten war, neu entdeckt. Und denen es egal ist, ob irgendjemand dieses Hobby schief beäugt. „Wer das zu mir sagt, kriegt immer dieselbe Antwort“, sagt Joham; „Jeder ist komisch, der Minigolf nicht gut findet.“

Verblüffung erntet auch Ingrid Szeiler des Öfteren, wenn sie Minigolf als den Sport ihrer Wahl enthüllt. Die 44-Jährige entspricht nämlich so gar nicht dem Klischeebild, das man sich von einer passionierten Minigolfspielerin macht – und zwar einer, die nicht nur so zum Spaß zwischendurch einmal schnell 18 Bahnen absolviert, sondern die Minigolf sehr ernsthaft betreibt, als Meisterschaftssport. „Die meisten Menschen reagieren eher erstaunt. Die können sich nicht vorstellen, dass man Minigolf überhaupt als Sport ausüben kann. Und wenn ja, dann glauben sie, das sei eher etwas für dicke, alte Leute.“

Keine Zeit für Klischees.
Doch für Klischees hatte Szeiler ohnedies nie wirklich Zeit. Als eine von wenigen Frauen studierte sie Wirtschaftsinformatik an der Technischen Universität Wien, absolvierte daneben – „ganz gemütlich neben dem Job, mit ein, zwei Prüfungen im Jahr“ – noch ein Psychologiestudium und rundete ihre Ausbildung mit einem Lehrgang für Sportpsychologie ab. Heute ist sie Vorstand der Raiffeisen Vermögensverwaltungsbank AG.

Zum Minigolf kam sie über einen Freund. Und blieb hängen. Seit mittlerweile 25 Jahren spielt Szeiler wettbewerbsmäßig Minigolf, wenn auch nie im Nationalkader. Sie schätzt die mentale Herausforderung, die Notwendigkeit, während eines Turniers über Stunden die Konzentration aufrechtzuerhalten. „Körperlich ist Minigolf nicht sehr anstrengend, deshalb wird es oft auch von älteren Leuten gespielt“, sagt sie. „Doch in der Nationalmannschaft muss man topfit sein.“

Und kann damit zwar nicht reich, dafür aber höchst erfolgreich werden. So listet die World Minigolf Sport Federation etwa die Österreicherin Elisabeth Gruber als Weltranglistenerste (Stand November 2010). Auf Miniaturbahnen spielen die besten Minigolfer 18 Bahnen in nur 18 Schlägen, auf schwereren Minigolfbahnen steht der Platzrekord meist zwischen 22 und 27 Schlägen für eine Runde, je nach Schwierigkeit des Parcours.

Solche Ambitionen hat Stefan Joham nicht, auch wenn er findet, „dass einfach jeder ein Talent für Minigolf hat“. Er mag daran, was immer mehr Gruppen von jungen Menschen in ihrer Freizeit für eine Runde auf die Bahn zieht – und zwar auch dann, wenn sie noch keine Kinder haben: das Flair von Milchbar mit einer Prise Mottenkiste, 1950er-Jahre gekreuzt mit 2011, ein bisschen abgedroschen, ein wenig sentimental, sehr entspannend und ziemlich schräg.

Etwas von alldem findet sich auch in Johams Idealvorstellung von Minigolf wieder. Und die hat wiederum sehr viel mit amerikanischer Populärkultur zu tun. „In den USA geht man ganz selbstverständlich zum Date auf einen Minigolfplatz“, sagt er. „Wussten Sie zum Beispiel, dass in den ,Simpsons‘ Bart Simpson in der Windmühle des Minigolfplatzes gezeugt wurde?“

Schwarzlicht-Minigolf.
In Europa – wo Minigolf zwar erfunden wurde, man in puncto Vermarktung aber ganz gern in Richtung USA schielt – werden immer wieder Versuche unternommen, Minigolf peppiger zu gestalten. Am erfolgreichsten sind dabei die, die ganz im amerikanischen Sinn und ohne falsche Bescheidenheit über die Stränge schlagen. Wie das Schwarzlicht-Minigolf in Berlin-Keuzberg, wo die Künstlergruppe „Sinneswandeln“ die 18 Bahnen durch leuchtende Fantasiewelten mäandern lässt.

Auch in Österreich will man diesen Ball in Bewegung halten. Seit 2010 findet einmal im Jahr ein Minigolftag statt, an dem auf 50 Plätzen gratis gespielt werden kann. Es gab (und gibt) Experimente mit Beschallung, After-Work- und Flirt-Minigolf. Die durchwachsene Bilanz legt allerdings nahe, dass man bei Minigolf nur dann punktet, wenn man klotzt statt kleckert.

1953 errichtete der Schweizer Gartenarchitekt Paul Bogni die erste Minigolfanlage in Locarno. In Österreich spielen jedes Jahr an die 550.000 Personen Minigolf.

Länge und Material der Bahnen bestimmen, ob es sich um Filzgolf, Miniaturgolf (Eternit, Plastik) oder Minigolf (Beton) handelt. Im Wiener Wasserpark in Floridsdorf gibt es die längste Filzbahnanlage Europas.

Information über alle Aspekte von Minigolf gibt es beim Österreichischen Bahnengolf Verband: www.oebgv.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.05.2011)

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