"Es fehlt an mit Sanktionen behafteter Autorität"

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Entweder man installiert die Nada-Rechtskommission als Sondergericht für Dopingfälle und stattet sie mit entsprechenden Gewalten aus, oder man überlässt die Verfolgung der Justiz. Replik zu zwei Artikeln von Johann Skocek.

Grundsätzlich zeugen beide Artikel sowohl von großer Sachkenntnis als auch guter Recherchearbeit des Autors. Dennoch bedarf es aus meiner Sicht, als seit vielen Jahren mit Doping befassten Juristen, Trainer und Sportler, einiger Richtigstellungen und Ergänzungen.

Der Autor stellt meiner Meinung zu Recht die Verfassungskonformität des Antidopingbundesgesetzes (ADBG) 2007 infrage, weil – wie er zutreffend ausführt – die Vereinsfreiheit eingeschränkt wird.

Der Österreichische Skiverband hat schon lange vor den Vorkommnissen in Turin 2006 eine ordentliche Disziplinargerichtsbarkeit ausgeübt und Vergehen durch seinen unabhängigen Disziplinarausschuss, dessen Mitglieder aus verschiedenen Rechtsberufen stammen, ahnden lassen. Der dazu spektakulärste Fall, nämlich Andreas Goldberger, bei dessen Verhandlung es in Kitzbühel sogar eine Bombendrohung gab, dürfte heute noch in Erinnerung sein.

Im Artikel der „Presse am Sonntag“ vom 22. April 2012, Titel: „Schmutzigste Waschmaschine Österreichs“, wurde der ehemalige Vorsitzende der Nada-Rechtskommission, Gernot Schaar, zitiert, der ein Glaubwürdigkeitsproblem darin sieht, dass „der Skiverband gleichzeitig Spitzensportler vermarktet und Skandale, wie anlässlich der Winterspiele in Salt Lake City und Turin, von einer verbandsinternen Kommission aufarbeiten lässt“.

Unabhängige Kommissionen

Das mag auf den ersten Blick auch so den Anschein haben. Bei näherer Betrachtung kann man dem folgende Tatsache entgegenhalten, die auch der Verfasser des Artikels ins Treffen geführt hat. Der Disziplinarausschuss des ÖSV befand nicht nur die Biathleten Perner und Rottmann des Blutdopings für schuldig, sondern belegte auch den Langläufer Eder wegen Setzung einer unerlaubten Infusion mit einer Sperre. Darüber hinaus wurde auch der Ausschluss von Walter Mayer empfohlen.

Aus diesem Sachverhalt erkennt man, dass ein Fachverband durchaus in der Lage ist, disziplinär gegen Doping vorzugehen, sofern er eine unabhängige Kommission installiert und unabhängig arbeiten lässt. Der vom Gesetz getätigte Eingriff ist daher auf der Tatsachenebene nicht gerechtfertigt.

Wie vom Autor erkannt, geht es nicht nur um gesetzte Tatbestände bis zu einem gewissen Stichtag, sondern um die Verfassungsmäßigkeit der dadurch verursachten, nicht unbedeutenden Einschränkung der Vereinsfreiheit.

Der Autor irrt jedoch, wenn er im Artikel ausführt, dass der ÖSV mit seinem Begehren der Zuständigkeitseinrede „abgeblitzt“ sei. Der ÖSV hat zwar mehrmals Einrede der Unzuständigkeit der Nada in den gegen Hoffmann stattfindenden Verhandlungen erhoben, hat aber diese Einrede nicht im zivilrechtlichen Verfahrensgang geltend gemacht, sondern dies dem Beschuldigten bzw. dessen Rechtsbeistand überlassen.

Sanktionen und Autorität

Abschließend darf ich noch auf einen Umstand hinweisen, den der Autor weder in seinem Artikel in der „Presse am Sonntag“ noch in dem der „Presse“ vom 23. April 2012, Titel: „Die Auster sucht eine Chefin“, beleuchtet. Bei der Tatsache, dass das ADBG und damit die Nada in ihrer jetzigen Form nicht geeignet sind, Vergehen aufzuklären, wenn es sich nicht um positive Proben oder Geständnisse handelt, höre ich den Aufschrei der Institution samt ihren Kommissionen und den Verweis darauf, dass es auch zu Verurteilungen gekommen sei.

Man kann der Rechtskommission in ihrer Kompetenz, Verfahren einzuleiten und durchzuführen, ein gewisses Bemühen – abgesehen vom unglückseligen Beratungsgespräch in der Causa Hoffmann –, nicht absprechen. Das Problem dieser Institution ist jedoch gravierend: Es fehlt ihr an mit Sanktionen behafteter Autorität. Dies zeigt sich darin, dass Zeugen, die nicht erscheinen wollen, nicht erscheinen und dies sanktionslos tun. Außerdem bleibt die Falschaussage ohne Folgen. Wie soll da den Prinzipien der Unmittelbarkeit und objektiven Wahrheitsfindung Rechnung getragen werden?

Entweder man installiert die Nada als Sondergericht für Dopingfälle und stattet sie mit entsprechenden Gewalten aus, oder man überlässt die Verfolgung den Strafgerichten. Eine solche Maßnahme würde auch die Durchführung eines „Fair Trial“ – mit Grundsätzen wie „im Zweifel für den Angeklagten“ – gewährleisten.
Arnold Riebenbauer ist pensionierter Richter und war Leiter der Doping-Kommission des ÖSV.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2012)

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